Fußball:Bedenkliche Null

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Nach dem torlosen, hässlichen Unentschieden gegen Chemnitz prägt Ratlosigkeit die Stimmung in Unterhaching, das keine Linie in der Offensive findet

Von Christoph Leischwitz, Unterhaching

Dass Markus Schwabl im Sportpark Szenenapplaus bekommt, ist bislang nicht allzu häufig vorgekommen. Wenn es um Kritik aus dem Umfeld geht, ist der Sohn des Präsidenten oft das schwächste Glied der Viererkette: Kapitän Mario Erb ist das personifizierte Selbstvertrauen der SpVgg Unterhaching, Thomas Hagn wird diese Woche gerade mal 20, er darf noch Fehler machen, und Benjamin Schwarz schießt bisweilen spektakuläre Freistoßtore, sie allein sichern ihm schon einen gewissen Grundstock an Popularität. Schwabl aber ist bei Niederlagen oft der Sündenbock, auf der Haupt- und der Südtribüne sowie in Internet-Foren. Immer wenn Unterhaching schlecht spielt, dann sei auch Schwabl schlecht gewesen.

Am vergangenen Freitag war das anders. Das 0:0 gegen den Chemnitzer FC war eine dieser Partien, in der Spieler wie Markus Schwabl noch den meisten Applaus bekommen, weil sie grätschen und Freiräume zulaufen, die die Mitspieler dem Gegner gelassen haben. So war das auch wenige Minuten vor Schluss, als Schwabl einen durchgebrochenen Gegenspieler auf der rechten Abwehrseite überholte, im Grätschen anschoss und so einen Einwurf für das eigene Team herausholte. Diesmal hatte Haching schlecht gespielt - doch Schwabl war selbst in den Augen eingefleischter Kritiker nicht schuld daran.

Das einzige, was der 24-Jährige nach dem Spiel zu sagen hatte, war indes nicht zitierfähig. "Die Null hinten ist das Allerwichtigste für uns jetzt", sagte dafür Torwart Stefan Marinovic, auch er hatte sich nichts zuschulden kommen lassen und einige gute Paraden gezeigt. Verzweifelt versuchten alle Spieler hernach, das Ergebnis schönzureden, und ein Spiel ohne Gegentor war ihnen ja auch seit dem fulminanten 3:0 gegen Dynamo Dresden Anfang November tatsächlich nicht mehr gelungen. Zwar hatte die Abwehr einige Male gewackelt, so musste etwa Alon Abelski in der 41. Minute einen Kopfball nach einer Ecke auf der Linie klären. Doch der Sturm der Chemnitzer mit dem Duo Fink/Löning gilt als einer der gefährlichsten der Liga.

Trotzdem schwang in den Aussagen auch Ratlosigkeit mit. Am deutlichsten bei Stürmer Pascal Köpke: "Wir sind nicht schnell genug nachgeschoben, dann ist es natürlich schwer, weit nach vorne zu kommen", sagte der 19-Jährige, der nach der Winterpause zwangsläufig in die Rolle des nach Heidenheim abgewanderten Andreas Voglsammer geschlüpft ist: Köpke nimmt nun mit dem Rücken zum Tor die langen Bälle an und versucht sie zu verarbeiten.

Das Problem ist nur, dass jetzt weiter vorne kein schneller Köpke mehr lauert, den man anspielen könnte. Selten hielten die Hachinger den Ball länger als 30 Sekunden in ihren Reihen. Und so stand nicht nur hinten, sondern letztlich auch vorne eine Null, dort eine sehr bedenkliche: null echte Torchancen. "Wir haben zu keiner Zeit das gezeigt, was uns ausmacht", sagte Trainer Christian Ziege ungewohnt deutlich. Und stellte noch klar, dass die SpVgg von ihm auf keinen Fall defensiver eingestellt war als sonst, also nicht deshalb so wenig nachgeschoben habe. Ihr habe einfach der Mut gefehlt. "Wir haben uns vorgenommen, Druck zu machen, die schnell zu stellen", sagte Pascal Köpke schulterzuckend. Bezeichnend war, dass er wie einst Voglsammer Freistöße herausholte. Allerdings statt 20 eher 40 Meter vor dem Gäste-Tor.

Die Partie der zahllosen Grätschen wird über die 90 Minuten hinaus Auswirkungen haben. Zwar schien sich Mario Erb nichts Ernstes getan zu haben, obwohl sein Pressschlag aus der 24. Minute bis in die oberste Reihe der Haupttribüne zu hören gewesen war. Doch Benjamin Schwarz wird im Nachholspiel an diesem Dienstag in Großaspach fehlen: Er beendete einen der seltenen Chemnitzer Konter mit einem rüden Foul, nachdem seine Vorderleute ausnahmsweise einmal etwas weiter aufgerückt waren (64.), und sah dafür seine fünfte gelbe Karte. "Es war ein ziemliches Kampfspiel. Kein schönes Spiel, glaube ich", so lautete die Zusammenfassung von Torwart Marinovic. Zumindest er hatte an diesem Abend jede Situation richtig eingeschätzt.

© SZ vom 23.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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