Starnberg:Die Stadt ist am Zug

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Die Seeanbindung gilt als wichtigstes Starnberger Thema, doch seit drei Jahren herrscht Stillstand.

Von Peter Haacke, Starnberg

Schwere Zeiten sind für Eva John und ihre Rest-"Allianz" angebrochen: Zur Halbzeit ihrer Amtsperiode kann Starnbergs Bürgermeisterin nicht länger auf eine Mehrheit im Stadtrat zählen, und auch sonst läuft es nicht gerade rund: Das Thema "B2-Tunnel oder Umfahrung" ist entschieden zugunsten des Kompromisses "Tunnel bauen und Umfahrung prüfen", die 2015 beschlossene Abschaffung der Straßenausbausatzung kassierte unlängst das Verwaltungsgericht. Lang ist die Liste weiterer unerledigter "Baustellen": Gewerbegebiet Schorn, Rathauserweiterung und "Centrum", die FOS, Verkehrsplanung, Haushalt, Wasserpark oder städtische Infrastruktur. Das wichtigste Thema aber - darüber ist sich eine Mehrheit im Stadtrat einig - bleibt die "Seeanbindung". Ausgerechnet bei diesem komplexen Vorhaben aber ist seit Johns Amtsübernahme 2014 kaum mehr etwas passiert - dabei drängt die Zeit .

Den Ausgangspunkt des Themas markiert ein Vertrag aus dem Jahr 1987, der zwischen der Stadt Starnberg und der Deutschen Bahn (DB) geschlossen wurde. Das Papier sieht im Wesentlichen eine vollständige Rückgabe des Geländes rund um das historischen Bahnhofgebäude an die Stadt vor. Im Gegenzug verpflichtete sich die Stadt, den Bahnhof Nord zu bauen und eine von der DB geforderte Gleisverlegung zu bezahlen. Doch insbesondere an der Gleisverlegung scheiden sich die Geister: Das etwa 100 Millionen Euro teure Projekt sei schlicht nicht finanzierbar, heißt es aus dem Rathaus. Und auch der Verein "Schöner zum See" (SzS) - eine den politischen Gruppierungen WPS, BMS und FDP nahestehende Organisation - plädiert dafür, die Laufzeit des Vertrags am 31. Dezember 2017 einfach tatenlos abzuwarten.

Aber was kommt danach? Wie geht es weiter mit DB und Bahnvertrag? Steuert die Stadt womöglich auf einen Prozess mit millionenschweren Schadenersatzforderungen zu? Oder löst sich das Ganze in Wohlgefallen auf? Günther Picker (WPS) glaubt: "Die Parteien haben Übereinkommen darüber erzielt, dass Ansprüche der Deutschen Bahn AG sowie der Stadt Starnberg auf Erfüllung der in der Vereinbarung von 1987 nebst Nachtrag übernommenen Verpflichtungen mit Ablauf des 31.12.2017 verjähren", verlas er unlängst im Stadtrat. Und SzS-Vorstandsmitglied Maximilian Ardelt (WPS) betont seine "guten Kontakte zur Bahn", obwohl sein Verein weder ein Mandat hat noch von der DB als Verhandlungspartner akzeptiert wird.

Die vereinfachende Darstellung von WPS und "Schöner zum See" nährt aber zunehmend Zweifel. Bereits im Sommer 2015 wurde John vom Stadtrat beauftragt, ein Gutachten erstellen zu lassen, um die Folgen eines nicht erfüllten Bahnvertrags auszuloten. Doch diesen Auftrag hat John einfach nicht erfüllt, was im Stadtrat zuletzt Erstaunen und Entrüstung hervorrief. Und ein offizieller Gesprächstermin der Bürgermeisterin mit DB-Verantwortlichen ist bislang auch nicht zustande gekommen. Die Bahn indes beharrt im Grundsatz auf ihrer Forderung, hat aber Gesprächsbereitschaft und einen gewissen Handlungsspielraum signalisiert. Allerdings erwartet die DB nun konkrete Vorschläge aus Starnberg: "Die Stadt ist am Zug", sagte unlängst ein DB-Sprecher.

Doch John schweigt: E-Mails der Stadträte Stefan Frey (CSU) und Angelika Kammerl (Parteifreie) zum Thema blieben bislang ebenso unbeantwortet wie eine Anfrage der SZ. Voraussichtlich muss sich der Stadtrat - wie schon beim Thema "Tunnel oder Umfahrung" - erneut selbst der Sache annehmen. Spätestens bei der Sitzung des Projektausschusses "Bahnhof See" am 28. März wird man darüber reden, wie es mit dem wichtigsten Starnberger Thema weiter geht.

© SZ vom 18.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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