Fußball:Annäherung im Käfig

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Christian Wörns, 45, durchlief die berüchtigte Mannheimer Verteidiger-Schule. In der Bundesliga spielte er für Mannheim, Leverkusen und Dortmund, 66 Mal für den DFB. (Foto: Krieger/imago)

Der ehemalige Nationalspieler Christian Wörns steht vor seinem Debüt als Trainer der Löwen-Reserve. Der 45-Jährige erwartet gleich mal "eine harte Nummer".

Von Christoph Leischwitz, München

Ausgerechnet nach der ersten Arbeitswoche wird der Samstag besonders lang. Auf die Frage, ob er denn mit der U21 zum Spiel fahre oder doch eher mit der U19, sagt Christian Wörns: "Beides." Am Mittag wird der neue Trainer-Allrounder im Nachwuchs des TSV 1860 München mit der zweiten Mannschaft in der Bayernliga beim SV Heimstetten antreten und vor dem Spiel die Ansprache halten. Nach dem Spiel fährt er dann schnell rüber nach Ismaning, wo die A-Jugend um 16 Uhr ein Testspiel gegen den dort ansässigen Liga-Konkurrenten abhält. Die Ansprache vor diesem Spiel wird Wörns aus zeitlichen Gründen nicht schaffen.

Natürlich habe ihn die Aufgabe bei 1860 gereizt:. "Es ist meine Leidenschaft, im Jugendbereich zu arbeiten", sagt der ehemalige Profi, der 2002 mit Borussia Dortmund deutscher Meister wurde. Seit zehn Jahren ist der 45-jährige Mannheimer nun tatsächlich schon im Nachwuchsbereich tätig. Nach seinen Engagements beim VfL Bochum (U17) und Schalke 04 war er in der Saison 2014/15 Coach der U16 bei der SpVgg Unterhaching. In der vergangenen Spielzeit machte er aus der U23 des FC Augsburg ein Spitzenteam in der Regionalliga, nachdem das Team zuvor gegen den Abstieg gespielt hatte. Damals war der heutige Bundesliga-Trainer Manuel Baum noch für den Augsburger Nachwuchs zuständig, er zeigte sich sehr zufrieden mit Wörns' Arbeit. Und die Perspektive schien großartig, denn aus den jüngeren Jahrgängen wären schon bald viele begabte Spieler nachgerückt. Warum Wörns im vergangenen August plötzlich seinen Vertrag in Augsburg auflöste, möchte er nicht im Detail besprechen. Nur so viel: Um sportliche Aspekte sei es bei dieser Entscheidung nicht gegangen.

Jetzt also die Löwen. Man kannte sich schon, weil man sich ja im Jugendbereich sowieso die ganze Zeit über den Weg läuft, aber auch aus dem Käfig auf dem Vereinsgelände, das kleine, eingezäunte Fußballfeld mit kleinen Toren. Wörns spielt dort seit einer Weile einmal pro Woche bei einem Hobbykick mit. Als Sechzigs Nachwuchsleiter Wolfgang Schellenberg ihn fragte, ob er ihm im NLZ helfen könne, sagte Wörns zu. Nicht nur, weil er es jetzt aus seinem Wohnort Grünwald nur fünf Kilometer in die Arbeit hat, sondern weil "bei Sechzig traditionell immer gute Spieler dabei sind". Er wisse, welches Pensum auf ihn zukomme. "Die U21 ist zwar nur eine reine Spielmannschaft", sagt er, es muss für dieses Team also kein zusätzlicher Trainingsplan entworfen werden. Aber Gedanken machen muss man sich schon, zur Grundausrichtung etwa, oder zum Gegner. Außerdem, und daran wird sich mit Wörns im Trainerteam nichts ändern, muss man ja immer erst mal warten, welche Spieler Chefcoach Daniel Bierofka aus dem Regionalliga-Kader abstellt.

Und auch damit ist es noch nicht getan. In einem Nachwuchs-Leistungszentrum muss viel dokumentiert werden, es geht immer auch um den Status, um die Exzellenz-Sterne des DFB. Das beinhaltet alles von Gesprächen mit den Spielern bis hin zu stundenlanger Computerarbeit. In seiner ersten Woche war Wörns immer bis etwa 22 Uhr auf dem Vereinsgelände.

Seine Premiere am Samstag bei Tabellenführer Heimstetten werde "eine harte Nummer"

Die Doppelbelastung U19 und U21 plant Wörns auch erst einmal nur für die laufende Saison. Danach werde man sich wohl noch einmal zusammensetzen. Man kann nur erahnen, was Wolfgang Schellenberg alles zu tun hatte, bevor er Wörns holen durfte, immerhin muss er ganz nebenbei noch das NLZ leiten. Dem Vernehmen nach war es trotzdem harte Arbeit, alle im Verein zu überzeugen, dass zusätzliche Manpower gebraucht wird. Es stehen ja wichtige Ziele an, auch wenn sie offiziell nicht so formuliert werden. Bei der U19 zum Beispiel geht es darum, so schnell wie möglich wieder in die Bundesliga aufzusteigen. In der A-Junioren-Bayernliga ist das Team zurzeit nur Dritter.

Über seine Trainer-Premiere für Sechzig sagt Wörns: "Das wird eine harte Nummer." Die U21 tritt ausgerechnet beim Spitzenreiter SV Heimstetten an, mit einem Schnitt von fast drei Toren pro Spiel offensiv überragend aufgelegt. Die Erwartungshaltung aus dem Umfeld sei ihm für dieses Spiel allerdings "wurscht", sagt Wörns, es gehe doch darum, die Spieler zu entwickeln. "Aber ich bin jetzt auch keiner, der sich hinten rein stellt", sagt der ehemalige Verteidiger. Zumindest nicht als Trainer.

© SZ vom 11.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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