Prozess:Unmoralisches Angebot

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Abteilungsleiter nutzt die Nöte seiner Mitarbeiterin schamlos aus

Von Christian Deussing, Starnberg

Die finanziellen und seelischen Nöte einer Verkäuferin eines Supermarktes im Landkreis Starnberg hat ein Abteilungsleiter vor zwei Jahren schamlos ausgenutzt. Laut Anklage hatte der Mann einer 23-jährige Mitarbeiterin zwar zunächst einen sechsten Arbeitstag angeboten, versprach ihr dann aber 1000 Euro, wenn sie mit ihm Sex haben würde. Die Frau willigte ein und es kam fünf Mal zum Geschlechtsverkehr im Personalbereich. Doch statt die vereinbarte Summe zu zahlen, speiste der Angeklagte die Verkäuferin mit Wurst, Fleisch, Zigaretten und insgesamt nur 80 Euro für ihre sexuellen Dienste ab. An die Abmachung hatte er sich damit nicht gehalten.

Der geständige Familienvater wurde wegen fünffachen Betrugs sowie Nötigung am Donnerstag vom Amtsgericht Starnberg zu sechs Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Zudem muss er 2500 Euro an die frühere Mitarbeiterin zahlen. Das "Schuldanerkenntnis" hatte der 43-jährige Angeklagte bereits vor dem Prozess unterschrieben - das allerdings laut Gericht weitere zivilrechtliche Ansprüche nicht ausschließe. Die Frau hatte damals einen Nervenzusammenbruch erlitten und musste über längere Zeit sogar in einer Fachklinik behandelt werden. Sie war zuvor nicht zur Polizei gegangen, weil ihr der Angeklagte sonst Gewalt angedroht hätte, wie der Staatsanwalt berichtete.

Nach ihrer Rückkehr ins Geschäft wollte ihr Chef sie erneut zu sexuellen Handlungen überreden, was die junge Frau aber diesmal ablehnte. Laut Anklage sei ihr deshalb eine Kündigung angedroht worden. Nun aber erstattete die Verkäuferin Strafanzeige gegen den Mann und schilderte der Polizei das Geschehen. Die Angaben seien in der Vernehmung "prägnant, sachlich und glaubhaft" gewesen, sagte ein Kripobeamter. Sie habe Suizidgedanken geäußert, unter schweren Depressionen und posttraumatischen Belastungsstörungen gelitten. Die 23-Jährige musste in der Verhandlung nicht mehr aussagen, weil der Angeklagte über eine Erklärung seines Verteidigers die Straftaten umfassend einräumte.

Der Staatsanwalt forderte eine achtmonatige Bewährungsstrafe für den bisher unbescholtenen Mann, der jedoch in seiner psychisch labilen Mitarbeiterin ein "leichtes Opfer gesehen" habe. Der Richter betonte, dass der Angeklagte die "finanzielle Zwangs- und psychische Problemlage" der Frau ausgenutzt habe. Um das Opfer möglichst zu schützen, hat das Gericht hinter verschlossenen Türen zwischen den Parteien vermittelt.

© SZ vom 23.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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