Trudering:Gezerre im Konjunktiv

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BMW überlegt noch, doch eine Mehrheit der Truderinger Kommunalpolitiker kann sich ein Forschungszentrum für autonomes Fahren am Standort Haar gut vorstellen. Die Grünen lehnen es ab: zu viel Verkehr, zu viel Versiegelung

Von Renate Winkler-Schlang, Trudering

Noch ist nicht entschieden, ob der Autobauer BMW sein Forschungszentrum für autonomes Fahren in Haar oder in Unterschleißheim baut. Zuletzt hieß es, Anfang dieser Woche werde der BMW-Vorstand tagen und Klarheit schaffen. Die Gemeinde Haar jedenfalls tut alles, um BMW zu locken, und hat schon vorsorglich einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan auf den Weg gebracht, damit für die Firma keine Zeitverzögerung entstünde, falls sie dem Standort im Osten gegenüber dem Norden den Vorzug geben sollte. In diesem Bebauungsplanverfahren müssen auch die Nachbarn ihre Meinung sagen. Im Bezirksausschuss Trudering-Riem führte das zu einer kontroversen Debatte mit interessanten Aspekten - auch unabhängig von BMW.

Der Mehrheit im Gremium wäre BMW an seiner Grenze willkommen, auch wenn der bisherige Acker und sogar ein Stück des Bannwaldes bebaut würden, nicht zuletzt mit 1500 Parkplätzen für die rund 2000 Mitarbeiter. Magdalena Miehle (CSU), die Sprecherin des Unterausschusses für Stadtgestalt und Infrastruktur, machte den Vorschlag, der Konzern solle gegebenenfalls vom Truderinger Bahnhof aus einen Non-stop-Shuttlebus für die Mitarbeiter einrichten: So könne vielleicht die befürchtete Verkehrslawine verhindert werden. Sie sah aber auch Chancen in der Ansiedlung: So ein Forschungszentrum brauche Energie, das könnte ganz neue Ansatzpunkte bringen für eine Geothermie-Anlage, die dort draußen bisher nicht zustande gekommen ist.

Kontra gab Herbert Danner (Grüne). Er könne nicht verstehen, warum die CSU das Projekt derart unkritisch zu unterstützen bereit sei, denn es würde sehr weitreichende Folgen haben. Von allen Ideen zur Verkehrsberuhigung in Trudering könne man sich dann wohl verabschieden, allein das sei inakzeptabel. Hinzu komme der zu erwartende Druck von gut verdienenden Ingenieuren auf den lokalen Wohnungsmarkt: Das brächte das Preisgefüge dramatisch durcheinander. Es sei auch nicht einzusehen, warum BMW diese Fläche versiegeln wolle, könne das Unternehmen doch sicherlich auch alles Innovative am heutigen Standort in Milbertshofen unterbringen, wenn es sich nur endlich von den veralteten Diesel- und Benziner-Autos verabschiedete, wetterte Danner. Unrealistisch sei auch die Geothermie-Idee der CSU: Um mit der Erdwärme Elektrizität gewinnen zu können, brauche es 120 Grad heißes Wasser im Untergrund, die Temperatur zwei Kilometer südlich in der Messestadt liege aber gerade mal bei 90 Grad; mit Stromproduktion sei da nicht zu rechnen. Die Stadtwerke würden wohl kaum einsteigen in so ein unwirtschaftliches Projekt, zudem seien sie ausgelastet.

Für die CSU erwiderte Stadtrat Sebastian Schall, man müsse doch froh sein, wenn solch hoch qualifizierte Arbeitsplätze im Lande entstünden. Keiner könne hoffen, dass der Acker unbebaut bleibe und ein neues Gewerbegebiet mit Bau- und Möbelmärkten sei die schlechtere Alternative. Georg Kronawitter (CSU) ergänzte, Siemens habe in München viele solcher Top-Arbeitsplätze abgebaut, da sei Ersatz nur wünschenswert. Was die Geothermie betrifft, so habe die CSU "einfach mal einen Stein ins Wasser werfen wollen", denn immerhin würde die Ansiedlung des BMW-Forschungszentrums den Bedarf anheben.

© SZ vom 19.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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