Etterschlag:Servus Piefke!

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Der Wiener Kabarettist Severin Groebner zieht über die Deutschen her - und über die Österreicher.

Patrizia Steipe

Etterschlag"So ist der Wiener, keine Ahnung, aber er kennt sich aus", sagt der Mann, der Wiener ist - und dann traut er sich, mit dieser Einsicht uns Deutschen den Spiegel vorzuhalten. Wagt es, uns zu erzählen, "was sich ein Wiener in Deutschland so denkt". Das kann ja heiter werden! "Servus Piefke" heißt das neue Programm, mit dem Severin Groebner im Alten Wirt in Etterschlag gastierte. Piefke ist dabei die keineswegs freundliche Umschreibung, die Österreicher (vulgo: Schluchtenscheißer) für ihre deutschen Nachbarn haben.

Kabarettist Severin Groebner. Foto: Treybal (Foto: Georgine Treybal)

Groebner hat die Mentalität des Deutschen mehr als zehn Jahre lang intensiv studiert. Der Wiener Kabarettist ist nämlich 1999 nach Deutschland gezogen, obwohl seine "Krise", wie Groebner seinen "inneren Schweinehund" nennt, eindringlich davor gewarnt hatte ("Zu de Piefke? Bist deppert?"). Natürlich werden bei einem solchen Kabarettabend die Klischees bedient, das erwartet das Publikum und das macht Stimmung, aber Groebner dringt tiefer als gemeinhin üblich in das Seelenleben der beiden Nationen - denn auch wenn beide nicht weit voneinander entfernt leben, so hat der Wahldeutsche doch große Unterschiede in der Mentalität festgestellt. Der Slogan "Es gibt immer etwas zu tun" sei für Deutsche etwa "ein süßes Versprechen", in Wien ist es eine gefährliche Drohung. "Wir tun lieber nichts und das nicht gern", so Groebner, der dann in einem staccatoartigem Rap den überzogenen Aktionismus mancher Zeitgenossen herrlich auf die Schippe nimmt. Und auch was die schlechte Laune betrifft, so können die Deutschen noch einiges von den Weltmeistern der schlechten Laune lernen. "Erst wenn sich der Wiener schlecht fühlt, geht's ihm gut", meint er. Überhaupt Gefühle. Während der deutsche Reporter im Krisengebiet nach der "Lage" fragt, möchte der österreichische Kollege etwas über die "Stimmung" wissen.

Natürlich durften ein paar Exkursionen in die unterschiedliche Sprachwelt nicht fehlen. Hier das "Aluweckerl", dort eine "Bierdose", "schiach" ist viel mehr als "hässlich" - fast schon eine generelle Lebenseinstellung und die Warnung an das deutsche Publikum, nie, aber auch gar nie zu versuchen, das Wort "leiwand" (deutsch: vollkrass) auszusprechen. Das guturale "L" brauche schließlich jahrelange Übung, um geschmeidig "aus der Pappn ausse zu flutschen". Wer es doch wagt, dem könnte es schon passieren, dass er ans Riesenrad gehängt wird mit einem Schild um den Hals, auf dem steht: "Ich bin ein blöder Piefke und hab das schöne Wienerisch geschändet."

Am Schluss bleibt eine Frage offen: "Was ist eigentlich deutsch?" Vielleicht die deutsche Küche mit Spezialitäten wie Wiener Schnitzel, die Sprache, das Schwarzbrot, die schnellen Autobahnen oder gar die Schrebergärten? Ein definitives Alleinstellungsmerkmal findet Groebner mit seinen fiktiven Stammtischbrüdern nicht. Doch dann kommt die Erkenntnis: "Vielleicht ist es das Deutscheste überhaupt zu fragen, 'was ist deutsch'?" Tja, wenn dem so wäre, dann wäre der Österreicher Groebner mittlerweile sehr gut in Deutschland integriert.

© SZ vom 17.01.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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