Volleyball-Bundesliga:Belohnung am Bodensee

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Die Alpenvolleys Unterhaching erreichen mit einem 3:1-Sieg in Düren das Halbfinale um die deutsche Meisterschaft und treffen nun auf den ungeschlagenen Topfavoriten VfB Friedrichshafen.

Von Katrin Freiburghaus, Unterhaching

Igor Grobelny nahm die Medaille für die Auszeichnung zum wertvollsten Spieler seines Teams routiniert entgegen. Der Belgier hat Übung darin, kein anderer in der Liga bekam sie während der Hauptrunde öfter verliehen als er. Wesentlich wichtiger als die Medaille war am vergangenen Sonntag allerdings ihre Farbe: Sie glänzte golden, das tut sie nur beim Gewinner-Team. Und das war an diesem Nachmittag kein Synonym für Punkte oder Tabellenplätze, sondern für die Qualifikation für das Halbfinale. Die Tirol Alpenvolleys Haching gewannen ihr entscheidendes drittes Viertelfinal-Spiel in Düren mit einer über weite Strecken beeindruckend souveränen Leistung 3:1 (25:18, 30:28, 20:25, 25:19) und treffen nun auf den national ungeschlagenen VfB Friedrichshafen.

"Realistisch betrachtet wird da wohl eher weniger gehen", sagte Manager Hannes Kronthaler lächelnd, "aber wir haben immer gesagt: Wenn wir da wirklich ankommen, ist uns der Spieltermin egal und auch der Gegner." Mit dem Einzug ins Halbfinale um die deutsche Meisterschaft hat das Team die Erwartungshaltung seiner geistigen Väter Kronthaler und Mihai Paduretu, die Platz fünf als Ziel ausgegeben hatten, bereits übertroffen. Und natürlich handelt es sich dabei den größten Erfolg der Klubhistorie, auch wenn das für sich allein genommen keine Kunst ist, weil es ja noch gar keine Klubhistorie gibt. So gesehen ist der Titel der Alpenvolleys-Vereinshymne "Wir schreiben Geschichte" auch nicht nur als markige Ankündigung zu verstehen; er war zu Saisonbeginn zugleich Auftrag an die Mannschaft, auf dem weißen Blatt der frisch gegründeten österreichisch-deutschen Kooperation etwas zu hinterlassen, worauf der Verein in den kommenden Jahren aufbauen kann.

Hart im Nehmen: Erst knickte Zuspieler Danilo Gelinski um, dann krachte er auf den Schiedsrichtertisch – und blieb beide Male unversehrt. (Foto: Claus Schunk)

Eine Steigerung in der nächsten Saison dürfte nun gar nicht einfach werden, denn die Messlatte liegt schon jetzt hoch. Gegen Düren kam zum Tragen, was das Team von Trainer Stefan Chrtiansky spätestens seit dem Jahreswechsel über ihre spielerische Qualität hinaus auszeichnet: taktische Disziplin und Ruhe als Grundeinstellung. Als die Alpenvolleys Mitte des ersten Satzes aussichtsreich in Führung lagen, stachelte der Coach die Emotionen seinen Spieler nicht weiter an, sondern wies sie sachlich darauf hin, dass der Druck in Block und Angriff ausreichend sei. Auch als das Spiel in der Schlussphase des zweiten Durchgangs mit zwei Satzbällen für Düren und vier für Haching auf der Kippe stand, bewiesen die Gäste mentale Stärke und waren diejenigen, die an den entscheidenden Stellen weniger wild durcheinander rannten.

Während Dürens Leistung stark an den Punktestand gekoppelt war und immer dann einen Ausschlag nach oben zeigte, wenn ein paar Aktionen in Folge gelangen, spielten die Alpenvolleys mit Ausnahme des dritten Satzes vom Spielstand unbeeindruckt. Die Mannschaft hat sich in den vergangenen Monaten eine Art eigenen Kosmos geschaffen, in dem jeder Spieler seine Aufgaben erledigt. Diagonalangreifer Rudy Verhoeff platzierte fast schon gewohnheitsmäßig 20 Bälle im gegnerischen Feld, Grobelny gelangen 18 Punkte. Bei beiden ist noch nicht klar, ob sie im Hauptquartier der Alpenvolleys in Innsbruck bleiben werden. Einzige feststehende Personalie ist bislang Zuspieler Danilo Gelinski, über den Chrtiansky sagte: "Er hat sich unglaublich entwickelt und spielt eine super Saison, zum Glück haben wir die Option."

Gegen Düren fungierte der Brasilianer als eine Art Gegenpol zum klar umrissenen Konzept. Er rettete in der Feldabwehr immer wieder spektakulär und regte sich anschließend ebenso spektakulär auf, wenn seine Kollegen es nicht mehr schafften, den Ball über die Netzkante zu bugsieren. Mitte des ersten Satzes war er auch für den größten Schreckmoment verantwortlich, als er beim Dreierblock auf dem Fuß seines Mitspielers Pedro Frances landete und umknickte. Sein in dieser Saison schon einmal für längere Zeit lädiertes Sprunggelenk blieb aber stabil. Und auch den nächsten Ballwechsel, der nach einer Rettungsaktion mit einem beherzten Rückwärtssprung auf den Schiedsrichtertisch endete, überstand Gelinski unverletzt.

In Friedrichshafen schließt sich für die Alpenvolleys der Kreis: Im ersten Saisonspiel zahlte das wohl übermotivierte Team dort beim 0:3 noch Lehrgeld, im Halbfinale muss es nun nichts mehr beweisen. "Das ist unsere Belohnung für diese Saison", sagte Chrtiansky, "darauf freuen wir uns."

© SZ vom 09.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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