Straßenname:"Sprachliches Ungetüm"

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"Am Eisenbahn­ausbesserungswerk" soll eine neue Straße heißen

"Motorworld" haben die Investoren ihren geplanten Gewerbekomplex auf dem früheren Bahngelände an der Lillienthalallee griffig benannt. Ziemlich holprig liest sich dagegen die voraussichtliche Adresse: "Am Eisenbahnausbesserungswerk" soll die westliche Verlängerung der Edmund-Rumpler-Straße nach dem Willen des Bezirksausschusses (BA 12) heißen.

So präzise der Name die Geschichte des Industriegeländes wiedergibt, so unpraktisch ist er aus Sicht des Bauherren, der hier ein schickes "Mobilitätszentrum" plant. Missverständnisse drohen etwa, wenn es darum geht, die Adresse ausländischen Kunden oder den Gästen eines geplanten Hotels am Telefon durchzugeben, erklärte eine Firmensprecherin im BA. Die knapperen Alternativvorschläge "Am Bahnwerk" oder "An der Lokhalle" seien dagegen leichter zu handhaben und nähmen immer noch Bezug auf die Historie.

Den Namen, auch auf Englisch, buchstabieren könne ja wohl "jede Realschullehrerin" verteidigte Gunhilde Peter (SPD) den BA-Beschluss. "An der Lokhalle" würde aus ihrer Sicht die Historie über Gebühr verkürzen. Ekkehard Pascoe (Grüne) hält dagegen die Namenswahl für einen Fehler, schließlich lasse es selbst ein anerkannter Stadtteilhistoriker mit der Bezeichnung "Ausbesserungswerk" gut sein. Petra Piloty (SPD) kann die Probleme mit dem "sprachlichen Ungetüm" gut nachvollziehen, zudem sei die Assoziation "ausbessern" ja nun "nicht so cool".

Dem Gremium selbst kam die Coolness in der Hitze des Sommerabends vorübergehend abhanden. In Wallung und aneinander gerieten Ludwig Spaenle (CSU) und der BA-Vorsitzende Werner Lederer-Piloty (SPD), nachdem Spaenle die Namenskritiker mit dem Hinweis auf die Bedeutung des Geländes für die Arbeiterbewegung auf seine Seite bringen wollte. Er widerspreche dem Kultusminister ja nur ungern, so Lederer-Piloty daraufhin; aber zur gesamten Historie des Geländes gehöre leider auch weniger Ruhmreiches, wie die Rüstungsproduktion. Spaenle sah sich zu Unrecht der "Geschichtsverfälschung" bezichtigt und verlangte mehrmals erbost eine Entschuldigung. An deren Stelle meinte Lederer- Piloty zwar lediglich "in der Wiederholung liegt die Kraft, aber es langweilt", dennoch kriegten sich die Kontrahenten bald wieder ein. Der BA fand schließlich im Beschluss zusammen, die alte Namenswahl beizubehalten. Sollte die Stadtverwaltung mitziehen, müssen die Motorworld-Betreiber auf dem Briefkopf etwas mehr Platz freihalten.

© SZ vom 04.07.2017 / raj - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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