Amphibienschutz:Mehr Kröten für die Frösche

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Die Umfahrung wurde erst im Sommer 2017 eröffnet. Seitdem bleiben immer wieder Springfrösche wie dieser am Beton kleben und vertrocknen. (Foto: Daniela Brombach)

Weßling muss an der Umfahrung nachbessern, damit die Tiere die nächste Wanderung überleben können.

Von Patrizia Steipe, Weßling

Der Amphibienschutz an der Weßlinger Umfahrung hat 800 000 Euro gekostet - trotzdem bleiben Frösche am Beton kleben, trotzdem werden die Krötentunnels überflutet. Die Fachwelt rätselt nach Angaben des Staatlichen Bauamts, warum die nach neuestem Stand der Technik errichtete Anlage ausgerechnet in Weßling nicht funktioniere. "Es gibt keinen Vergleichsfall. Alle unsere anderen Anlagen waren ohne Beanstandung", versicherte Abteilungsleiter Christian Probst, der mit seiner Kollegin Marika Hoyer zum Rapport in den Weßlinger Gemeinderat gekommen war. Wahrscheinlich würden die Probleme an dem besonderen Artenspektrum von Fröschen, Kröten und Molchen liegen, die es so nur in Weßling gebe. Darum muss die Anlage nachgebessert werden.

Die Fachfirmen hätten jedenfalls alle DIN-Normen und Aufträge sachgerecht erfüllt. Es handelt sich also nicht um Pfusch am Bau. Dem Gremium wurden verschiedene Nachbesserungen für die 1,8 Kilometer lange Anlage vorgestellt, damit endlich die geforderten 75 Prozent der Amphibienpopulationen die Wanderung zu den Laichgewässern und zurück schaffen. Weitere schlechte Nachricht: Da die Anlage noch nie funktionierte, zählen die Arbeiten zur Erstherstellung. Als Bauherr muss demnach die Gemeinde für Nachbesserungen zahlen. Aus der Nummer kommt Weßling nicht raus: Eine funktionstüchtige Schutzanlage war vertraglich festgeschrieben und Voraussetzung für die Ortsumfahrung. Sechs Problemfelder hat das Staatliche Bauamt an der Anlage festgestellt - die gleichen, die auch der Bund Naturschutz aufgeführt hat. Die Zusatzkosten haben die Experten nicht beziffert.

"Die Entwässerung ist das zentrale Problem", sagte Hoyer. Drei Amphibiendurchlässe würden nämlich regelmäßig überflutet. Doch nicht alle Amphibien könnten auch schwimmen, so Probst. Das Bauamt habe im vergangenen Jahr schon einiges probiert, um Abhilfe zu schaffen. Doch eine Kiesrigole habe nicht funktioniert, und für einen zwölf Meter tiefen Brunnen habe es keine Wasserrechtsgenehmigung gegeben. Jetzt soll das Wasser erst in einen Einlaufschacht laufen, dann durch eine Leitung auf die andere Straßenseite abgeführt und dort auf einer Wiese großflächig versickern. Sobald die Genehmigung vom Landratsamt da ist, kann begonnen werden. "Im Spätsommer wären wir fertig", sagte Probst.

Damit die kleinen Frösche nicht weiterhin an dem wasserziehenden Beton kleben bleiben, wird derzeit eine Harzschicht aufgetragen. Dafür habe man die warme Jahreszeit abwarten müssen. Vier Kilometer müssen bestrichen werden. "Die Westseite ist schon fertig, die Ostseite nächste Woche", so Probst. Auch die großen Steinblöcke entlang der Hauptwanderroute, die den Hang befestigen sollen, seien für einige Tiere unüberwindbar. Die Steine sollen nun durch einen Betonkeil ersetzt werden. Zudem sollen die Einweiseelemente an den Durchgängen erhöht und Plexiglas gegen den Durchzug installiert werden. "Bis zur nächsten Wanderung haben wir die bauliche Lösung", versprach Probst.

Wie sie all das den Bürgern erklären könnten, war einigen Gemeinderäten indes ein Rätsel. "Seids ihr narrisch, all der Aufwand nur wegen der Froschlurch", hätten ihn die Bürger gefragt, so Günther Wieczorek (SPD). Jetzt sei das Staatliche Bauamt gefordert, über den Stellenwert des Naturschutzes aufzuklären und die Bürger über die geplanten Maßnahmen zu informieren. Schwacher Trost für die Weßlinger: Die Probleme an der Amphibienschutzanlage sollen als Thema für ein Forschungsvorhaben an die Bundesanstalt für Straßenwesen vergeben werden. Damit ein solches Fiasko nicht noch einmal vorkommt.

© SZ vom 28.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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