Fußball:Der Einzelkämpfer gibt auf

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Umbruch beim Fußball-Bezirksligisten TSV Großhadern

Von Stefan Galler, München

Wer seine Freizeit zu großen Teilen dafür drangibt, sich als Funktionär um alle wichtigen und unwichtigen Belange eines Amateur-Fußballvereins zu kümmern, vereint in der Regel zwei Eigenschaften: Er ist idealistisch und in hohem Maße emotional. Auf Herbert Sammer, den Fußball-Abteilungsleiter des Bezirksligisten TSV Großhadern, trifft beides gleichermaßen zu. Der 63 Jahre alte Unternehmer hat, wie der Volksmund sagt, das Herz am rechten Fleck. Wenn ihm aber etwas über die Hutschnur geht, kann er geradezu reflexartig entscheiden.

So wie im vergangenen Winter, als Sammer dabei war, eine große Benefizveranstaltung für den Mai zu organisieren, die dem "Neuen Hauner", der anvisierten Universitätskinderklinik in Großhadern, zugute kommen sollte. "Da habe ich nicht gespürt, dass mich der Hauptverein in dem Maß unterstützt, wie es nötig gewesen wäre." Dadurch seien auch "Gräben entstanden", sagt Sammer. "Es macht nämlich keinen Spaß, wenn man viel macht und einem keiner hilft."

Und so hat der umtriebige und in der oberbayerischen Fußballszene wohlbekannte Macher beschlossen, im Sommer als Spartenleiter beim TSV aufzuhören, rund vier Jahre nach seinem Amtsantritt. 2011 war er als Nothelfer eingesprungen, damals stand die Abteilung kurz vor der Auflösung. Idealist Sammer ließ sich überreden, wieder Struktur in den Verein zu bringen, er war ja ein alter Bekannter, hatte die TSV-Fußballer schon einmal angeführt. Zwischen 1985 und 1994, damals kletterte der Verein aus dem Münchner Südwesten sogar bis in die Bayernliga, zu dieser Zeit die dritthöchste deutsche Spielklasse. Man maß sich in der Saison 1986/87 mit dem TSV 1860 und der SpVgg Unterhaching , stieg jedoch nach einer Saison wieder ab. "Damals waren die Spieler andere Typen", sagt Sammer und leitet damit zum zweiten Grund über, der ihn nun zu seinem Rücktritt bewogen hat: Das fehlende Engagement der heutigen Amateurfußball-Generation. "Früher wurde gar nicht darüber diskutiert, ob die Spieler während der Saison in Urlaub fahren oder wie oft sie ins Training kommen", sagt der Funktionär. Heute sei es an der Tagesordnung, dass die Kicker ihre Reisen für die Zeit während der Vorbereitung buchen, "das nervt zusehends".

Er wolle dem Verein, der so etwas wie sein sportliches Lebenswerk ist, nicht vollends den Rücken kehren, sondern bleibt dem TSV als Verantwortlicher für Marketing und Sponsoring erhalten. "Ich habe in den letzten drei Jahren viel aufgebaut", sagt Sammer. Rund 40 000 Euro von Sponsoren flössen Jahr für Jahr in die Vereinskasse - dank seiner Kontakte.

Weil sich in den vergangenen Monaten kein Nachfolger finden ließ, wird nun sein bisheriger Stellvertreter Günther Niebler die Sparte leiten. Und der hatte gleich einen Rückschlag zu verkraften: Nachdem sich der Verein bereits mit dem ehemaligen Bayern-Profi Fritz Kloo als neuem Trainer für die kommende Saison einig war, kam es gleich beim ersten Gespräch Nieblers mit dem bisherigen U-19-Trainer des SC Unterpfaffenhofen zum Streit.

Nun einigte sich der Klub mit Jürgen Wolke, 47, einstmals Bayernligafußballer beim TSV 1860 München, auf eine Zusammenarbeit. Der frühere Coach des SV Waldeck-Obermenzing hatte im Sommer 2014 bereits die Saisonvorbereitung der Großhaderner geleitet, weil der damalige Chefcoach Stefan Fäth bei der Fußball-WM in Brasilien weilte.

Als Wolke den Großhadernern zusagte, ging er noch davon aus, künftig Kreisligatrainer zu sein. Sportlich war der TSV nämlich in der Bezirksliga-Abstiegsrelegation gescheitert, allerdings stieß Herbert Sammer auf einen Formfehler des Verbandes. Der hatte während der laufenden Dreierrunde zwischen Großhadern, TSV Waging und dem ESV München plötzlich die Regularien geändert. "Wir wurden dadurch benachteiligt, deshalb habe ich Einspruch eingelegt und Recht bekommen", sagt Sammer.

Und so spielt der TSV weiterhin in der Bezirksliga Süd, allerdings mit einem runderneuerten Kader. Eine ganze Reihe von Leistungsträgern hatte dem Klub im Angesicht des Abstiegs den Rücken gekehrt. "Wir gehen trotzdem davon aus, eine schlagkräftige Truppe zu haben", sagt der scheidende Spartenchef.

Das könnte so sein, denn seine Ziele erreicht Sammer für gewöhnlich, auch wenn er beinahe auf sich alleine gestellt ist. Die Benefizveranstaltung für das "Neue Hauner" im Mai mit der Spider Murphy Gang und Kabarettist Andreas Giebel wurde jedenfalls ein Erfolg. Mehr als 33 000 Euro seien zusammengekommen, verkündet er stolz.

© SZ vom 15.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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