Trudering:Derbleckt in Trudering

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Winfried Frey zeichnet als künstlerischer Leiter, Autor, Regisseur und Fastenprediger für ein kurzweiliges Starkbierfest verantwortlich - mit Lokalkolorit und einer Irritation

Von Renate Winkler-Schlang, Trudering

"In der Starkbierzeit darf der Bürger sagen, was er will, mir Truderinger macha des mit unsrem Ventil. Prost!" Winfried Frey, selber ein Truderinger, landete am Sonntagnachmittag für die Fastenpredigt beim "Truderinger Ventil" - gerne als die kleine Schwester des Nockherbergs bezeichnet - mit einem nervenzerfetzenden Knall als Lügenbaron Münchhausen auf einer dicken Kanonenkugel auf der Bühne des Kulturzentrums. Er wolle "gerade hier in Bayern so manche G'schicht geraderücken, die wohl in letzter Zeit in den Gazetten und Journalien irrtümlicherweise richtig dargestellt" gewesen sei.

Der Block der Politiker - laut Münchhausen allesamt "Freibiertrinker, Sich-in-die-erste-Reihe-Drängler, Karriereleiter-Erklimmer, Agenda-Kritiker und Vorteilsnehmer" war groß im dicht besetzten Saal. Von Bundestag über Landtag und Stadtrat bis hinunter zum Bezirksausschuss waren sie bereit zum humorvollen Derbleckt-Werden. Zuerst allerdings traf der beißende Spott Abwesende wie die "moderne Marien-Erscheinung der SPD, den roten Schulz aus Würselen", den "gwamperten Erzengel" Gabriel und natürlich den "Drehhofer", immer heiser wie ein sizilianischer Pate. Der "boanige Feuerwehrheilige" Pronold und die Feuerwehrfrau Konen, die ihn beerben will, bekamen ebenfalls ihr Fett weg. Dieter Reiter, dem Oberbürgermeister, flog sein Maulkorb-Erlass für Sitzungsunterlagen für die Presse um die Ohren, seinem Vize Peppi Schmid die Bierpreisbremse für die Wiesn.

Noch mehr Spaß macht es natürlich, die Anwesenden zu beobachten, wenn sie auf die Schippe genommen werden. Markus Blume, der CSU-Landtagsabgeordnete, bekam einen Song als "der beste Generalsekretärstellvertreter im Land". Hans Podiuk, ehemaliger CSU-Fraktionssprecher im Stadtrat, sah sich konfrontiert mit etwas lauen Sympathiewerten in einer Umfrage, der SPD-Stadtrat Ingo Mittermaier, Hausherr im Kulturzentrum, hingegen habe eine "tiefenentspannte Art: Der Mittermaier ist nicht tätig - der wirkt." Demonstratives Unbeleidigtsein aber musste wohl Grünen-Stadtrat Herbert Danner dieses Mal am schwersten fallen, wurde er doch mit Mehmet Scholls vielschichtigem Zitat "Hängt die Grünen, solange es noch Bäume gibt" in Verbindung gebracht, auch bildlich auf einer Collage mit Danner-Kopf in der Schlinge auf einem Simpsons-Zeichentrick-Körper. Er sei nicht beleidigt, versicherte Danner: "Aber es ist geschmacklos und ich weiß auch nicht, was er mir damit sagen will." Frey, der Autor, war nicht deutlicher geworden, obwohl er am Ende allen Politikern ins Stammbuch schieb, sie sollten die Bürokratensprache vergessen und sich um einen bürgerfreundlichen Ton bemühen.

Frey, der Regisseur, hatte zuvor schon brilliert mit seinem Singspiel unter dem Motto "Wenn Märchen wahr werden." Da sucht das Rotkäppchen, die Schulzine, einen Partner fürs (politische) Leben: Der linke tiefrote Gockel aber macht ihr vergeblich Avancen, der böse CSU-Wolf will ihr gerne unter die Arme greifen, das FDP-Rumpelstilzchen blitzt gleich ab, der AfD-Schlumpf nervt, die Frau-Holle-Pechmarie- und Goldmarie-Koalition verwirrt sie. Doch auch mit dem grünen Frosch wird das Rotkäppchen am Ende nicht glücklich: Er hüpft penetrant in den Vordergrund.

Yvonne Steiner, Simone Menz, Sepp Egerer, Erich Seyfried, Kerstin Egerer, Schorsch Thaller, Petra Auer, und Petra Wintersteller als Akteure hätten auch auf die Bühne des "echten" Nockherbergs gepasst, die Musik von Charlie Thomass funktionierte hervorragend, das Publikum spendete reichlich Applaus. Das galt auch für die charmant-bodenständigen Zwischenspiele der "bayerischen Tenöre" oder "Truderinger Madln", die schillernden Kleeblatt Showgirls und den etwas arg lauten Dixie Sauhaufen. Doch am meisten gefiel den Gästen das Lokalkolorit: Als Frey den gewichtigen Franz Risch vom Truderinger Baum Festring mit Franz Josef Strauß verglich - da tobte der Saal.

© SZ vom 20.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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