SZ-Adventskalender:"Die Schwermut ist wie weggeblasen"

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Etwa 22 000 SZ-Leser haben mit ihrer Spende für den Adventskalender für gute Werke Menschen in Not Zuversicht geschenkt. Für viele hat sich das Leben dadurch wieder ins Positive gewandelt.

Von Sven Loerzer

Für Sonja F. waren es schwere Jahre. Erst starb ihr Vater, dann - nach langer Pflege - die Mutter. Im Anschluss starb ihr Lebenspartner an Krebs, schließlich auch noch die Schwester. "Da ist niemand mehr, mit dem ich mich über meine Vergangenheit austauschen kann." Zurück blieb sie, allein mit finanziellen Sorgen, denn in den Jahren, in denen sie ihre Angehörigen gepflegt hat, musste die Arbeit als Selbständige zurückstehen. Die Ersparnisse sind aufgebraucht, die Spülmaschine kaputt.

Die finanziellen Sorgen wenigstens konnten ihr die SZ-Leser fürs Erste nehmen: "Liebe Unterstützer des SZ-Adventskalender für gute Werke", schrieb Sonja F., "ich bin fassungslos. Seit ich das Schreiben mit der Spenden-Ankündigung und am selben Tag noch den Betrag auf dem Konto hatte, hat sich mein Leben komplett ins Positive verwandelt." Zwar lasse sich der Verlust ihrer Angehörigen nicht rückgängig machen, "aber die Sicherheit, die mir diese hohe Summe gibt, ist unbeschreiblich!" Sie fühle sich seit Jahren das erste Mal wieder privilegiert, "die Schwermut ist wie weggeblasen". Dank der Hilfe der SZ-Leser "vertraue ich wieder, statt zu glauben, das Schicksal oder die Menschen würden mir bei nächster Gelegenheit Übles wollen".

SZ-Adventskalender
:Wie SZ-Leser Menschen in Not geholfen haben

Ein Hörgerät, Medikamente, Betten: Ohne die Großzügigkeit der Spender bei der Aktion "Adventskalender für gute Werke" hätten sich Menschen, die nur wenig Geld haben, wichtige Anschaffungen nicht leisten können.

Von Monika Maier-Albang, Thomas Anlauf, Florian Fuchs und Inga Rahmsdorf

Der Brief von Sonja F. veranschaulicht eindrucksvoll, dass finanzielle Hilfe in Notlagen weit über den rein materiellen Wert hinaus wirkt und neue Zuversicht schenken kann. Mit der 69. Hilfsaktion kann der "Adventskalender für gute Werke der Süddeutschen Zeitung" wieder Hunderte von Menschen aus München und der Region dabei unterstützen, schwierige Situationen im Leben zu meistern. Denn trotz der diesmal fast um eine Woche kürzeren Adventszeit kam nahezu das Rekordergebnis des Vorjahres zusammen: Knapp 5,6 Millionen Euro - genau 5 575 353,23 Euro - an Spenden haben die SZ-Leser für arme, kranke, und behinderte Menschen bisher eingezahlt.

Die Spendenaufrufe des Münchner Lokalteils, der Stadtviertelseiten und der Landkreis-Ausgaben haben eine Welle der Hilfsbereitschaft für Menschen in Notlagen ausgelöst. "Ich bin beeindruckt, dass die Hilfsbereitschaft unserer SZ-Leser nicht nachlässt", freut sich Adventskalender-Geschäftsführerin Anita Niedermeier über den Erfolg. "Nicht nur finanziell helfen die Leser, sondern sie engagieren sich auch spontan für Menschen, über die wir berichtet haben. In unserer reichen Stadt und in den Landkreisen gibt es nach wie vor sehr viel Not, auch wenn sich viele Menschen schämen, um Hilfe zu bitten." Im Mittelpunkt der Aufrufe standen kranke und behinderte Kinder, Familien, die plötzlich in Not geraten sind, alte, kranke und arme Menschen, sowie Wohnungslose.

Rund 22 000 SZ-Leser trugen zum Erfolg der Aktion bei. Für viele von ihnen ist es wichtig, dass ihre Spenden nicht durch Sach- oder Verwaltungskosten für das Hilfswerk geschmälert werden, denn die deckt der Süddeutsche Verlag. "Spende SZ", vermerkte eine Leserin auf der Überweisung, "hier fühle ich mich sicher." Immer wieder schlossen sich Menschen zusammen, um gemeinschaftlich Gutes zu tun: "Unsere große Familie mit vielen Kindern und Jugendlichen hat beschlossen, statt vieler kleiner gegenseitiger Geschenke an andere zu denken", schrieb eine Leserin. "Nach angeregter Diskussion, wohin wir spenden wollen, ist uns glücklicherweise der SZ-Adventskalender eingefallen, der so eine große Bandbreite an Hilfsprojekten hat. Es sind immerhin 365 Euro zusammengekommen, obwohl viele noch in der Ausbildung sind. Danke, dass Sie so vielen Menschen helfen."

