SZ-Adventskalender:Wenn das Leben aus den Fugen gerät

Lesezeit: 2 min

Alltag wird für 45-Jährigen nach Suchterkrankung und Schicksalsschlägen zum Problem

Von Patrizia Steipe, Starnberg

Wer oben ist, mag glauben, dass es immer so weiter geht. Aber vor Brüchen im Leben ist niemand gefeit. Schneller, als manch einer glauben mag, kann es passieren, dass man sich plötzlich ganz unten befindet. Sich wieder aufzurappeln, schafft nicht jeder. Wer es versucht, dem sollte die Gesellschaft eine Chance geben. Ein Beispiel ist Thomas Bauer (Name von der Redaktion geändert).

Die Fotos von seinem früheren Leben schaut er wehmütig an. Darauf sieht man das Haus mit Steg am See, das Motorboot und natürlich den kleinen Sohn. Ein gutes Leben hatte er mit seiner Frau geführt, viel gearbeitet, am Haus gebastelt. Power hatte der 45-Jährige schon immer. Das liegt auch an seiner Hyperaktivität. Bauer hat eine besonders starke Form von ADHS, steht immer unter Spannung und selbst eine Medikation hat ihn nur ein wenig ruhiger gemacht.

Vielleicht wollte er die Unruhe mit Suchtmitteln bekämpfen? Vielleicht hatte er den Kick gesucht und konnte nicht "nein" sagen? Thomas Bauer wurde abhängig. Die Ehe zerbrach. Das Paar trennte sich. Die Mutter nahm den Sohn, das Haus wurde verkauft. Alle Träume von dem Mann zerplatzten. Er ließ sich gehen, ertrank seinen Kummer in Alkohol, kam mit dem Gesetz in Konflikt. An dieses Leben erinnert sich der Mann gar nicht gern. Denn auch diesen Lebensabschnitt hat er hinter sich gelassen.

Doch die schlechten Jahre haben Spuren hinterlassen. Thomas Bauer leidet an einer chronischen Lungenkrankheit, er hat Arthrose in den Knien und Neurodermitis. Wegen seinem ADHS ist er immer wie unter Spannung und kriegt sogar einfache Dinge im Leben nicht auf die Reihe. Seit längerer Zeit hilft ihm Condrobs dabei, das Leben wieder in den Griff zu bekommen. "Thomas Bauer liegt mir ganz besonders am Herzen", erklärt die Betreuerin, die sich an den SZ-Adventskalender gewandt hat. Der freundliche Mann hat mit ihrer Hilfe schon einiges geschafft und für die Schulden, die er in seinen Krisenjahren angehäuft hat, zeichnet sich eine Lösung ab. Aber immer wenn eine der "Baustellen" beendet ist, erscheint eine neue. Jetzt ist zum Beispiel seine Haustür kaputt. An und für sich ist das keine große Sache, aber Thomas Bauer ist von solch alltäglichen Dingen überfordert. Auch die Behörden schicken immer wieder Formulare zum Ausfüllen und Stellungnahmen zum Abgeben. Das versetzt ihn in große Panik, dann wird er wieder so unruhig, dass er sich selbst kaum aushalten kann.

Für den Mann wünscht sich seine Betreuerin eine MVV-Jahreskarte. "Dann kann er zu seinen Beratungsterminen kommen und seine Mutter in München besuchen". Und dann ist da noch der kaputte Kühlschrank. Auch ein gebrauchtes Gerät würde reichen. Am besten wäre ein Gerät mit einem großen Gefrierfach. Dann könnte Thomas Bauer Lebensmittel einfrieren, die er zum Beispiel von der Tafel bekommt.

© SZ vom 30.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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