SpVgg Unterhaching:Mehr Funken als Hoffnung

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Einige Anhänger der SpVgg Unterhaching bannen nach der Niederlage in Dortmund ihre Wut auf Stoff. (Foto: oh)

Sportlich wie finanziell bangt die SpVgg Unterhaching um den Klassenerhalt. Gegen Rostock steht ein gefühltes Auswärtsspiel bevor.

Von Stefan Galler und Christoph Leischwitz

Es war bereits nach Mitternacht, genauer gesagt 1.15 Uhr, als der Unterhachinger Mannschaftsbus am Montagmorgen aus Dortmund zurückkehrte. Die Drittligakicker der SpVgg hatten dort ihr möglicherweise vorentscheidendes Spiel im Abstiegskampf gegen die Borussia-Reserve 0:1 verloren, denkbar unglücklich, weil unmittelbar vor dem einzigen Tor des Tages Pascal Köpke einen Foulelfmeter für die Hachinger verschossen hatte. Als das rot-blaue Gefährt nun auf den Parkplatz am heimischen Sportpark einbog, prangten an den Zäunen hässliche Parolen: "Versager!!!", stand dort etwa.

"Da dürfte klar sein, wie sich Spieler fühlen, wenn sie nach einer langen Fahrt aus dem Bus aussteigen und so etwas sehen", sagt Trainer Claus Schromm mit dem Abstand von ein paar Tagen. Und nimmt sein Team in Schutz: "Die Mannschaft hat eine gute Mentalität, sie gibt nicht auf und geht jedem Ball hinterher. Ich hoffe, dass beim ersten Heimspiel unter meiner Regie der Funke auch wieder vom Platz auf die Tribüne überspringen wird."

Interimstrainer Claus Schromm nimmt sein Team in Schutz. (Foto: imago/osnapix)

Diesen Freitag soll das geschehen, wenn Hansa Rostock in Unterhaching gastiert (19 Uhr). Allerdings ist zu erwarten, dass die Funken vor allem im Nordosten des Stadions sprühen, wo etwa tausend Gäste aus Mecklenburg-Vorpommern stehen werden. "Es ist ein gefühltes Auswärtsspiel, aber es gibt nichts Geileres, als am Freitagabend in dieser Atmosphäre zu spielen", sagt Schromm. Yannic Thiel und Benjamin Schwarz kehren nach Gelb-Rot-Sperren zurück, dafür fehlt Mario Erb, der in Dortmund die Ampelkarte sah.

Abgesehen von der besorgniserregenden sportlichen Krise - die SpVgg liegt drei Punkte hinter dem rettenden 17. Rang auf einem Abstiegsplatz - beschäftigt die Verantwortlichen auch die wirtschaftliche Misere. "Ich gehe weiterhin davon aus, dass ich am 1. Juli in irgendein Büro rein- und einer Aufgabe nachgehe", sagt Schromm, der im Verein schon diverse Aufgaben innehatte, etwa jene des Sportdirektors. Und doch weiß auch er als verantwortungsvoller Familienvater, dass es keine Garantie dafür gibt, dass in Unterhaching von Sommer an mit Fußball noch Geld verdient werden kann: "Wenn irgendwo eine Tür zugeht, geht woanders eine auf", sagt der ehemalige bayerische Verbandstrainer.

Das finanzielle Überleben steht vor dem Sportlichen - das hat Präsident Manfred Schwabl immer gesagt. Und doch ist in der aktuellen Lage der sportliche Klassenerhalt immer noch wahrscheinlicher als der wirtschaftliche, denn die großen Sponsoren fehlen seit Jahren. Einer, der die SpVgg finanziell unterstützt, ist Thomas Eglinski. Der Geschäftsführer des "Deutschen Fußball-Internats" (DFI), einer Privatschule in Bad Aibling, die vor einem knappen Jahr eine sportliche Kooperation mit dem Klub einging, sieht die Lage gelassen. "Unsere Kooperation ist auf Jahre ausgerichtet", sagt er. "Wir werden bedingungslos an dem festhalten, was mit Manfred Schwabl beschlossen wurde" - auch im Falle eines Abstiegs. Die Zusammenarbeit im Jugendbereich sei wertvoll, man wolle gemeinsam eine Identifikation in der Region schaffen. Eglinski geht sogar noch einen Schritt weiter. Mit Blick auf die überaus unglückliche Niederlage in Dortmund sagt er: "Der Herrgott plant hier vielleicht schon mit einem Verein in der Regionalliga." Überhaupt: "Die Profis interessieren mich gar nicht so." Ein Neuanfang im Amateurfußball sei vielleicht nicht das Schlechteste, glaubt Eglinski. "Das ist alles nicht mehr professionell geführt. Es ist zu einer One-man-Show geworden", sagt Eglinski über Schwabl, der dringend Helfer brauche. Eglinski wolle ihm helfen, diese zu finden.

So auch mit dieser eindeutigen Aussage. (Foto: oh)

Weitere Unterstützung durch das DFI wäre wohl auch deshalb vonnöten, weil selbst die Finanzierung für die Regionalliga nicht als gesichert gilt, ein mittlerer sechsstelliger Etat ist in der vierten Liga Standard. Eglinski ist überzeugt, einen Beitrag leisten zu können, obwohl auch das DFI zurzeit keine schwarzen Zahlen schreibe. Auch hier plane man langfristig, sagt der Geschäftsführer. Das DFI in Bad Aibling ist übrigens nicht das erste seiner Art, es gab schon einmal eines, in Marl, Nordrhein-Westfalen. Vor zwei Jahren ging es insolvent, allerdings war Eglinski da schon als Geschäftsführer ausgestiegen. "Ich musste expandieren, wir waren voll", sagt er. Aus privaten Gründen sei es ihm nicht mehr möglich gewesen zu pendeln, also habe er die Leitung in Marl abgegeben.

In Unterhaching ist derweil ein Brief angekommen, vom Deutschen Fußball-Bund. Andere Drittligisten, etwa der nächste Gegner Rostock, vermelden am Donnerstag, dass sie die Lizenz erhalten haben. Frage an den Präsidenten: Ob er auch Post bekommen hat? "Ja. Aber die mach ich nicht auf. Wir konzentrieren uns auf den Klassenerhalt." Schwabl meint den sportlichen.

© SZ vom 17.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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