SpVgg Unterhaching:Lauer Partyschreck

Lesezeit: 3 min

Unbeteiligte Zuschauer: Hachings Orestis Kiomourtzoglou und Stefan Schimmer (v.l.) ignorieren die Paderborner Feierlichkeiten. (Foto: Eibner/imago)

Haching hat dem nun als Aufsteiger in die zweite Liga feststehenden SC Paderborn wenig entgegen zu setzen. Trainer Claus Schromm avanciert an seinem 49. Geburtstag zum ersten Gratulanten.

Von Stefan Galler, Unterhaching

Keine zwei Minuten war das Spiel vorbei, da regnete auch schon die erste Bierdusche auf den Trainer des SC Paderborn herab - Steffen Baumgart wischte sich über die Augen, allerdings ausschließlich, um sich wieder Durchblick zu verschaffen - der frühere Bundesligastürmer zählt nicht zu den Leuten, die im Erfolgsfall vor Rührung in einem Tränenmeer versinken. Auch während der Feierlichkeiten nach dem 3:0 (3:0)-Sieg gegen die SpVgg Unterhaching und dem damit verbundenen vorzeitigen Aufstieg in die zweite Liga behielt der gebürtige Rostocker stets die Contenance. Immerhin erinnerte er in der später stattfindenden Pressekonferenz noch einmal an die Situation vor einem Jahr, als Paderborn nach einem 0:0 in Osnabrück sportlich aus der dritten Liga abgestiegen war. Lediglich die Lizenzverweigerung für den damaligen Zweitligaabsteiger TSV 1860 München rettete Baumgart und seine Mannschaft damals vor dem Gang in die Regionalliga. "Wir wissen, wie schnell es im Fußball gehen kann", sagte Baumgart und wollte die Partie gegen die Hachinger auch gar nicht groß analysieren: "Heute wollen wir nur feiern und genießen."

Das hätte auch Claus Schromm gerne getan, Unterhachings Trainer wurde am Samstag 49 Jahre alt - und avancierte dann unfreiwillig selbst zum Gratulanten: "Ihr habt das absolut verdient. Viel Spaß in der zweiten Liga", rief Schromm den Ost-Westfalen zu. An seine Mannschaft äußerte er einen Geburtstagswunsch: "Dass wir ab jetzt jeden Tag und jede Nacht arbeiten, damit wir eines Tages auch mal so etwas wie die Paderborner hinbekommen."

Der Hachinger Auftritt als Gäste auf der Aufstiegsfeier des SCP gab dazu nicht allzu große Hoffnungen, davon, dass sie eigentlich in die Rolle der Partycrasher schlüpfen wollten, war nicht viel zu sehen. Was einerseits daran lag, dass Schromm auf den kreativen Taktgeber Sascha Bigalke verzichten musste, der kurzfristig wegen eines Magen-Darm-Infekts ausgefallen war. Andererseits aber war vom Start weg bereits erkennbar, wer dieses Spiel wirklich gewinnen wollte. Paderborn übernahm vor 14 000 Zuschauern in der Benteler-Arena sofort die Initiative, schon in der dritten Minute bediente Jamilu Collins Torjäger Sven Michel, dem der Ball an die Hand sprang, ehe er mit einem beherzten Schuss zum 1:0 ins Hachinger Tor traf - Schiedsrichter Pascal Müller gab den irregulären Treffer, die Aufstiegsfeier nahm ihren Lauf.

Die Rot-Blauen, seit Wochen im Niemandsland der Tabelle, taten sich schwer, der Euphorie auf den Rängen und auf dem Platz zu widerstehen, Angriff auf Angriff rollte auf ihr Tor zu. Als es bei einer Hachinger Ecke einmal nach Entlastung aussah, kam der Ball wie ein Bumerang zurück, Marlon Ritter und Michel spielten den verzögerten Doppelpass, SpVgg-Verteidiger Christoph Greger kam im eigenen Strafraum zu spät und grätschte Ritter um - Elfmeter. Sebastian Schonlau ließ Korbinian Müller keine Abwehrmöglichkeit und erhöhte auf 2:0 (27.). Und weil die Gäste in dieser Phase des Spiels überhaupt keinen Zugriff mehr hatten, stand es nur vier Minuten später auch schon 3:0, einen langen Ball von Philipp Klement verwertete Michel perfekt, ließ Greger aussteigen und tunnelte Keeper Müller (31.). Erst jetzt, da die Sache praktisch durch war, traten auch die Gäste in Erscheinung, einen Freistoß von Finn Porath köpfte Jim-Patrick Müller an den linken Pfosten - der frühere Bayern-Torwart Leopold Zingerle im Paderborner Kasten wäre machtlos gewesen (33.).

Nach der Pause bemühte sich Haching weiterhin um den Ehrentreffer, aber viel mehr als einen abgefälschten Schuss von Orestis Kiomourtzoglou, der über den Balken flog, gab es an Torszenen nicht mehr. Näher an einem weiteren Erfolgserlebnis waren dagegen die Gastgeber, einen Freistoß von Ritter fischte Müller sehenswert aus dem Winkel (50.), der 13-Meter-Vollspannschuss von Michel zischte am Tor vorbei (60.) und dann traf abermals Ritter auch noch den rechten Außenpfosten (63.).

Kurz danach schwappte auch schon die Welle der Begeisterung durchs Stadion, später zog Geburtstagskind Schromm sein Fazit: "Paderborn hat sich völlig verdient durchgesetzt, nicht nur am heutigen Tag, sondern in der gesamten Saison." Er wünschte dem Aufsteiger, dass "Ihr aus den Fehlern, die Ihr in den letzten Jahren gemacht habt, einfach lernt". Und er zollte seinem Gegenüber Baumgart, der als Aktiver in 225 Bundesligaspielen für Rostock, Wolfsburg und Cottbus 29 Tore erzielt hatte, ein großes Lob für dessen Engagement: "Wenn einer bei 3:0 in der 85. Minute immer noch coacht und coacht und coacht, dann ist er ein Hundertprozentiger."

© SZ vom 23.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: