Kabarett:Ein Herz für Krüppelgemüse

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Ein "Langhaardödel, der immer viel babbelt": Philipp Weber. (Foto: Georgine Treybal)

Philipp Weber testet in Gilching sein neues Programm. Kritik an Politikern übt er darin nicht. Stattdessen verknüpft der Kabarettist schwarzen Humor mit grenzwertigen Pointen

Von Patrizia Steipe, Gilching

Eigentlich ist das neue Programm noch gar nicht fertig. Philipp Weber hat deswegen sein Publikum im "Oberen Wirt" als Versuchskaninchen benutzt. Bevor er im nächsten Jahr mit "Weber No. 5: Ich liebe ihn!" auf die großen Bühnen geht, testete der Kabarettist die Pointen in der Provinz. Eigentlich wollte er im zweiten Teil des Abends zu einem "Best of" übergehen, doch dann lief es so gut, dass Weber gleich beim neuen Programm blieb. So bekamen die Gilchinger zum ersten Mal und völlig unerwartet das Vergnügen eine Premiere mitzuerleben.

Als Gradmesser für Lacherfolge machte das Publikum seine Sache recht gut. "Wenig kritisch und sehr wohlwollend" wünsche er sich sein Testpublikum, erklärte der Kabarettist mit dem schwarzen Pferdeschwanz. Aber das ist sowieso Grundstimmung bei Kulturmonis Kleinkunstfreunden. In seinem neuen Programm macht Weber einen Ausflug in die Welt der Werbung und des Marketings. Einen neuen Slogan, eine "Markenbildung" brauche er für Ruhm, Erfolg und Reichtum. Obwohl das mit dem Geld so eine Sache ist: Als "Büttel des internationalen Kapitalismus" - nein, das komme überhaupt nicht in Frage. Man sei schließlich Künstler, empörte sich Weber: unabhängig, unbeugsam - aber eben auch unterbezahlt und nicht unbestechlich.

Weber macht sich Gedanken und hat sich in deutschen Städten umgehört. "Be Berlin" heißt es etwa in der Bundeshauptstadt - "wahrscheinlich hat der Texter gestottert". Für Bayern gibt es noch keinen Spruch. Wie wäre es mit "Wenn Sie uns finden - in Deutschland unten rechts?" Großes Gelächter, als nach ein paar Sekunden der Groschen endlich auch beim Letzten fiel. Der Witz kann bleiben. Auch der über den Flughafen Berlin mit dem langen Bart zieht erstaunlicherweise noch. Selbst vor den Klassikern macht der "Langhaardödel, der immer so viel babbelt", keinen Halt. Mit schmissiger Werbung hat er olle Kamellen aufgepimpt, klingt doch viel besser. Heinrich Heines "Denk ich an Deutschland in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht", fügt er flugs ein "nehm' ich von Merck eine Tablette, liege ruhig ich im Bette" an. Am Bogen, den Weber von "Gillette - für das Beste im Mann" zum After Shave für die Pofalte bis zum anrüchig gemeinten "Heiligen Stuhl" gespannt hat, muss der Kabarettist noch feilen. Hier fiel das Lachen ein wenig verhalten aus.

Abgedroschen, aber trotzdem für Lacher gut, war der Slogan: "Wenn der Papst kommt, ist die Hölle los". Witze über Politiker? Fehlanzeige. Dafür gab es ein paar sehr schwarze über Asylbewerber, wobei natürlich der "schwarze Humor" gemeint war. So bringt ein Bettlerplakat nach dem Relaunch der Werbeagentur nun Reichtum und wird an alle Bettler der Stadt verteilt: "Mittelloser Asylant braucht Geld für Kondome, sonst werden wir mehr". Weber selbst hat sein Herz für "Krüppelgemüse" gefunden, die ökologische Randgruppe unter dem Grünzeug. Und er setzt sich für den Umweltschutz ein. Da gibt es dann umweltfreundliche Waffen, Pfand auf Patronenhülsen und die Mahnung, "bitte verlassen Sie das Schlachtfeld so, wie Sie es vorgefunden haben". Am Schluss findet sich dann endlich der Philipp-Weber-Slogan: "Ich liebe ihn!". Geklaut? Wen juckt's?

© SZ vom 10.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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