Vor Gericht:Teures WM-Finale

Lesezeit: 2 min

Geschäftsmann zahlt nach Rangelei im Biergarten 1800 Euro

Von Christian Deussing, Weßling

Auf der Leinwand lief die Verlängerung des WM-Finales gegen Argentinien, und auch im Weßlinger Biergarten ging es hoch her. Ein angetrunkener Besucher machte sein Handy mit dem Helene-Fischer-Hit "Atemlos durch die Nacht" lauter und sang mit seinen Freunden am Tisch kräftig mit. Das störte einen anderen Zuschauer einen Tisch weiter, denn der konnte den Fußball-Kommentator kaum noch verstehen. Der Ingenieur und der Fischer-Interpret sprangen auf und gerieten heftig aneinander. Kurz darauf landete der Mann, der sich vom Gesang hochgradig genervt fühlte, in einer Hecke neben seinem Stuhl.

Was genau in den zehn Sekunden am 13. Juli 2014 zwischen den beiden Streithähnen passiert war, versuchte jetzt das Amtsgericht Starnberg herauszufinden - was bei den teilweise vagen und widersprüchlichen Aussagen der Zeugen nicht einfach war. Fest stand nur: Der Flug des Weßlingers in die Hecke war definitiv keine Schwalbe.

Das bestritt im Prozess der 47-jährige Angeklagte auch gar nicht, der den Strafbefehl von 60 Tagessätzen zu 30 Euro wegen vorsätzlicher Körperverletzung nicht akzeptiert hatte und sich überhaupt ziemlich uneinsichtig zeigte. "Ich habe ihn nur geschubst oder leicht gestoßen, aber ihn nicht geschlagen", gab der Geschäftsführer lediglich zu und rechtfertigte sich zugleich. Denn der andere Besucher habe ihn mit "Halt's Maul, du Arschloch" beleidigt und von ihm behauptet, er könne nicht singen.

Er habe den Mann nicht beleidigt, nur ihn aufgefordert, das Handy leiser zu stellen. Dann sei ihm eine heftige Ohrfeige verpasst worden, die ihn in die nahe Hecke befördert und eine rötliche Schwellung seitlich am Kopf verursacht habe. Seine Ehefrau verständigte nach der Attacke die Polizei, der Kontrahent war an seinen Platz zurückkehrt, ohne sich zu entschuldigen. "So, als ob nichts geschehen wäre", wie ein unbeteiligter Gast in der Verhandlung berichtete.

Dagegen versuchten eine Freundin und ein guter Kumpel, den befreundeten Angeklagten reinzuwaschen. Sie hätten keinen Stoß, nicht mal einen Schubser gesehen und wüssten nicht, wieso der Mann vom Nachbartisch plötzlich in der Hecke gelegen habe, sagten sie. Richterin Christine Conrad und der Staatsanwalt bezweifelten diese Version. Die Frau ertappten sie sogar bei einer Lüge in ihrer nebulösen Aussage. Nach Ansicht des Gerichts waren die Schilderungen offenbar abgesprochen und sollten nur einem Zweck dienen: den Angeklagten zu entlasten.

Nach diesem für ihn unvorteilhaften Spielverlauf zog der Verteidiger noch kurz vor dem Strafraum die Notbremse und riet seinem Mandanten, den Einspruch lieber zurückzunehmen. Denn sonst müsse der 47-Jährige wohl noch mehr bezahlen. Der Geschäftsführer besprach sich kurz mit seinem Anwalt und willigte ein, die 1800 Euro Geldstrafe jetzt doch zu begleichen. Aber so richtig leuchtete es ihm offenbar immer noch nicht ein.

© SZ vom 10.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: