Um den Biertisch ranken sich viele Geschichten, dort wurden Kinderzeugungen vereinbart und Ehen zerbrochen. Es gibt Menschen, die am Biertisch regelrecht auftauen, und es gibt jene, die verstummen und auf der Tischplatte einschlafen. Mancher wickelte am Biertisch wichtige Geschäfte ab, und mancher nutzte ihn, um darunter sein Geschäft zu verrichten.
In Münchens Biergärten und Wirtshäusern stehen viele solcher Tische. Weil es aber immer mehr Leute in die bayerische Landeshauptstadt zieht, ist es im Sommer manchmal eine Herausforderung, überhaupt einen Tisch zu bekommen. In Untergiesing, in der Peißenbergstraße, gibt es für solche Fälle eine Ausweichmöglichkeit. Im Winter wie im Sommer steht dort in einem Seitenweg ein Biertisch mit zwei Bänken. Die hölzerne Tischplatte ist ausgefranst, der Lackschutz ist ab, das Gestell leicht wackelig.
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Das mit dem Open Air ist ja schön und gut. Aber irgendwie geht es auch auf den Keks - sofern man einige Regeln nicht beachtet.
In der Nachbarschaft weiß niemand so genau, wem der alte Tisch und die vier Quadratmeter Rasen neben dem Weg gehören, deswegen gehört er einfach allen. Wer am Biertisch in der Peißenbergstraße vorbeiradelt oder seine Haustür aufsperrt, der grüßt jene, die dort sitzen, oder setzt sich auf ein Bier und eine Zigarette dazu. Manchmal kommen Nachbarbuben vorbei und fragen nach einem Spezi oder einem Salzstangerl.
In Schwabing und in der Maxvorstadt, wo es viele junge Leute zum Feiern und Wohnen hinzieht, wird man selten nach einem Salzstangerl gefragt. Kindeszeugungen werden dort immer seltener vereinbart, weil es dann mit dem Wohnen und Ausgehen kompliziert wird. Und wer an die alten Mythen anknüpft und den Krug zum Urinal oder die Tischplatte zur Schlafstätte umfunktioniert, der segelt hochkant raus. Am Biertisch in Untergiesing wäre das alles noch möglich. Zumindest solange sich kein Eigentümer ausfindig machen lässt.