Fußball:Die Gleichung geht auf

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„Nicht nur der gute Onkel“: Xhevat Muriqi weiß, dass in der Bezirksliga der Fußball nicht das Wichtigste ist, aber er fühlt sich wohl in Moosinning. (Foto: Johannes Simon)

In Ismaning wollte man ihn nach 18 Jahren nicht mehr, also ging Cheftrainer Xhevat Muriqi zum Bezirksligisten Moosinning. Und ist dort sehr erfolgreich.

Von Stefan Galler, Moosinning

Irgendwann, das weiß Rupert Lanzinger, da wird diese Serie reißen. "Und dann kommt es darauf an, dass man nicht aus der Spur gerät", sagt der Fußball-Abteilungsleiter des FC Moosinning. Zwölf Siege in Serie hat das Team aus dem Landkreis Erding zuletzt in der Bezirksliga Nord aneinander gereiht - mit dem jüngsten im finalen Hinrundenspiel am Samstag gegen den SV Lohhof (3:1) konnte man sich zumindest schon mal zum Herbstmeister krönen. "Erreicht haben wir damit natürlich noch nichts", sagt Lanzinger. "Aber wenn man vorne dabei ist und merkt, dass man eine Chance hat aufzusteigen, dann will man die natürlich auch nutzen."

Muriqi schaut öfter beim FCI zu - und verkneift sich böse Worte: "Die Zeit dort war wunderschön."

Dass es bei Moosinning so gut läuft, dafür zeichnet einer verantwortlich, der im Sommer einen Abstieg in Kauf nehmen musste, obwohl er in der abgelaufenen Saison eigentlich souverän den Klassenerhalt geschafft hatte: Xhevat Muriqi, Branchenspitzname Jacky, war beim Bayernligisten FC Ismaning vom Hof geschickt worden. Schon im Winter hatte man ihm gesagt, dass man die Verantwortung für die erste Mannschaft jemand anderem übertragen werde. Man bot ihm eine Folgebeschäftigung als Jugendtrainer an, Muriqi schlug das Angebot aus, rettete die Mannschaft, die er im Spieljahr davor in die Bayernliga geführt hatte, vor dem Abstieg und räumte im Mai seinen Spind - nach 18 Jahren als Spieler, Assistenzcoach, Cheftrainer.

Ein bisschen muss er sich schon auf die Lippen beißen, wenn er auf den Abschied vom FC Ismaning angesprochen wird. Dennoch verkneift er sich böse Worte. Nur so viel: "Meine Zeit beim FC Ismaning war wahnsinnig schön, die möchte ich nie missen. Und wenn dann Leute kommen, die meinen, etwas verändern zu müssen, kann man halt nichts machen." Dennoch fahre er immer zu den Ismaninger Heimspielen, wenn es sich zeitlich ausgeht: "Ich habe einen Großteil der Mannschaft selbst geholt, denen schaue ich einfach gerne zu." Mit den Herren aus dem Vorstand müsse er ja kein Bier trinken gehen.

Nun also ist der 43 Jahre alte Übungsleiter für den Bezirksligisten FC Moosinning zuständig, für Muriqi eine deutliche Umstellung, schließlich hatte er es beim FCI praktisch ausschließlich mit ausgezeichnet ausgebildeten Spielern zu tun, eine Reihe von ihnen lernte ihr Handwerk in der Jugend bei Bayern, Sechzig, Haching oder anderen Profivereinen. "Der Unterschied ist schon da", sagt der gebürtige Albaner, der seit Mitte der Neunzigerjahre im Raum München lebt. Bei Ismaning sei es selten Thema gewesen, "wie man den Ball annimmt oder wohin man laufen soll", sagt Muriqi. Dass solche Dinge in Moosinning thematisiert werden müssen, stört den Coach allerdings überhaupt nicht: "Man muss vielleicht ein bisschen geduldiger sein, aber das ist kein Problem, weil die Jungs alle unheimlich fleißig und lernwillig sind." So müsse er die Moosinninger manchmal regelrecht bremsen: "Beim Abschlussspiel im Training betteln sie immer, dass wir noch eine Viertelstunde länger machen und dann noch eine. Das ist ein Zeichen, dass sie wirklich wollen." Aber Muriqi ist nicht bekannt für kesse Töne, deshalb bleibt er trotz der guten Phase zuletzt auf dem Teppich: "Das beste Training hilft nicht, wenn die Ergebnisse ausbleiben. Derzeit läuft es, da ist jeder zufrieden."

Sein Kader sei ausgeglichen besetzt, es gebe keinen Qualitätsverlust, wenn mal einer fehle, sagt Muriqi. Das kommt in der Bezirksliga durchaus vor, etwa wenn Familienväter die Ferien zu Urlaubsreisen nutzen. "Wenn man eine solche Aufgabe annimmt, muss einem bewusst sein, dass in dieser Liga der Fußball nicht das Wichtigste ist", sagt der Coach, der allerdings seinen Leistungsträgern ein gutes Zeugnis ausstellt, was deren fußballerische Qualitäten angeht. So seien Torwart Franz Hornof, die Innenverteidiger Darko Dankic und Johannes Volkmar, der Sechser Hrvoje Plazanic (sieben Saisontore), David Diranko oder auch Kapitän Peter Werndl (bester Vorbereiter) richtig gute Kicker.

Auch Abteilungsleiter Rupert Lanzinger ist froh über seinen Kader, zumal im Sommer ein riesiger Umbruch mit zehn Weg- und zwölf Zugängen stattgefunden habe. Und das dann auch noch mit einem neuen Trainer - die Moosinninger Gleichung hatte jede Menge Unbekannte. Mittlerweile stellt sich mehr und mehr heraus, dass man die richtigen Maßnahmen ergriffen hat. Nachdem das Team aus dem Landkreis Erding schon im Vorjahr lange in der Bezirksliga-Spitze dabei war, hatte der Klub mit Rang drei in der Endabrechnung vorliebnehmen müssen. Er entschied sich, Trainer Daniele Reisinger durch Muriqi zu ersetzen. Nach einer holprigen Vorbereitung und den ersten beiden sieglosen Saisonpartien in Eching und Jetzendorf läuft es nun mehr als rund. "Jacky ist nicht nur der gute Onkel, er kann auch sehr bestimmend sein", sagt Lanzinger. Der 59-Jährige ist von der Art, wie Muriqi die Mannschaft führt, jedenfalls restlos begeistert: "Er macht gute Arbeit und ist ein guter Typ. Es passt rundherum."

© SZ vom 19.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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