SZ-Schulratgeber:So klappt's auch mit dem Übertritt

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Mathe-Lehrer Hans Frenz-Wagner übt mit den Schülern der Übergangsklasse 10U am Gilchinger Christoph-Probst-Gymnasium das Wurzelrechnen. (Foto: franz xaver fuchs)

Das Christoph-Probst-Gymnasium in Gilching bietet eine Einführungsklasse an, in der Schüler mit einem mittleren Schulabschluss auf die gymnasiale Oberstufe vorbereitet werden. Den Lehrern verlangt das vor allem Flexibilität ab.

Von Blanche Mamer, Gilching

"Unsere Schüler werden immer unterschiedlicher, die Leistungen gehen immer weiter auseinander. Wir müssen das also berücksichtigen und individuelle Angebote machen", sagt Alexander Schröder, stellvertretender Direktor des Christoph-Probst-Gymnasiums Gilching (CPG). Bei 1400 Schülern verschiedener Herkunft, Familien, Sozialisation, mit ganz unterschiedlichen Interessen, Vorstellungen und Zielen, ist das keine leichte Aufgabe.

Das Gymnasium muss nicht nur für alle Schüler, die Nachholbedarf haben, individuelle Förderung in den Kernfächern anbieten, sondern muss auch den besonders begabten Kindern etwas bieten. "Vor allem in den Mint-Fächern, Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik wird Nachwuchs gebraucht. Darum haben wir in diesem Jahr bereits in der Unterstufe Experimentierstunden in Chemie und Biologie eingeführt", berichtet Schröder.

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Doch ganz besonders am CPG ist, dass es das erste Gymnasium im Landkreis ist, das eine Einführungsklasse anbietet. In der 10U werden Schüler mit einem mittleren Schulabschluss auf den Übertritt in die gymnasiale Oberstufe vorbereitet. Auch wenn etwa 80 Prozent der Viertklässler im Fünfseenland ein Übertrittszeugnis fürs Gymnasium bekommen, heißt das nicht, dass die übrigen kein Abitur machen können. Schließlich ist das bayerische Schulsystem durchlässig genug, um auch den sogenannten Spätzündern den Weg zum Studium offen zu halten.

"Wir können nicht oft genug betonen, dass ein zusätzliches Jahr kein verlorenes Jahr ist", sagt Schröder. Die Übergangsklasse solle einerseits in die Breite der gymnasialen Fächer einführen und zudem eine gezielte Förderung in jenen Fächern ermöglichen, in denen die Schülerinnen und Schüler Defizite haben oder ihr Wissen einfach noch vertiefen müssen. In der 10U kann speziell auf die Bedürfnisse der Einzelnen eingegangene werden, etwa in der zweiten Fremdsprache oder in den Abiturprüfungsfächern Mathematik, Deutsch und erste Fremdsprache.

16 Schüler im Alter von 16 bis 18 Jahren sitzen in der neuen Zehnten. Sie kommen aus den M-Zweigen der Mittelschulen, von Realschulen und Wirtschaftsschulen und von weiterführenden Schulen im Ausland. "Es ist ein wirklich bunter Haufen", meint Schröder. Eine Schülerin aus Kamerun zum Beispiel ist erst seit vergangenem Jahr in Deutschland. Sie spreche sehr gut französisch, nur wenig Deutsch. Das müsse sie nun intensiv lernen, parallel zum Schulunterricht. "Sie ist sehr gut in Mathe und in Naturwissenschaften. Die Schule hat jetzt den Antrag gestellt, dass ihr Französisch als erste Fremdsprache anerkannt wird, damit sie kein Englisch-Abitur schreiben muss", sagt Schröder. Das zeigt das besondere Engagement von Direktorat und Lehrerkollegium.

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Das unterschiedliche Vorwissen der Schüler setzt bei den Fachlehrern zudem ein großes Maß an Improvisation voraus. "Man muss einfach flexibel in der Unterrichtsgestaltung sein", sagt Mathematiklehrer Hans Frenz-Wagner. Eben weil die Voraussetzungen der Schülerinnen und Schüler so verschieden seien, komme man mit dem normalen Zehntklass-Lehrplan nicht weit. Während eine reguläre zehnte Klasse vier Mathematikstunden hat, kann die Ü-Klasse die sechs Mathestunden pro Woche gut gebrauchen.

Besuch in der Mathe-Stunde: An der Tafel steht eine komplizierte Wurzelrechnung. "Wer will uns das ausrechnen?", fragt Frenz-Wagner in die Runde. Die meisten Schüler ziehen die Köpfe ein. Ausrechnen ja, aber an die Tafel gehen und sich womöglich blamieren - nein. Doch dann ist Kagan Mihmat bereit für eine mündliche Note. Kagan ist 16 Jahre alt und kommt von der Mittelschule in Puchheim. Er schafft die Zwischenschritte, ist jedoch noch nicht beim Ergebnis angelangt, als die Glocke das Ende der Stunde ankündigt. Sein Banknachbar Yasin sagt, er habe das Resultat, an die Tafel will er aber nicht. Yasin ist 18 und hat den Realschulabschluss. Klar will er nächstes Jahr in die Elfte. "Dafür bin ich doch hier. Ich will Abi machen", sagt er.

Nicht alle werden dieses Ziel erreichen, einige werden vielleicht die Zehnte wiederholen, ein paar vielleicht auch ein Jahr zwischenschieben, um ganz intensiv Deutsch oder Englisch zu lernen. Eigentlich wird Wurzelrechnen in der Zehnten vorausgesetzt, sagt der Mathe-Lehrer. Er habe jedoch gemerkt, dass es beim Grundwissen Lücken gibt. Was sich ja auch daraus erkläre, dass die Mittelschule ganz andere Inhalte in Mathematik habe als die Realschule oder das Gymnasium. Also habe er eine Einführung in Wurzelrechnen eingeschoben. Davon haben alle profitiert, die einen gelernt, die anderen wiederholt. "Das musste einfach sein", meint der erfahrene Pädagoge. Denn in der Elften ist die Schonzeit vorbei. Dann sitzen die erfolgreichen Absolventen der jetzigen 10U ganz regulär in den Oberstufen-Kursen.

© SZ vom 26.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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