Fußball:Autokorso fällt aus

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Freudentänzer: Fabian Benko (re.) beglückwünscht Julian Green. (Foto: imago)

Bayern II besiegt Schlusslicht Rain, für Euphorie gibt es laut Trainer Vogel keinen Grund

Von Matthias Schmid, München

Julian Green hetzte auf dem schnellsten Wege in die Kabine, als er gegen den TSV Rain in der 77. Minute vom Platz musste. Der Stürmer des FC Bayern II dachte erst gar nicht daran, sich das Spiel auf der Bank weiter anzusehen, obwohl noch 13 Minuten zu spielen waren. Wut über die Auswechslung war allerdings weniger der Grund seines abrupten Abgangs, es war die Kälte, die unter sein Trikot gekrochen war. Green wollte sich am Freitagabend bei Temperaturen um den Gefrierpunkt nicht erkälten. Nach der Partie in der Regionalliga Bayern stand er dann im Bauch des Grünwalder Stadions, es war angenehm warm und Green bester Laune. "Es war sehr wichtig für mich, dass ich heute zwei Tore gemacht habe und der Mannschaft damit helfen konnte", sagte er.

Der US-Nationalspieler, im Sommer von Pep Guardiola in die zweite Mannschaft degradiert, war nicht nur wegen seiner beiden Treffer einer der auffälligsten Spieler beim 3:1-Erfolg gegen den Tabellenletzten gewesen. Er hatte großen Anteil daran, dass die Münchner nach entbehrungsreichen Monaten mal wieder das beseelte Gefühl des Gewinnens kennen lernen durften. Es schien ja fast so, als hätten sie das Siegen verlernt - für einen erfolgsverwöhnten Klub wie den FC Bayern ist das natürlich ein nur schwer zu akzeptierender Zustand. Am 23. Oktober des vergangenen Jahres hatte die Mannschaft von Heiko Vogel ihr letztes Spiel in der vierten Liga gewinnen können (4:1 in Augsburg). Sogar noch länger liegt der letzte Heimsieg zurück, am 4. September besiegten die Bayern Memmingen 2:0. "Wir werden jetzt nicht gleich mit dem Autokorso durch die Stadt fahren", bekannte Vogel hinterher.

Für euphorische Kurzschlusshandlungen gibt es wahrlich keinen Grund. Die Münchner liegen auf dem fünften Platz und haben sich aus dem Wettstreit um den Aufstieg schon wieder verabschiedet. Und trotzdem war Vogel erleichtert: "Ich bin sehr froh darüber, wie sich die Mannschaft diesen Erfolg erarbeitet hat." Er war in der Tat mehr eine Willensleistung als das Resultat von schönem Fußball. Die Münchner ließen sich dabei auch nicht durch das 0:1 des früheren Pipinsrieders Christian Doll (8.) irritieren und kamen schnell zu eigenen Chancen. Doch entweder stand ihnen der Pfosten im Weg wie bei Greens Schuss (11.) oder ihr eigenes Unvermögen. Die Bayern kombinierten sich teilweise kunstvoll durchs Mittelfeld, doch im Strafraum endeten die Spielzüge oft mit einem schlampigen Pass oder einem Anflug von Größenwahn. Zum Bespiel wollte Milos Pantovic ein Zuspiel von Fabian Benko zwei Meter vor dem Tor nicht seriös per Innenrist über die Linie drücken, sondern per Hackentrick (34.). Das misslang und so blieb es zur Pause beim 0:1. "Wir haben in der ersten Hälfte zu kompliziert und wenig entschlossen gespielt", kritisierte Vogel.

Beinahe hätte sich das nach Wiederbeginn fortgesetzt, doch die Münchner hatten Glück, dass Doll nur den Pfosten traf (47.). Statt 0:2 stand es fünf Minuten später 1:1, weil Rains Torhüter Dominik Jozinovic nach einer Ecke von Lucas Scholl am Ball vorbei sprang und dieser so von Greens Kopf unverhofft ins Tor segelte. Mit einem Handelfmeter erhöhte Patrick Weihrauch später auf 2:1 (67.), ehe Green mit einem platzierten Schuss den Schlusspunkt setzte. Geht nun doch noch etwas mit dem Aufstieg? "Wir müssen jetzt nicht nach oben schauen, sondern nur auf uns", sagte der Doppel-Torschütze.

© SZ vom 29.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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