Starnberger See:Vom Lüßbach ins Meer

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Unterricht am See: Kinder aus Münsing beschäftigen sich mit dem Thema Umweltschutz. (Foto: Hartmut Pöstges)

Grundschüler erforschen das Problem Plastik

Von Benjamin Engel, Münsing

Fast enttäuscht wirkt der zehnjährige Jack nach zwei Stunden mit der Ammerlander Wasserwacht am Starnberger See. "Das hat Spaß gemacht", sagt der Viertklässler von der Münsinger Grundschule. "Aber leider haben wir kein Plastik gefunden." Gemeinsam mit Mitgliedern der Wasserwacht haben Dritt- und Viertklässler den Starnberger See am Montag auf Kunststoffrückstände untersucht. Mit einem feinen Netz wollten sie sogenanntes Mikroplastik aufspüren, also Partikel mit einem Durchmesser unter fünf Millimetern. Doch das blieb leer.

Die Aktion ist Teil der Projektwoche zur Plastikvermeidung an der Münsinger Grundschule. Wie Rektorin Angret Pauli erklärt, habe jede Klasse ein Projekt. Die einen stellten beispielsweise Bienenwachstücher als Ersatz für Frischhaltefolien her. Andere lernten, selbst Haarshampoos anzusetzen. Denn sogar in Kosmetika komme Mikroplastik vor. Für alle Klassen gibt es einen Informationsworkshop mit Melanie Eben vom Verein Oberland Plastikfrei.

Weil Plastikpartikel in die Nahrungskette der Lebewesen in und um die Gewässer gelangen können, sind sie so gefährlich. Damit können Tiere bei vollem Magen praktisch verhungern. Zudem nehmen Tiere giftige organische Stoffe auf, die gesundheitsschädigend sind. Problematisch an Plastik ist, dass der Stoff sehr langsam und nicht vollständig verrottet. So kann selbst eine bei der Eisdiele am Münsinger Dorfplatz weggeworfene Plastikgabel zumindest partikelweise bis ins Meer gelangen. Mit diesem praktischen Beispiel verdeutlichte Tanja Munzinger von der Wasserwacht den Kindern die Problematik. Der durch Münsing fließende Lüssbach könne das Plastik bis in den Starnberger See spülen. Fresse es nicht vorher eine Ente oder ein Fisch, könnten Partikel über die Würm und weitere Flüsse bis in das Schwarze Meer gelangen. Daher empfiehlt Munzinger, auf Plastikgabeln und -flaschen zu verzichten, stattdessen welche aus umweltfreundlicheren Materialien zu verwenden.

Am meisten gefiel den Schülern, als sie mit dem Boot der Wasserwacht auf den See fahren durften. Es ging vor einen Uferstreifen in einem 800 Meter langen Naturschutzgebiet. Wie Thomas Wendler erklärt, rette die Wasserwacht zwar Leben, kümmere sich aber auch um die Umwelt. In dem kleinen abgezäunten Naturschutzgebiet wüchsen echte Pflanzen-Raritäten. Dort komme etwa das Bodensee-Vergissmeinnicht vor. Das seltene Flechtengewächs sei praktisch schon weltweit ausgestorben. An der Stelle am Starnberger Seeufer könne es wegen der besonderen mineralischen Bodenverhältnisse - hier entspringen am Gewässerboden kalte Quellen - überhaupt nur gedeihen.

Zudem wachse auch der gefährdete bunte Schachtelhalm in dem Bereich. "Das Ufer ist so natürlich, wie es früher am See gewesen ist", sagt Wendler. Rein ehrenamtlich unterstützt er die untere Naturschutzbehörde in Starnberg im Bereich zwischen Leoni und Seeshaupt. Er achte darauf, dass niemand Müll im sensiblen Uferbereich zurücklasse oder Feuer mache.

Vor allem beeindruckte Jack und den gleichaltrigen Max, als sie von den fast schon ausgestorbenen Pflanzen am Starnberger hörten. Daher glaubt Grundschulrektorin Pauli, dass sie mit solchen Aktionen die Schüler für Natur- und Umweltschutz sensibilisieren kann.

In der Projektwoche gehe es darum, mit den Kindern nach Alternativen zum Plastik im Alltag zu suchen, sagt sie. Im örtlichen Supermarkt untersuchten die Schüler, welche Produkte in Plastik verpackt sind. Zudem verteilten die Kinder selbst angefertigte Stofftaschen an die Kunden. Zum Abschluss führten sie ein Theaterstück auf. Darin spielten die Schüler Archäologen in der Zukunft. "Sie finden 200 Jahre alte Plastikteile im Boden, die wie neu aussehen."

© SZ vom 14.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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