Die A-Klasse ist nun wirklich kein Ort für Glanz und Glamour. Hier ist Fußball noch ehrliche Arbeit, frei von Allüren, fernab des großen Medienrummels. Auch in Reichersbeuern (Landkreis Bad Tölz) schätzt man diese angenehme Unaufgeregtheit. Der örtliche Sportklub spielt in der A-Klasse Zugspitze, momentan ist er dort Drittletzter. "Wir haben im Schnitt zwischen 50 und 100 Zuschauer", berichtet Vorstand Sebastian Bartsch. Von der Bundesliga ist man hier ähnlich weit entfernt wie die Münchner Löwen vom Triple. Und doch darf der SC Reichersbeuern an diesem Samstag (15 Uhr) das Flair der großen Fußballbühne schnuppern. Möglich macht das der Bezahlsender Sky.
Die 2200-Einwohner-Gemeinde hat den Zuschlag als Schauplatz für das "Spiel des Lebens" erhalten. Die Veranstaltung, die für Sky vor allem eine kluge Marketing-Aktion ist, gibt kleinen Klubs die Möglichkeit, sich ungeachtet ihres sportlichen Leistungsvermögens für einen Tag wie die Großen des Geschäfts zu fühlen. Ein Team aus 70 Mitarbeitern, 19 Kameras, verkabelte Schiedsrichter und Trainer - Sky spielt in Reichersbeuern die Klaviatur des Profi-Fußballs im Miniatur-Format. Auch personell bietet der Sender seine erste Riege auf. Kommentator Wolff-Christoph Fuss begleitet die A-Klasse-Begegnung des SC Reichersbeuern gegen den benachbarten SV Wackersberg in bewährter "Bist-du-verrückt"-Rhetorik. Zur Verstärkung des Showeffektes verlegt Fuss seinen Arbeitsplatz - ganz bayerisches Klischee - auf einen Traktor. "Das ergibt ein schönes Bild", meint der Kommentator.
Auch ob solcher Aussagen lässt sich leise anzweifeln, ob es Sky beim "Spiel des Lebens" ernsthaft um den Amateurfußball und dessen Akteure geht oder nicht doch nur um die bloße Selbstinszenierung und -vermarktung.
Für die beteiligten Vereine - Gegner Wackersberg wurde vom Verband auserkoren - ist die Partie aber natürlich eine einmalige Sache. Entsprechend groß war die Freude in Reichersbeuern über den Zuschlag. Spieler Alexander Varro, der im Haupterwerb Mediengestalter ist, hatte die Idee, den Verein mit einem humorigen Video für die Online-Abstimmung anzumelden - mit Erfolg. Varro hat seinem Klub damit nicht nur ein großes Erlebnis beschert, sondern auch viel Arbeit.
Ins gemachte Nest kann sich der SC Reichersbeuern nämlich trotz aller Vorbereitungen von Sky nicht setzen. Infrastrukturelle Vorkehrungen musste der Verein selbst treffen. Vorstand Sebastian Bartsch erwartet mehr als 2000 Zuschauer, für derartige Menschenmengen ist die "Dorfarena", wie Fußballplatz in Reichersbeuern etwas ironisch genannt wird, allerdings bei Weitem nicht ausgelegt. Eine provisorische Haupttribüne wird für 1000 Zuschauer Platz bieten. Für weitere Stehplätze habe der Verein improvisiert, erzählt der Vorstand: "Wir haben einen benachbarten Hang, auf dem sonst Kühe weiden, von einem Bauern gemietet." Auch für Parkplätze haben Landwirte Wiesen zur Verfügung gestellt. Das finanzielle Risiko für diese Maßnahmen trägt der Verein selbst. Durch die Zuschauereinnahmen dürften sich die Kosten aber decken, glaubt Bartsch.
Trotz des Aufwandes freut sich auch er auf das größte Ereignis in der Historie des SC Reichersbeuern - nicht weniger ist das "Spiel des Lebens" für den kleinen Dorfverein mit 140 aktiven Mitgliedern. Welche Interessen Sky bei der Ausrichtung dieses Events verfolgt, spielt dabei zunächst keine Rolle. Denn so sehr die Reichersbeurer Spieler die unaufgeregte Idylle der A-Klasse schätzen, eines eint sie mit allen anderen Fußballern: Der Traum, ihre mehr oder minder ausgeprägten Fähigkeiten einmal einem großen Publikum zu präsentieren. Welche seiner Spieler letztendlich diese einmalige Möglichkeit bekommen, dazu schweigt aber SC-Trainer Josef Reiter noch - im Stile eines alten Medienprofis: "Das kann ich jetzt noch nicht verraten.