Kabarett:Paket und Wahnsinn

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Denker und Besteller: Bruno Jonas, hier bei einem Auftritt vergangene Woche in Grafing. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Bruno Jonas mit "Nur mal angenommen" in der Schlossberghalle

Von . Antonia Gaube, Starnberg

"Baggl-Annehmer", Klugscheißer, freilaufendes Gänsefüßchen und Rockstar mit Lesebrille vereinen sich in einer Person: im Kabarettisten und Autor Bruno Jonas.

Inmitten von sich auftürmenden Paketen und einem in Gips gegossenen Sokrateskopf witzelte der Wortkünstler Jonas am vergangenen Donnerstagabend in der Schlossberghalle in einem Guss über Medien, Politik, Religion oder sich selbst. In seinem Programm "Nur mal angenommen" nimmt Jonas so einiges an: von seinem Zusteller Murat einen ganzen Haufen Pakete. Außerdem, dass die digitalen Geräte die Macht über die Menschheit ergriffen haben, da sein Computer nie mache, was er wolle. Oder dass Donald Trump keineswegs "unerfahren" sei, sondern dank seiner Kenntnisse im Bereich Korruption sehr gut in die Politik passe.

Das Publikum in der gut besetzten Schlossberghalle nahm Jonas vor allem durch sein Improvisationstalent und seinen Wortwitz mit. Inhaltlich wirkt sein Programm inzwischen etwas altbacken, schließlich ist er nicht der Erste, der digitale Medien zum Thema erhebt. So wirkten die Witze über seine schrittezählende I-Watch, die Vermittlung von gesundheitliche Daten von der Uhr an seine Versicherung und den Menschen als "Benutzeroberfläche" überholt. In gewohnt bayerischer Jonas-Manier weiß er seinem Publikum aber zu imponieren: Er habe einmal bei einem Auftritt seine Zuschauer einzeln befragt, ob sie sich für intelligent hielten, erzählt er. Alle hätten dies bejaht. Er wiederholte die Frage, tauschte dabei die Eigenschaft intelligent gegen humorvoll aus; erneut war die Resonanz ausschließlich positiv. Daraufhin beglückwünschte er sich selbst zu seinem "exklusiven" Publikum, was die Starnberger natürlich auch auf sich bezogen. Selbst wenn das Publikum nicht die genannten Eigenschaften besitzen sollte: In jedem Fall seien die Leute mündig und selbst dafür verantwortlich, an welchen Stellen seines Auftritts sie lachen, so Jonas, der damit alle Verantwortung von sich weist.

Auf die ersten 75 Minuten folgten nach der Pause die zweiten. Weiter gab Jonas den selbsternannten "Klugscheißer". Diesmal drehte sich aber alles um Politsatire, ausgehend von der Frage "Wird das Richtige falsch, wenn der Falsche es sagt?" Jonas wandelte dabei auf dem schmalen Grat zwischen Ironie und Wahnsinn: Er verleiht der eigentlich unmissverständlichen Aussage "Die Leute finden ihn als Fußballspieler gut. Aber sie wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben" des AfD-Vorsitzenden Alexander Gauland einen neuen Tenor. Er möchte im von ihm gemeinten Sinn vom Zuhörer verstanden werden. Er argumentiert wie folgt: "Wenn ich den Satz sage, ist es ein antirassistischer Satz, weil ich auf den weit verbreiteten Rassismus hinweisen will." In der Rolle eines Linken würde Jonas die Aussage als Beobachtung, einem AfD-Politiker wie Gauland jedoch als rassistische Äußerung ausgelegt werden.

Nach und nach pflichtet der Großteil des Publikums den Gedankengängen schmunzelnd bei. Ein Gast war jedoch nicht überzeugt und wollte weiter diskutieren, daraufhin schloss Jonas: "Ich liebe dieses Diskussions-Kabarett" und schritt im Programm fort.

Für seinen bitterbösen Zungenschlag ist der Kabarettist bekannt. Wer Jonas schätzt, wird auch an seinem elften Programm gefallen finden

© SZ vom 03.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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