Fußball:Hoch Ivica

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13 Jahre war Ivica Coric Trainer des Kirchheimer SC, den er von der Kreisklasse in die Landesliga führte. Mit Forstinning könnte ihm nun der zweite Aufstieg gelingen. (Foto: Claus Schunk)

Nach zwei Aufstiegen in Serie wollte sich der VfB Forstinning mit Trainer Coric nur in der Bezirksliga festsetzen. Nun ist er Zweiter und braucht neue Ziele

Von Andreas Liebmann, Forstinning

Seit etwa eineinhalb Jahren ist im Norden des Landkreises Ebersberg ein ganz besonderes Wetterphänomen zu beobachten. Eine Art Mikroklima, das ein Zeuge wie folgt beschreibt: "Wenn irgendwo im Münchner Osten die Sonne scheint, dann scheint sie über Forstinning." Dieser Zeuge heißt Ivica Coric, er ist Fußballtrainer, und einiges deutet darauf hin, dass er möglicherweise selbst ein Verursacher dieses Mikroklimas ist. Denn solange Coric, 44, noch den Kirchheimer SC trainierte (und das tat er 13 Jahre lang), da schien die Sonne auffallend häufig über Kirchheim. Man könnte von Hoch Ivica reden.

So ganz will diese Sicht der Dinge beim VfB Forstinning niemand teilen. Es gehöre ja ein ganzes Team dazu, betont Coric, alle Spieler arbeiteten sehr gut mit, der ganze Verein. Abteilungsleiter Thomas Herndl betont ebenfalls: "Wir haben seit 16 Jahren auf die Bezirksliga hingearbeitet. Wir sind damals angetreten, um das scheinbar Unmögliche zu schaffen, und wir haben versucht, eine gewisse Nachhaltigkeit reinzubringen." Aber klar, ja, der Trainer sei wohl auch nicht ganz unschuldig am aktuellen Erfolg. Und die Fakten sprechen ja auch für sich. Obwohl Coric selbst von Anfang an darum gebeten hatte, seine Zeit in Kirchheim nicht mit Forstinning zu vergleichen ("Die Bedingungen sind andere, das Umfeld ist anders, auch ich bin anders"), bleibt festzuhalten: Mit dem KSC war Coric von der Kreisklasse bis in die Landesliga aufgestiegen. Und den VfB übernahm er, als dieser mit Hizir Tasci gerade den Wiederaufstieg in die Kreisliga geschafft hatte - und stieg gleich weiter auf. "Dieser Doppelaufstieg war ein Wahnsinn für einen kleinen Landverein wie uns", schwärmt Herndl. Doch was dann kam, macht ihm schon beinahe etwas Angst. Aktuell ist Forstinning nämlich Zweiter, vier Punkte hinter Tabellenführer Moosach, bei einem Spiel weniger. "Wir haben eine gute Jugend, eine gute Anlage, und wir haben unser Saisonziel eigentlich schon erreicht", sagt Herndl. Er wisse, wie es in der Landes- oder Bayernliga zugehe und sei sich jetzt gar nicht so sicher, ob er dort überhaupt hinstrebe.

Coric kann solche Gedanken schwer äußern. Natürlich sei die Situation nun eine andere, die Erwartungen seien gestiegen, die Konkurrenz besser auf den VfB eingestellt, und natürlich könne der Siegeszug mit einem schlechten Start aus dem Winter auch schnell vorbei sein. Aber: "Der Klassenerhalt ist geschafft, nun braucht es neue Ziele", sagt er. "Wir werden sicher nichts übers Knie brechen, aber wir sind auch Sportler genug, um dort oben dabeibleiben zu wollen." Mit allem anderen, sagt Coric, würde er sich nur selbst belügen.

Der Kroate hat schon eine lange Trainerkarriere hinter sich. Als 29-Jähriger begann er in Kirchheim, davor war er sieben Jahre lang Jugendtrainer bei der SpVgg Unterhaching. Dort hatte er selbst in der Jugend gespielt, doch früh einen Kreuzbandriss erlitten, nach dem er "nie wieder richtig auf die Beine gekommen" sei. Nach seiner Zeit in Unterhaching habe er eigentlich eine Pause machen wollen, doch dann kam das Angebot aus Kirchheim, und als er dort 2014 zurücktrat, war er 20 Jahre lang ohne Pause als Trainer tätig gewesen. "Ich habe das dann genossen", sagt er, "endlich mehr Zeit für die Familie gehabt". Und er hätte auch gerne länger pausiert, weil es schon eine Zeit lang gedauert habe, um überhaupt Abstand zum Fußball zu gewinnen. Doch dann seien die Anfragen gekommen, "und ich habe mich zum Glück für die richtige entschieden". Der VfB hat mittlerweile drei ehemals große Nachbarn im Landkreis überflügelt, liegt knapp vor dem SC Baldham-Vaterstetten, der in der Bezirksliga-Tabelle mit vier Punkten Rückstand auf Rang drei steht, etwas weiter vor dem TSV Ebersberg (Platz zehn), und ein ganzes Stück vor dem ehemaligen Bayernligisten FC Falke Markt Schwaben, den es in die Kreisliga verschlagen hat. Der aktuelle Erfolg, sagt Coric, "hat sicher auch mit mir zu tun. Ich bin schon stolz darauf und freue mich, dass meine Art auch hier greift".

Herndl staunt, wie schnell und reibungslos seine junge Mannschaft die Ideen des Trainers umsetzte, etwa als der von Vierer- auf Dreierkette umstellte. Coric weiß den breiten, ausgeglichenen Kader beim VfB sehr zu schätzen. "Wir haben 20 hervorragende Akteure, die richtig Vollgas geben. Das Training macht noch mehr Spaß als die Spiele. Und da sind einige Diamanten dabei, die erst noch geschliffen werden."

44 Tore hat Forstinning erzielt, der zweitbeste Wert der Liga, und mit 19 zugleich die wenigsten Gegentore kassiert. "Das ist meine Handschrift", sagt Coric: "Nach hinten verteidigen alle, vorne können dann einige ihre individuelle Klasse ausspielen." Das sind vor allem Max Zander, 25, der gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder Josef vom SV Zamdorf kam und elf Tore erzielte, und Bekim Shabani, 27, der in 15 Einsätzen zehnmal traf. Im Mittelfeld zieht ein ehemaliger Profi die Fäden, der Kroate Hrvoje Plazanic, 26. "Eine Bereicherung, aber auch eine Herausforderung", sagt Coric, denn es sei gar nicht so leicht, jemanden, der von einem deutlich höheren Niveau komme, so einzubinden, dass er dieses Niveau nicht völlig verliere. Andererseits: In einem Klub, über dem fast immer die Sonne scheint, was soll da schiefgehen?

© SZ vom 03.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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