Langlauf:Leitwölfin mit Zeitnot

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Bei der Junioren-WM übergab Alexandra Danner als Startläuferin der Staffel an Position drei. Bei den deutschen Nachwuchsmeisterschaften erlief sie einen zweiten und einen dritten Platz. (Foto: Urs Steger/oh)

Alexandra Danner aus Lenggries ist Junioren-Weltmeisterin mit der Staffel. Sie will hart arbeiten, um voranzukommen - allerdings erst nach dem Abitur.

Von Jonas Kraus, Lenggries

Einzig das Wetter passte nicht zum historischen Erfolg der deutschen Langläuferinnen. Nebel verdeckten den Himmel über dem Langlaufstadion im schweizerischen Goms, als Schlussläuferin Anna-Maria Dietze Anfang Februar ausgepumpt die Ziellinie überquerte. Als Erste. Ihren drei Kolleginnen machte das natürlich nichts aus, sie strahlten vor Freude und Stolz, als sie Dietze um den Hals fielen. Als erste Gratulantin kam die Lenggrieserin Alexandra Danner, die als Startläuferin großen Anteil am ersten WM-Sieg einer deutschen Juniorenstaffel seit 1999 hatte.

Ein bisschen nervös sei sie schon gewesen, gibt Danner später zu. Erst zwei Tage vor der WM-Entscheidung hatte sie erfahren, dass sie nicht die Schlussläuferin sein, sondern die 4×3,3-Kilometer-Staffel als Startläuferin anführen sollte - im ungeliebten klassischen Stil. "Wir mussten umstellen, weil eine Läuferin nicht ganz ihre Bestform erreichte", erklärt Eric Schneider, Trainer der Nachwuchslangläuferinnen. Sie hätten dann nach einer neuen Startläuferin gesucht, "einer, die vorangeht und sich nicht beeindrucken lässt". Die Wahl fiel auf Danner. Schneider bezeichnet sie als "Leitwolf". Dass Danner bei ihren vorherigen WM-Starts jeweils stürzte und nur die Plätze 14 und 24 belegte, kümmerte ihn nicht. "Aller guten Dinge sind drei."

Lenggries ist bislang nur für seine Alpinsparte bekannt. "Das soll sich ändern", sagt ihr Vater

Alexandra Danner strotzte also nicht gerade vor Selbstbewusstsein, als sie am 3. Februar an den Start ging. Umso bemerkenswerter war ihre Leistung. Auf die stärkste Läuferin im Feld, Einzelweltmeisterin Polina Nekrasova aus Russland, verlor die 18-Jährige nur knapp 40 Sekunden. Sie übergab auf Position drei, zeitgleich mit der Schweiz. Danach war Zittern angesagt. Celine Mayer und Lisa Lohmann verkürzten den Rückstand auf Russland Stück für Stück, Schlussläuferin Anna-Maria Dietze düpierte dann am letzten Anstieg ihre Konkurrentin Maya Yakunina. "Wir waren voll aus dem Häuschen. Niemand hat mit uns gerechnet", erinnert sich Danner.

Am vergangenen Wochenende hat Alexandra Danner untermauert, dass sie zu den größten deutschen Talenten gehört, bei der deutschen Nachwuchsmeisterschaft in Oberstdorf belegte sie in ihrer Altersklasse die Plätze zwei und drei. Eigentlich erstaunlich: Sie entstammt keinem der deutschen Langlaufzentren, sondern wurde beim SC Lenggries groß, jenem Verein, der für seine alpinen Ski-Asse bekannt ist. Hilde Gerg und Martina Ertl brachten früher weltmeisterlichen Glanz ans Brauneck, heute ist Skicrosserin Heidi Zacher das Aushängeschild. Erfolgreiche Langläufer gab es eher nicht. "Das wird sich ändern", sagt Toni Danner, Alexandras Vater und zweiter Vorsitzender des Skiclubs. "Unsere Langlaufabteilung hat enormen Zuwachs." Bis zu 70 Nachwuchsathleten feilen hier an ihrem Können - genauso viele wie bei den Alpinen. "Früher bin ich natürlich auch Ski gefahren", erinnert sich Danner. Ihre Alpinski stünden noch irgendwo im Keller. "Aber eigentlich sind mir die Skischuhe sowieso zu unbequem", sagt sie lachend. Langlaufen macht ihr mehr Spaß.

"Wir haben in Alex' Generation einige vielversprechende Talente", sagt der Nachwuchsbundestrainer

2006 bestritt sie ihr erstes Nachwuchsrennen, das sie prompt gewann. Seitdem steigert sie ihr Pensum kontinuierlich. Zwischen sieben und neun Trainingseinheiten pro Woche sind normal, "unter der Woche einmal am Tag, am Wochenende auch mal öfter". Dieses Engagement war nötig: Vor der Saison war sie bei der Nominierung für den C-Kader zunächst nicht berücksichtigt worden. "Sie war im klassischen Stil nicht konkurrenzfähig", erklärt Schneider.

Danner arbeitete hart an ihren Defiziten, machte im Sommer mit guten Leistungen auf sich aufmerksam und wurde nachnominiert. "Das ist schon ein riesen Vorteil, die Lehrgänge mit dem DSV bringen mich richtig weiter", weiß sie. Und sie will weiter an ihren Schwächen arbeiten. Während sie über kurze Distanzen beständig gute Leistungen bringt, fehlt für längere Strecken ab und an jedoch die Kondition. Das liegt am aktuellen Zeitmangel. Die vielen Stunden, die es bräuchte, um auch auf der Langdistanz erfolgreich zu sein, kann Alexandra Danner zurzeit nicht aufbringen, ab Mai stehen die Abiturprüfungen an. "Es ist schon ein wenig stressig zurzeit."

Doch der Stress soll sich lohnen. Danner strebt eine Anstellung bei der Bundespolizei an und will dort einen Platz im Spitzensportprogramm. Dann hätte sie die nötigen Voraussetzungen, um sich neuen Zielen zu widmen. "Klar will ich irgendwann in den A-Kader", sagt sie, und natürlich gebe es da auch diesen Traum von Olympia, aber: "Ich mache mir da gar keinen Druck."

Diese Einstellung gefällt auch Schneider, der im Hinblick auf die Heim-WM 2021 in Oberstdorf davon überzeugt ist, dass bald bessere Zeiten für den deutschen Langlaufsport anbrechen. "Wir haben in Alex' Generation einige vielversprechende Talente. Vielleicht war der Staffelsieg genau der richtige Impuls zur rechten Zeit."

© SZ vom 28.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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