Acatech soll in Lotterieverwaltung:Amerika-Haus ist gerettet - vorerst

Acatech soll in Lotterieverwaltung: Bisher hatte das Amerika-Haus als bevorzugte Adresse der Staatsregierung für den neuen Standort der Acatech gegolten. Nun zeichnet sich eine andere Lösung ab.

Bisher hatte das Amerika-Haus als bevorzugte Adresse der Staatsregierung für den neuen Standort der Acatech gegolten. Nun zeichnet sich eine andere Lösung ab.

(Foto: Catherina Hess)

Ministerpräsident Seehofer überrumpelt seinen Wissenschaftsminister - und löst damit Kritik aus: Die Technikakademie Acatech soll überraschend in die Lotterieverwaltung ziehen. Gerettet ist das Amerika-Haus damit aber noch nicht.

Dominik Hutter und Frank Müller

Die Technikakademie Acatech soll nun doch nicht ins Amerika-Haus, sondern in die ebenfalls am Karolinenplatz gelegene Lotterieverwaltung umziehen. Damit zog der bayerische Ministerrat einen Schlussstrich unter eine knapp zweijährige Debatte - und vollzog eine klassische Kehrtwende.

Bisher hatte das Amerika-Haus als bevorzugte Adresse der Staatsregierung für den neuen Standort der Acatech gegolten. Gerettet ist das Amerika-Haus allerdings noch nicht. Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch (FDP) ließ offen, ob der Trägerverein Bayerisch-Amerikanisches Zentrum (BAZ) nach der anstehenden Sanierung wieder zurückkehren kann. Und Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) stellt offenbar die Zukunft der Kulturinstitution insgesamt infrage - wegen angeblicher Kritik des Obersten Rechnungshofes (ORH).

Wie es mit dem BAZ weitergeht, soll erst in den kommenden Monaten geklärt werden. Als Umzugstermin für die Acatech legte das Kabinett den 1. Januar 2014 fest. Bis dahin will Finanzminister Markus Söder (CSU) einen neuen Standort für die Lotterieverwaltung gefunden haben, die größtenteils in München verbleiben soll. Die geplante Teilverlagerung nach Nürnberg, von der 50 Mitarbeiter betroffen sind, wird allerdings vollzogen. Das unter Denkmalschutz stehende Amerika-Haus wird von 2014 an saniert, Heubisch rechnet mit einer Bauphase von mindestens zwei Jahren. Wo das BAZ in dieser Zeit unterkommt, ist noch offen.

Auslöser des Sinneswandels in der Staatsregierung ist nach Darstellung Heubischs vor allem der Zeitfaktor - hätte man sich für den Standort Amerika-Haus entschieden, könnte die Acatech erst in vielen Jahren in ihre neue Zentrale umziehen. Diese Darstellung gilt allerdings selbst innerhalb der Staatsregierung als fragwürdig. Das Gebäude am Karolinenplatz soll "nutzerneutral" saniert werden - Heubisch vermied bewusst den Eindruck, eine spätere Rückkehr des BAZ an den Karolinenplatz sei quasi ein Automatismus. Denn wie es mit den "amerikabezogenen Aktivitäten" weitergeht, werde nun "auf Grundlage der Anregungen des Obersten Rechnungshofs" entschieden.

Der ORH hatte in einem angeblich später auf Eis gelegten Entwurf Kritik an der Institution geübt. Nach Auskunft von Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) spielt der ORH-Bericht über das Amerika-Haus eine wesentliche Rolle. Man müsse "unter Einbeziehung des Rechnungshofs klären, ob und welches Konzept hier überhaupt noch möglich ist".

Seehofer schiebt Heubisch den Schwarzen Peter zu

Die Begleitumstände wurden am Dienstag auf den Fluren des Landtags von verschiedenen Seiten rekonstruiert. Der Ministerpräsident selbst schob dabei Wissenschaftsminister Heubisch klar den Schwarzen Peter zu. In dessen Haus habe schon seit Januar 2011 der kritische Bericht zum Amerika-Haus gelegen, "ohne mein Wissen", unterstrich Seehofer. Davon habe er erst erfahren, als er vor Kurzem den ORH-Präsidenten Heinz Fischer-Heidlberger angerufen habe. Dieser habe ihm mitgeteilt, dass es schon einen Bericht gebe. Und der sei "äußerst kritisch", so Seehofer.

Worin exakt die Vorwürfe bestehen, dürfte erst klar werden, wenn der ORH seine Kritik am Amerika-Haus veröffentlicht. Dies wollte er am Dienstag nicht tun. Seehofer stellte den Fall so dar, dass der Staat die bisherigen Nutzer des Hauses mit "einigen hunderttausend Euro" bezuschusse und diesen das Recht gebe, Räume unterzuvermieten.

Bisher sei es Praxis, dass die Nutzer die daraus erfolgenden Einnahmen dann selbst behielten. "Da wollte ich einfach wissen, ist das möglich?" Der ORH habe daraufhin empfohlen: "Entweder muss man das alles wesentlich schlanker machen oder ganz wegfallen lassen", sagte Seehofer. In ORH-Kreisen gab es allerdings keine Bestätigung dafür.

Verstimmung im Wissenschaftsministerium

Im Wissenschaftsministerium sorgte Seehofers Vorgehen für Verstimmung. Dort wurde der Fall so dargestellt, dass die Anmerkungen vom Rechnungshof selbst nicht weiterverfolgt worden seien, wegen der seit Langem unklaren Zukunft des Hauses. Der ORH wiederum erklärte, erst vor einigen Tagen habe das Wissenschaftsministerium eine neue Stellungnahme geschickt. "Die ist aus unserer Sicht nicht zufriedenstellend", sagte ein Sprecher.

Raimund Lammersdorf, der Geschäftsführer des Amerika-Hauses, wies die Vorwürfe des ORH zurück. "Der Bericht stellt die Arbeit des Amerika-Hauses unrichtig dar", erklärte er - die Kritik, die auch die inhaltliche Ausrichtung der Arbeit betroffen habe, könne in allen Punkten widerlegt werden. Den Standortbeschluss des Kabinetts begrüßte Lammersdorf. "Ich glaube, dass nun alle Seiten als Gewinner aus der Debatte hervorgehen."

Seine neue Position zum Amerika-Haus kann Ministerpräsident Seehofer am Donnerstag in Berlin gleich den amerikanischen Partnern erklären: Sein Terminplan sieht für 17.30 Uhr ein Treffen mit US-Botschafter Philip D. Murphy vor.

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