Konzert:Musikalische Seelenmassage

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Der Däne Andreas Lang erzeugt an seinem Kontrabass einen wohltuend runden Klang. (Foto: Nila Thiel)

Das Andreas Dombert Trio überzeugt bei "Jazz am See" in Feldafing

Von Reinhard Palmer, Feldafing

Es ist schon ein sonderbares Phänomen, das die minimal music für sich beansprucht. Wird ein einziges um sich herum kreisendes, vom Material her weit reduziertes Motiv eine Weile pausenlos wiederholt, klingt es zunächst recht monoton. Doch setzt man dieses Spiel über die Schmerzgrenze hinaus fort, entwickelt es eine außergewöhnliche Eigendynamik. So als würde das simple Motiv plötzlich in eine neue Dimension vordringen. Wird immer wieder der eine oder andere Ton hervorgehoben - etwa weil sich das Motiv über die Metrik und Rhythmik hinwegsetzt, was zur Verschiebung der Betonungen führt - entstehen über diesem atmosphärischen Klangteppich Melodien. Der Gitarrist Andreas Dombert nutzt diesen musikalischen Kniff in seinen Kompositionen immer wieder.

Die besondere Wirkung dieser reduzierten Musizierweise kam auch im Feldafinger Bürgersaal bei "Jazz am See" gut an. Vor allem, weil diese motivische Beharrlichkeit dafür zu sorgen vermochte, einen räumlich gefühlten, schwebenden Effekt entstehen zu lassen, der sich auch hier überaus euphorisierend auswirkte. In reinster Form führte Dombert die Wirkungsweise der minimal music mit einem Satz des solistischen "Like the Birds sing" vor, das zudem mit meditativer Ruhe nebenbei eine Seelenmassage verpasste - zumindest wenn man sich darauf entspannt einließ. Die Reduktion war im Feldafinger Konzert allerdings nicht gar so asketisch, wie es bisher anklingen mag, brachte Dombert doch zwei weitere großartige Kammermusiker mit, die es verstanden, auf engstem musikalischen Raum reich zu differenzieren. Der Däne Andreas Lang vermochte am Kontrabass einen wohltuend runden Klang zu erzeugen, der mit der halbakustischen Scharpach-Gitarre aus Holland eine warme Homogenität einging. Die Arrangements der Stücke von Dombert waren denn auch auf engste Verstrickungen ausgelegt, Unisono-Spiel inbegriffen. Die im leisen Schönklang geführten Duette verlangten vom britischen Schlagzeuger James Maddren schon eine enorme Einfühlsamkeit. Doch auch er konnte absolut überzeugend beweisen, die Kunst der minimalistischen Reduktion zu beherrschen. Er machte vielmehr aus der vermeintlichen Not eine Tugend und nutzte die Klangausprägungen des Instruments.

Dieser sorgfältig austarierte Zugriff sorgte nicht nur für Klarheit und Transparenz, sondern implizierte einen gewissen erzählerischen Impetus. Die langsame Entwicklung führte denn fast immer auf einen Höhepunkt zu, der ebenfalls in minimalistischer Weise der Thematik entsprechend ausgeprägt wurde. Allen diesen Höhenflügen war gemeinsam, dass sie sich, verdichtet in der Struktur und intensiviert in der Substanz, als wirbelnder Taumel in euphorische Höhen schwangen. Ja geradezu einen rauschhaften Zustand erreichten. So etwa kurz vor Schluss von "Koala" in schönharmonischer Melodik, wie ein dicht gewirkter Klangteppich indes im "Seven Drops". Besonders rauschhaft entwickelte sich "Kaa", der Schlange aus dem Dschungelbuch mit ihrem hypnotischen Blick gewidmet. Doch nicht alle Stücke verliefen auf gleiche Weise. Etwa "Farewell and Tears" nutzte vielmehr einen besonderen Kontrast zur Steigerung. Nach zarter und empfindsamer Wehmut von visionär entrückter Charakteristik folgte unvermittelt eine rockige Diesseitigkeit von kerniger Rhetorik. Durchweg begeistertes Publikum und eine lyrische, kernig gesteigerte Zugabe.

© SZ vom 19.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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