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(Foto: Robert Haas)

Einmal Zugführer sein: Der SZ-Adventskalender ermöglichte es Anton, im Führerstand einer Lok mitzufahren.

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(Foto: Catherina Hess)

Die Schlauschule, eine Münchner Bildungseinrichtung für junge Geflüchtete, bekam 2017 den Schulpreis der Landeshauptstadt München.

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(Foto: Catherina Hess)

Die Münchner Templer kümmern sich durch Armenspeisung (100 Essen pro Tag) und Lebensmittelausgabe um Bedürftige in München.

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(Foto: Catherina Hess)

Die Bahnhofsmission kümmert sich täglich um Wohnungslose und benötigt Unterstützung - auch hier hilft der SZ-Adventskalender.

Einmal Kapitän sein: Der SZ-Adventskalender ermöglichte Michael, der geistig behindert ist, einen Besuch auf der Brücke der MS Seeshaupt.

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(Foto: Claus Schunk)

Anita Niedermeier vom SZ-Adventskalender (Mitte) übergibt der Nachbarschaftshilfe Taufkirchen einen behindertengerechten Bus.

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(Foto: Stephan Rumpf)

Hans-Dieter Soßna malt in einer Unterkunft, die ihm der Hospizdienst DaSein zur Verfügung stellt, Heiligenbilder.

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(Foto: Stephan Rumpf)

Sinksar Ghebremedhin von der Organisation Students4Refugees hilft geflüchtete Studenten, um wieder zurück an die Uni können.

Oh happy Day - glückliche Tage erleben die Mitglieder des inklusiven Gospelchors der Caritas immer dann, wenn sie gemeinsam singen.

Die Familie eines anderen Lesers lud zum "Weihnachtsglühen" rund 40 Familien in den Garten ein, etwa 70 Erwachsene und 40 Kinder folgten der Einladung: "Bei Glühwein, Würstl/Schnitzel vom Grill in der Semmel und Plätzchen läuteten wir die Weihnachtszeit ein. Statt Mitbringsel hatten wir um Spenden für den SZ-Adventskalender gebeten." 260 Euro kamen zusammen, die Gastgeber rundeten die Spende auf 500 Euro auf. Der höchste Betrag, 50 000 Euro, ging gleich drei Mal ein.

"Mit den großzügigen Spenden zaubern wir wieder ein Strahlen in die Gesichter unserer Mitmenschen, können Sorgen vertreiben und viele Projekte verwirklichen", dankt Anita Niedermeier den Lesern. "Ihr Vertrauen in unsere Arbeit spornt uns weiterhin an, die Spendengelder schnell und unbürokratisch an die Menschen zu verteilen, die es am nötigsten haben. Ein herzliches Vergelt's Gott!"

Allen "Herrn und Damen", die sich an der Spendenaktion beteiligt haben, dankte eine Rentnerin aus Gauting, die sich keinen Ersatz für ihren defekten Herd leisten konnte. "Ich war überrascht und sehr gerührt über die Spende, dass ich mir einen Ofen kaufen kann, zum Kochen und Backen. Ich kann mich nur 100 000 Mal bedanken und mich freuen über so eine Spende. Da kann ich wieder Weihnachtsplätzchen backen."

Für die Weihnachtsfeier, die der katholische Männerfürsorgeverein mit finanzieller Unterstützung des SZ-Adventskalenders im Hofbräuhaus an Heiligabend ausrichtete, dankte einer der rund 900 Teilnehmer: "Mir hat diese Weihnachtsfeier sehr gut gefallen. Das Essen und die Getränke waren sehr gut. Die ehrenamtlichen Servierkräfte, die die Speisen serviert haben, waren in ihrer Arbeit hervorragend und einem sehr freundlich zugetan. Servieren ist keine leichte Tätigkeit." Die Feier sei ein "sehr schönes Erlebnis" gewesen, schrieb der Mann und dankte für die Geschenktüte: "All die Dinge sind sehr gut zu gebrauchen."

Einkaufsgutscheine und die rund 2000 Lebensmittelpakete, die der Adventskalender an bedürftige Senioren und Familien verteilt, schaffen Entlastung, wenn das Geld knapp ist. So dankte ein Münchner, der unheilbar erkrankt ist, für das "reichhaltige und große" Paket: "Als Rentner mit einem Tagesetat von sieben Euro wurde mir damit ein großer Dienst erwiesen, wofür ich mich sehr herzlich bedanken möchte." Während seiner Berufstätigkeit habe er als Betriebsratsvorsitzender alljährlich jahrzehntelang bei den Kollegen Spenden für den Adventskalender gesammelt. "Nun im Alter bin ich selbst in der Situation der Almosenempfänger. Dies alles nach 50 Jahren regelmäßiger Arbeit in geordneten Verhältnissen."

© SZ vom 17.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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