TSV 1860 München:Auf halbem Weg zum Gipfel

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Präsident Robert Reisinger zieht nach einem Jahr im Amt Bilanz: "Wir haben gute Arbeit geleistet", sagt er. Auch die Zusammenarbeit mit dem Investor habe sich verbessert.

Von Johannes Kirchmeier, München

Zwei Sehnsuchtsorte haben die Fans des TSV 1860 München auf der Fußball-Landkarte und beide thronen auf Bergen. Da ist einerseits, klar, das Sechzgerstadion auf Giesings Höhen, das auch ein Jahr nach der Rückkehr der Löwen an Spieltagen noch immer eine freudige Heimkehrerstimmung umgibt, die auf das ganze Viertel abstrahlt. Und dann ist da das Stadion auf dem 285 Meter hohen Betzenberg. Er ist die Heimstätte des 1. FC Kaiserslautern, der ein Sehnsuchtsort für die Löwen wurde ab den 1980er Jahren, als die Fan-Freundschaft mit dem FCK begann. Die jüngeren unter den Sechzigern verbinden mit dem "Betze" die fröhlichsten und mitunter feuchtesten Auswärtsfahrten. Seit Donnerstag ist klar, am ersten Drittliga-Spieltag werden sie dorthin zurückkehren, und zwar zwischen dem 27. und 30. Juli. Das Spiel ist noch nicht exakt terminiert.

Durch das mehr als 49 000 Menschen fassende Fritz-Walter-Stadion wird dann auch ein Hauch Zweitliga-Luft wehen, vor etwas mehr als einem Jahr trafen sich beide Klubs ja noch eine Liga höher, schon damals waren sie für viele zwei schlafende Riesen. "Unsere Fans werden auf jeden Fall in geordneter Mannstärke anreisen. Das ist ja auch ein Stadion, das uns aufnehmen kann", sagt 1860-Präsident Robert Reisinger mit einem Lächeln. Anders als die 18 vorherigen bei der Tour de Bavaria in der Regionalliga, meint er, wozu ja auch die eigenen vier Wände gehören, die nur Raum für 15 000 Zuschauer bieten.

Der Präsident freut sich also auf den Auftakt in der dritten Liga, doch der ist nicht das einzige Thema, das Reisinger, 53, derzeit umtreibt. Er feiert in diesen Wochen sein Einjähriges als Präsident, damit ist er für die Verhältnisse in diesem umtosten Verein schon länger im Amt. Aber er will auch noch etwas bleiben - zumindest bis 2019 ist er gewählt. Am Freitag hat er im Giesinger Bräu Bilanz gezogen, gemeinsam mit seinen Vertretern Hans Sitzberger und Heinz Schmidt. "Von einer Erfolgsgeschichte möchte ich nicht sprechen, aber wir haben gute Arbeit geleistet", sagte er. "Es gab schlechtere Jahre", meinte Schmidt. Der Verein sei nach dem Neustart in der vierten Liga zusammengerückt. Er nähere sich der Rekordmarke von 23 600 Mitgliedern aus dem Jahr 2001 an, als 1860 unter Präsident Karl-Heinz Wildmoser in der ersten Liga spielte.

Um die Mitglieder ging es Reisinger dann auch am Freitag. Es ist Wahlkampfzeit, die Sechziger wählen auf der Versammlung am 22. Juli ihren Verwaltungsrat, jenes Gremium, welches das Trio Reisinger/Sitzberger/Schmidt überwacht - und unter Umständen sogar abberufen kann. "Wir werden keine Wahlempfehlung abgeben", sagten die drei.

Eine Lösung dürfte ihnen freilich nicht schmecken: Mit dem sogenannten "Team Profifußball" um Bernhard Winkler und Thomas Hirschberger trat noch zur Regionalliga-Zeit eine Vereinigung an, die anders als das Präsidium, das einen möglichst schuldenfreien und autarken Verein anstrebt, den Investor Hasan Ismaik wieder mehr einbeziehen will. Nicht ungelegen kommt Reisinger, dass sich der TSV seit der Vorstellung des Teams mittlerweile wieder für den sogenannten "Profifußball" qualifiziert hat, auch wenn das Team Profifußball erst den Fußball in der zweiten Liga und aufwärts als Profifußball bezeichnet. Die Zusammenarbeit von e.V.-Seite mit Ismaik sei im vergangenen halben Jahr besser geworden, betont Reisinger: "Es geht nur im konstruktiven Dialog mit dem Gesellschafter." Wobei der Aufstieg dem konstruktiven Dialog nicht ungelegen kam. Wie er sich entwickelt, wenn 1860 sich gegen Kaiserslautern, Braunschweig, Uerdingen oder Cottbus schwerer tut, wird sich zeigen.

"Wir wollen den Gipfel fest im Blick haben und uns mit akribischer Arbeit voranarbeiten", sagte Reisinger. Daniel Bierofka muss mit seinem neu zusammengestellten und breiteren Kader nicht gleich wieder aufsteigen. Aber "in zwei, drei Jahren wollen wir am Ziel sein." Reisinger meint: in der zweiten Liga. Die Weichen dorthin versucht er gerade zu stellen, führt Gespräche mit dem Stadionvermieter, der Stadt. Am liebsten würden die Löwen auch in Liga zwei in ihrem Sechzgerstadion spielen, auch Holstein Kiel hat ja eine Sondergenehmigung. Reisinger sagt: "Wenn es machbar ist, wollen wir im Grünwalder spielen." Ein neues Stadion verspricht er nicht: "Wir sind der Meinung, dass wir mit Ergebnissen kommen sollten und nicht mit Träumereien." Er weiß: Zweite Liga auf Giesings Höhen - das ist für viele Fans der beste aller Träume.

© SZ vom 07.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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