Szene München:Bier mit Einlage

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Zwei Wiesn-Besucher auf dem Oktoberfest-Gelände trinken Bier. (Foto: dpa)

In China gibt es Schnaps mit Giftschlangen, in Mexiko mit Mottenraupen. In München schüttelt man über solche Einlagen nur den Kopf - außer zur Oktoberfestzeit. Denn jetzt gelten wieder andere Regeln.

Eine Kolumne von Florian Fuchs

Es darf nicht verwundern, dass die Sprösslinge aus der Familie der Dickkopffalter vorwiegend tagaktiv sind, wo doch nachts in Bars das hochprozentige Grauen auf sie wartet. Neben dem Schutz von Amazonas-Manati und Rotbauchunke sollten sich Tierfreunde einmal mit der Massenvernichtung besagter Mottenraupe beschäftigen. Gourmets lassen die Tiere gerne in Flaschen mit aus Agave destilliertem Mezcalschnaps verenden, weil von diesen Raupen befallene Agavenblätter einen besseren Geschmack haben als das normale Laub der Pflanze. Was soll's, wenden Mexikaner an dieser Stelle gerne ein: Die Viecher schmecken halt so gut.

Jetzt ist die tierische Veredelung von Alkohol ein weitverbreitetes Phänomen. In Asien, wo sie ohnehin die kross gegrillte Kakerlake der gemeinen Tüte Kartoffelchips vorziehen, gilt die tote Giftschlange im Reisschnaps nicht als Mutprobe, sondern als so gottgegeben wie bei uns der Hopfen im Bier. In München steht man dieser Art von Eiweißzufuhr grundsätzlich skeptischer gegenüber: Während der Chinese im Biergarten die hektisch im Weißbier strampelnde Stubenfliege mit einem besonderen Gruß des Hauses verwechseln mag, schützt der Münchner sein Gebräu argwöhnisch mit einem Deckel.

Hier hält man es bereits für einen Verfall der Sitten, dass die Leute ihr Bier versetzt mit Bananensaft trinken. Dies, warnen Kulturpessimisten, sei nur der erste Schritt hin zu Kreationen wie einem kühlen Hellen mit, sagen wir: Eichhörnchengalle.

Nur auf der Wiesn gelten wieder andere Regeln. Dort ist es selbst den Münchnern irgendwann egal, wenn der Australier in der Bräurosl aus Versehen die Haxe seines Hendls in ihren Maßkrug plumpsen lässt. Es braucht im Bierzelt eine reichhaltige Grundlage für den Magen. Ein stärkendes Stück Fleisch im Bier kann da gar nicht schaden.

© SZ vom 19.09.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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