Fußball:Höhenflug gen Giesing

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Manager Theo Liedl hält dem SV Pullach die Treue und hofft, dass seine Raben demnächst im Grünwalder Stadion Regionalligaspiele austragen

Von Stefan Galler, Pullach

Die Atmosphäre war feierlich, zum Abschluss ihres erfolgreichen Fußballjahres hatten die Spieler die kurzen Hosen gegen edlen Zwirn getauscht. Es kann schon mal emotional werden auf solch einer Weihnachtsfeier, selbst einer wie Theo Liedl, im echten Leben Geschäftsmann und seit vielen Jahren Manager des Bayernliga-Spitzenreiters SV Pullach, dürfte so etwas wie adventliche Rührung gespürt haben, als er ans Rednerpult trat. Dann verkündete er das, was die Kicker und Trainer Frank Schmöller erhofft hatten. "Ich werde mindestens noch ein Jahr dranhängen", sagte der 53 Jahre alte Funktionär, der früher selbst für die Isartaler spielte und schon bald ein Vierteljahrhundert im Verein ist: "Das 24. Jahr mache ich noch und wahrscheinlich auch das 25. Danach sehen wir weiter." Die Belastung im Job werde für den Unternehmer nicht weniger, betonte er. Dazu habe er ja auch eine Familie, die er nicht ständig vernachlässigen könne.

Vorerst bleibt also alles beim Alten - eine gute Nachricht für den Klub von der Gistlstraße, denn nicht nur Coach Schmöller betont bei jeder Gelegenheit, dass die Pullacher Erfolge ohne Liedls Engagement absolut nicht vorstellbar wären. Und der ehemalige Profi hat sein sportliches Schicksal zuletzt mit jenem des Managers verknüpft: Nur wenn Liedl mit voller Kraft weitermache, sei die Erfolgsgeschichte des Sportvereins fortzuschreiben, sagte Schmöller. Und er würde auch nur dann Sinn in seiner Arbeit sehen, wenn genau diese Voraussetzung erfüllt sei. "Uns verbindet eine gute Männerfreundschaft", sagt Liedl über den 50 Jahre alten Fußballlehrer, der einst beim HSV, bei Hertha BSC, in Belgien und schließlich bei der SpVgg Unterhaching spielte. "Frank und ich gehen offen miteinander um, sind eigentlich meistens einer Meinung", so Liedl weiter.

Das betrifft insbesondere die Personalplanung, und in diesem Bereich sind die Pullacher gerade erst wieder tätig geworden: Der 21 Jahre alte Stürmer Lukas Dotzler kommt vom abstiegsbedrohten Regionalligisten TSV Buchbach zu den "Raben". Als "ballsicher" und "für sein Alter sehr erfahren" preist Schmöller den Offensivspieler, der bei der SpVgg Greuther Fürth ausgebildet wurde und anschließend beim FC Amberg und bei Eintracht Bamberg spielte. Bei Buchbach hatte er in der Herbstrunde nur elf Einsätze, strebte deshalb nach einer Veränderung. Ursprünglich war man sich mit dem Spieler einig, dass er erst im Sommer ins Isartal wechseln solle. Doch dann sei alles ganz schnell gegangen. Man habe handeln müssen, sonst wäre Dotzler wohl nicht mehr zu bekommen gewesen, erläutert Schmöller.

Es wird nun munter spekuliert, ob diese Verpflichtung womöglich einen Weggang von Torjäger Chaka Menelik Ngu'Ewodo nach sich ziehen könnte. Dieser hatte seit Saisonbeginn in 21 Spielen 14 Tore erzielt, war zuletzt aber beim Trainer ein wenig in Ungnade gefallen. Beim 1:1 in Schwabmünchen hatte sich der 21 Jahre alte Stürmer zu zwei Frustfouls hinreißen lassen und die gelb-rote Karte gesehen, was Schmöller auf die Palme brachte. Prompt wurde Ngu'Ewodo in den folgenden drei Partien nur noch eingewechselt, zuletzt gegen Sonthofen fehlte er komplett im Kader. Trotz dieser Indizien, die auf einen Transfer im Winter hindeuten, will Manager Liedl keine voreiligen Schlüsse zulassen: "Wir hoffen, dass alle Spieler bleiben, wir wollen schließlich unbedingt Bayernligameister werden." Und doch spricht der Manager kein Wechselverbot aus: "Chaka ist jetzt vier Wochen im Thailand-Urlaub, danach sehen wir weiter." Schließlich habe der Spieler zuletzt kein Hehl daraus gemacht, dass er eine obere Liga anstrebt. "Sein Ziel ist die Regionalliga oder noch höher", sagt Liedl. "Aber bisher hat sich kein Verein bei mir gemeldet, der ihn will."

Und noch ist ja auch nicht völlig ausgeschlossen, dass der Mittelstürmer die nächsthöhere Liga sogar mit dem SV Pullach erreichen kann: Liedl hat bei der Stadt München beantragt, dass der Verein im Falle der sportlichen Qualifikation für die vierthöchste Spielklasse seine Heimspiele von Sommer an im Grünwalder Stadion austragen darf. In den Reihen der Konkurrenz hatte mancher gemutmaßt, das sei nur ein Täuschungsmanöver, um die Mannschaft bei Laune zu halten und Motivationsprobleme im Keim zu ersticken.

Doch Liedl widerspricht entschieden: "Wir haben jedem Spieler vor der Saison gesagt, dass es unter normalen Bedingungen für uns nur um den Bayernligatitel und nicht um den Aufstieg geht. Und alle haben das akzeptiert." Die bisherigen Leistungen der Mannschaft, die nach 22 Partien noch immer ungeschlagen ist und die Tabelle souverän anführt, zeigten, dass eine zusätzliche Motivation gar nicht nötig sei. Liedl rechnet sich allerdings offenbar durchaus Chancen aus, dass es klappt mit der Ausweichstätte, schließlich bezieht der FC Bayern im Sommer sein neues Nachwuchsleistungszentrum im Münchner Norden, wo auch ein kleines Stadion entstehen soll.

Gut möglich also, dass einzelne FCB-Vertretungen, seien es die U-19-Junioren, die Amateure oder die Bundesligafrauen, demnächst nicht mehr auf Giesings Höhen antreten und dadurch Spielzeiten dort frei werden. "Wir wissen es nicht, aber einen Versuch ist es wert", sagt Liedl, der allerdings unmissverständlich klar macht, dass es bei dieser einen Initiative auch bleiben wird. "Was anderes werde ich nicht versuchen."

© SZ vom 16.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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