Wohnungsmarkt:Dach überm Kopf gesucht

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Die Herrschinger Sozialreferentin Christina Reich. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Herrsching hat für Obdachlose und anerkannte Asylbewerber zu wenig Unterkünfte

Von Patrizia Steipe, Herrsching

Die Endstation der S-Bahn in Herrsching zieht nicht nur Ausflügler an. Hier ist häufig auch Endstation für Menschen ohne Wohnsitz. Einige bleiben in dem Ort hängen, für sie muss die Gemeinde eine Unterkunft stellen. "Das ist eine Pflichtaufgabe", mahnte Sozialreferentin Christina Reich nun im Gemeinderat. Mittlerweile hat Herrsching 15 Obdachlose. Dazu kommen 30 Familien, die von Obdachlosigkeit bedroht sind. Falls sie sich entscheiden, in Herrsching zu bleiben, drängen weitere 40 anerkannte Flüchtlinge auf den Wohnungsmarkt.

"Obdachlosigkeit hat in unserer Gemeinde dramatisch zugenommen", so Bürgermeister Christian Schiller. Sobald die Menschen auf dem freien Wohnungsmarkt nichts finden, muss die Gemeinde für Unterkunft sorgen. Doch diese hat keine weiteren Wohnungen und die einzige Unterkunft am Martinsweg platzt aus allen Nähten. "Es ist in der Vergangenheit sträflich versäumt worden, hier Abhilfe zu schaffen", fand Reich. Jetzt stehe die Gemeinde vor einem Dilemma: "Wir wissen nicht, wo wir die Menschen unterbringen sollen", so Rathauschef Schiller.

Seit ein paar Wochen ist die Gemeindejugendpflegerin Julia Schmidbauer speziell für die Obdachlosen zuständig. Dank ihrer Beratung im Vorfeld hofft die Gemeinde, einigen Familien ihr Zuhause doch noch erhalten zu können. Aber das reiche nicht.

Ob die Bofrosthalle eine Alternative sein könnte, diskutierten die Gemeinderäte in der jüngsten Sitzung. Die Fraktionen hatten dazu Anregungen für die künftige Nutzung der Halle eingereicht. Neben Vorschlägen wie einem neuen Kino, einer Fahrradwerkstatt, einer Möbelbörse oder einem Geschäftshaus gab es auch die Idee, die Halle zur Obdachlosenunterkunft umzubauen. Die Grünen schlugen beispielsweise vor, das Ganze abzureißen und durch einen "günstigen Holzständerbau" zu ersetzen. "Der Gemeinde würde eine Bleibe für die wachsende Zahl an Obdachlosen zur Verfügung stehen", hieß es im Antrag. Auch die BGH/FW könnte sich neben anderen sozialen Nutzungen hier eine Notunterkunft vorstellen. Allerdings kann es bis zu drei Jahre lang dauern, bis ein solcher Bau endlich steht. "Derzeit darf die Halle nur als Lagerhalle genutzt werden", erklärte Schiller. Nutzungsänderungen, Bebauungspläne und die Brandschutzgutachten bräuchten aber ihre Zeit.

Für Christina Reich ist dies keine Option. "Das dauert viel zu lange. Wir brauchen eine schnelle Lösung", mahnte sie. Zwar dürften die anerkannten Asylbewerber angesichts sinkender Flüchtlingszahlen vorerst in den Wohncontainern bleiben. "Das kann aber kein Dauerzustand sein", so Schiller. Die anerkannten Asylbewerber hätten bereits eine schriftliche Aufforderung erhalten, die Notunterkunft zu verlassen. Jetzt hofft die Gemeinde auf private Unterstützung. Die Gemeinde bittet private Hausbesitzer, geeignete Immobilien anzubieten. Was die Bofrost-Halle betrifft, so soll sie für die nächsten zwei Jahre als Lagerraum vermietet werden. Auch der Bauhof wird einen Teil der Halle und die Freiflächen nutzen. Sobald die Gemeinde weiß, ob und wann eine Straßenunterführung an der Bahnschranke kommen wird, soll endgültig über das Schicksal der Halle entschieden werden. Eventuell wird ein Teil des Grundes für den Fuß- und Radweg benötigt werden.

© SZ vom 13.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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