Fußball:Das Zittern geht weiter

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Der abstiegsbedrohte Bayernligist BCF Wolfratshausen vergibt im Relegations-Hinspiel in Landsberg zig Großchancen.

Von Andreas Liebmann, Wolfratshausen

Prima Zeitpunkte wären das gewesen: 45. Minute, fast 700 Zuschauer im Sportpark des TSV Landsberg sehen, wie der 19-jährige Wolfratshauser Gregoire Diep Anlauf nimmt für einen Freistoß. Es gibt einen Knall, der Ball springt vom Lattenkreuz zurück vor die Torlinie.

Oder 93. Minute, noch immer stand es 1:1 in diesem Relegationshinspiel zum Verbleib in der Fußball-Bayernliga: Michael Marinkovic, lange verletzter Stürmer des BCF, bekommt am Fünfmeterraum einen Querpass von Hiroki Kotani, das Tor ist groß und leer, Marinkovic allerdings auch, zumindest konditionell. Er rutscht weg, der Ball kullert vorbei, es bleibt beim 1:1.

"Es ist wie schon die ganze Saison", schimpfte Wolfratshausens Trainer Marco Stier: "Wir haben das Spiel im Griff, haben Chancen ohne Ende, werden gelobt - aber es kommt nichts rüber. So etwas habe ich noch nie erlebt. Das ist so bitter." In der Tat hat Stier eine beachtliche Leidenszeit hinter sich, seit er im August das Amt in Wolfratshausen übernommen hat. Auch damals hatte es ja einen großen Knall gegeben, nicht am Lattenkreuz, sondern im Verein, weil nach einem Kompetenzgerangel mit dem Vorstand Trainer Patrik Peltram samt Assistenten, Sportchef und weiteren Funktionären sowie zig Führungsspielern abtrat. Wolfratshausen war Tabellenletzter, blieb dies auch bis zum Winter, dennoch gelang es Stier, das Chaos zu ordnen. Nach einer Transferoffensive im Winter arbeitete sich das Team fast noch aus der Abstiegszone heraus, schloss auf Rang 15 ab, punktgleich mit dem 14. Landsberg. Mit einer etwas besseren Chancenverwertung, da ist sich Stier sicher, hätte es noch gereicht. Wie nun eben auch in Landsberg. "Du kannst wieder keinem einen Vorwurf machen, musst irgendwie auch stolz sein", resümierte Stier, "wir haben das Tempo hochgehalten - wenn es am Ende 6:2 für uns steht, ist alles in Ordnung. So zitterst du dir im Rückspiel wieder einen zurecht."

Der Japaner Kotani wechselt nach dem Rückspiel zum VfR Garching

Nicht nur Unvermögen im Abschluss, auch eine Menge Pech war im Spiel. "Ein blödes Gegentor" in der zweiten Spielminute, als der Ball unglücklich dem Landsberger Daniel Neuhaus vor die Füße fiel, hatte Mustafa Kantar in der vierten Minute nach einer Diep-Ecke ausgeglichen, in der Folge allerdings tauchten drei Wolfratshauser jeweils allein vor dem Landsberger Torwart auf und scheiterten. "Vier Hundertprozentige" vor der Pause ergänzte Stier um "drei Tausendprozentige" nach dem Seitenwechsel, unter anderem drosch Jona Lehr den Ball frei vor dem Tor weit über die Latte. Und dann gab es eben zwei Treffer von Stürmer Angelo Hauk (Stier: "Wahnsinn, wie stark der war, der läuft 22 Kilometer im Vollsprint"), die der Schiedsrichter nicht gab: In der ersten Hälfte traf er aus fast 30 Metern unter die Latte, doch der Schiedsrichter hatte im vorausgegangenen Laufduell mit TSV-Verteidiger Sebastian Nichelmann ein Foul erkannt. "Dabei ist der zwei Köpfe größer", wunderte sich Stier. Und nach der Pause lief Andrej Skoro fast bis zur Grundlinie, legte quer, Hauk kam angerauscht und grätschte den Ball ins Netz. Die Abseitsentscheidung konnte sich nicht nur Stier nicht erklären.

Der 33-jährige Trainer musste sich mit dem 1:1 arrangieren, zumal sein Team die letzten Minuten nach roter Karte gegen Vincenzo Potenza zu zehnt spielte. Marinkovic kam erst kurz vor Schluss, nach zehn Minuten war er bereits entkräftet. Er hatte einen Muskelbündelriss in Rekordzeit behandeln lassen, nun fehlte die Fitness. Begeistert war Stier vom ballsicheren Japaner Kotani, der erst im Winter kam - und den BCF nach dem Rückspiel (Sa. 16 Uhr) schon wieder verlassen wird. Der 24-Jährige wechselt laut Stier zum Regionalligisten VfR Garching.

© SZ vom 02.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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