Volleyball-Bundesliga:Extra ehrgeizig

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Kurz vor dem Saisonhöhepunkt treibt Herrschings Trainer Max Hauser sein Team besonders an. Das Timing scheint zu stimmen: Mit vier Punkten gegen Coburg und Bühl präsentiert sich der Aufsteiger auf Augenhöhe mit den Arrivierten.

Von Julian Ignatowitsch, Herrsching

Der letzte emotionale Ausbruch bei den Herrschinger Volleyballern an diesem Wochenende gehörte Michael Wehl. Als der Mittelblocker Ende des vierten Satzes einen schnellen Angriff erfolgreich mit einem Schmetterball abschloss, war die perfekte Ausbeute von sechs Punkten ganz nah. Nur drei Pünktchen fehlten Herrsching dazu, auch das zweite Match an diesem Doppelspieltag für sich zu entscheiden. Dann leistet sich die Mannschaft aber doch ein paar Fehler zu viel. Wehls Ausbruch half nichts.

Der Aufsteiger musste sich dem TV Bühl nach einer 2:0-Satzführung doch noch mit 2:3 Sätzen (26:24, 25:19, 20:25, 23:25, 8:15) geschlagen geben. Zuvor hatte der TSV am Freitag den bayerischen Konkurrenten aus Coburg in vier Sätzen souverän 3:1 (25:14, 16:25, 25:18, 25:19) besiegt. Vier von sechs möglichen Punkten, damit war Trainer Max Hauser letztlich sehr zufrieden: "Das war unser Ziel, wenn alles optimal läuft. Der Rest interessiert mich nicht." Auch wenn Hauser sich rhetorisch nichts anmerken ließ, der verpasste Überraschungserfolg ärgerte ihn schon ein bisschen. Es wäre der erste Erfolg gegen ein Bundesliga-Team aus der oberen Tabellenhälfte gewesen. Vielleicht der größte Sieg der Vereinsgeschichte in dieser an Superlativen reichen Premieren-Saison in der ersten Liga. Zuletzt hat Herrsching öfters gegen Topklubs gut mitgehalten, aber eben noch nicht gewonnen. Hauser sprach dann auch lieber über die Gesamtsituation: "Meine Aufgabe ist es, die Mannschaft besser zu machen. Wir wollen alle besser werden - und man sieht die Fortschritte."

Gerade die jungen Spieler hat sich Hauser zur Rückrunde vorgeknöpft, wie er verriet. Neben den Außenangreifern Julius Höfer, 22, Daniel Malescha, 20, und Luke Smith, 24, nannte er auch Mittelblocker Wehl, 24, als einen, der besonders im Fokus stehe. "Sie will ich bis zum Saisonende noch einmal extra pushen", sagt Hauser. Um die Jahreswende hatte er der Mannschaft eine kleine Pause gegönnt, der Start 2015 verlief dementsprechend nicht ganz so gut, was unter Berücksichtigung des Spielplans aber einkalkuliert war. Jetzt scheint die Mannschaft rechtzeitig vor dem Saisonfinale und den Pre-Playoffs, in die Herrsching mit Heimrecht starten könnte, in bester Verfassung - und befindet sich plötzlich auch gegen ein Spitzenteam auf Augenhöhe. "Wir trainieren zurzeit sehr viel und sehr gut", meinte Hauser.

Michael Wehl (links), der von sich selbst sagt, er sei in die Bundesliga "mehr so reingerutscht", hat sich an das Niveau im Oberhaus gewöhnt. (Foto: Johannes Simon)

Wehl beschreibt das Gekitzelt-Werden durch den Trainer so: "Er fordert von uns im Training noch mehr und kritisiert auch mehr. Aber das hat er uns vorher schon gesagt, deswegen nehmen wir das als positive Kritik." Hauser hat sich seinen erlesenen Kreis ganz bewusst ausgesucht. Es sind die Perspektivspieler, die bis vor dieser Saison nur wenig bis gar keine Bundesligaerfahrung hatten. Wehl gehört zu Letzteren und erklärt: "Am Anfang war vieles neu, ich wusste vorher nicht, was mich erwartet. Mehr Training, öfter zum Physio, das Drumherum war alles größer, da hatte ich anfangs schon Probleme, mich richtig zu fokussieren." Ohnehin sei er in die Bundesliga "mehr so reingerutscht", plötzlich war Herrsching eben erstklassig. Jetzt hat sich Wehl allmählich eingelebt. Seine Leistung, wie die der Teamkollegen, zeigt das. "Michi hat im Angriff extrem viel dazugelernt", lobt Hauser. Bei Block und Aufschlag gebe es aber noch Luft nach oben, deswegen ist der erfahrene Mittelblocker Roy Friedrich in engen Situationen meist noch erste Wahl.

Das könnte sich ändern. Denn Hauser denkt bei seinen Extraschichten voraus. Er greift sich jetzt diejenigen, die - Smith, dessen Zukunft noch nicht geklärt ist, mal außen vor gelassen - auch in der nächsten Saison sicher weiter in Herrsching spielen werden. Da große Zukäufe aufgrund der begrenzten finanziellen Mittel und trotz eines Sprungs beim Etat eher nicht möglich sind, heißt die Maxime: selbst gestandene Bundesligaspieler formen. "Ich krieg die alle noch zur Bundesligaspitze", sagt Hauser selbstbewusst. "Das ist das Ziel."

Mit der Rolle des geschlagenen Underdogs wollen sie sich in Herrsching nicht auf ewig zufrieden geben.

© SZ vom 02.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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