Konzert:Viel Schmetterblech

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Das Upper Austrian Jazz Orchestra steht mit 17 Mann auf der engen Bühne des Bürgersaals in Feldafing. (Foto: Arlet Ulfers)

Das Upper Austrian Jazz Orchestra huldigt der Legende Hans Koller

Von Reinhard Palmer, Feldafing

1921 geboren und 2003 gestorben: Die Lebensdaten der österreichischen Jazzlegende Hans Koller liefern gerade kein besonders Jubiläum. Doch dem Upper Austrian Jazz Orchestra, das sich mit 17 Mann auf der engen Bühne des Bürgersaals Feldafing zu Gast bei "Jazz am See" zusammenpferchte, ist es egal. Keine Frage: Künstlerpersönlichkeiten wie Koller geben alleine schon mit ihren Verdiensten genügend Gründe, zum keinen Zeitpunkt in den Hintergrund zu geraten. Wie kein anderer Musiker bis dato prägte Hans Koller die Geschichte des europäischen Jazz mit intensiven Verbindungen nach Übersee.

Seine Musik punktet als Cool-Jazz psychodelischer Schattierung explizit mit ausgeprägten Stimmungen, reich variierender Emotionalität und sinnenfreudiger Vielfalt. Dieser Steilvorlage begegnete die oberösterreichische Bigband - fünf Saxofone beziehungsweise Klarinetten und Flöten, jeweils vier Posaunen und Trompeten sowie halbakustische E-Gitarre, Kontrabass oder E-Bass, Schlagzeug und E-Piano - mit einem ungewöhnlichen Zugriff: Jedes Stück wurde von einem anderen Mitspieler arrangiert.

Eine eher seltene Vorgehensweise, die aber die Vielseitigkeit Kollers nicht besser hätte herbeiführen können. Und es ging hier nicht nur darum, den instrumentalen Stil des Saxofonisten und Klarinettisten, wie er ihn in Konstellation von Kleinensemble bis zur Bigband propagierte, wieder aufleben zu lassen, sondern auch eine repräsentative Auswahl seiner Kompositionen vorzustellen.

Das Upper Austrian Jazz Orchestra ist in den Interpretation allerdings insofern keine übliche Bigband, weil es aus ausgeprägten Musikerpersönlichkeiten besteht, die mit ihren Soli ihre eigene Stilistik ins Spiel zu bringen vermögen. Aber auch im Ensemble-Empfinden hielten sich die Sektionen keinesfalls zurück. Es gab schon viel Schmetterblech scharfen Zuschnitts. Auch die Holzbläser schalteten bisweilen in rockige Register um. Insofern agierte das Jazzorchester vielmehr als ein überdimensioniertes Kleinensemble.

Doch es gab auch Momente des warmen Bigband-Sounds, wie etwa in "Civilisation", angesiedelt in den tiefen Registern, mit einer mächtigen Bassposaune im solistischen Part. Das Upper Austrian Jazz Orchestra verstand es auch, leicht und beschwingt zu spielen. Dann meist mit melodiösen Themen wie etwa in "Hommage A Soulages". Typischen Koller-Sound fand das Ensemble vor allem in den Cool-Jazz-Nummern wie "Cohn's Limit" oder "Mingus privat". Besonders fesselnd wurde es naturgemäß in erzählenden Werken, die von ihrer Bestimmung her dazu gedacht waren, Geschichten zu entwickeln. Etwa die Ballettmusik "New York City-Suite" oder "The Horses!-Suite".

Aber Hans Koller war durchaus auch ein kühner Experimentierer, der explizit dafür das Free Sound Ensemble gegründet hatte. Das Upper Austrian Jazz Orchestra griff diese klangspielerische Idee immer wieder auf, um Stimmungen zu erzeugen, wie etwa in der bis zur chaotischen Kakofonie gesteigerten Intro von "Suomi". Dieses lärmende Mittel mutierte im Programm geradezu zu einem Stilmittel, das die Bigband immer wieder für effektvolle Kontrastierung zu nutzen verstand. Es war schon eine packende Wirkung, die das Publikum begeisterte. Nur auf die im Unterhaltungswert und Sinnhaftigkeit zweifelhaften Kommentare hätte man verzichten können.

© SZ vom 15.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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