Dritte Liga:Schwabl kämpft ums Überleben der SpVgg Unterhaching

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Blick in eine düstere Zukunft: Präsident Manfred Schwabl (oben) sucht einen neuen Trainer. (Foto: Claus Schunk)

Die SpVgg Unterhaching geht nach dem Rücktritt von Christian Ziege mit Interimstrainer Claus Schromm und vielen Ungewissheiten in die entscheidende Saisonphase. Der Klassenerhalt scheint nur mehr schwer realisierbar, doch Manfred Schwabl gibt sich kämpferisch.

Von Stefan Galler und Christoph Leischwitz, Unterhaching

Ein wenig wirkt Manfred Schwabl in diesen tristen Frühlingstagen wie ein Schachspieler, der immer mehr in die Enge getrieben wird. Er kämpft, er tut, er macht - es geht darum, im Spiel zu bleiben. Und nicht mattgesetzt zu werden, ehe die Zeit auf der Uhr abgelaufen ist.

Man bekommt den Präsidenten der SpVgg Unterhaching nicht leicht an die Strippe, persönliche Treffen sind ebenfalls nur möglich, wenn man früh genug anfragt. Denn Schwabl, 48, ist damit beschäftigt, seinen Verein am Leben zu halten. Wirtschaftlich und neuerdings auch wieder sportlich. Aus den acht Partien nach der Winterpause hat Haching gerade mal fünf von 24 möglichen Punkten geholt. Der Abstand zu den Abstiegsrängen schmolz zuletzt wie ein Schneehaufen im Mai. Das Problem: Es ist erst März, die Saison dauert noch acht Spieltage an, dabei müssen die Rot-Blauen fünfmal in der Fremde antreten - nicht eben ein Vorteil für die zweitschwächste Auswärtsmannschaft der Liga.

Und in diese Phase der immer rasanteren Talfahrt platzt nun der Rücktritt des Cheftrainers. Christian Ziege, 43 Jahre alt, 72 Länderspiele, Europameister 1996, zweimaliger deutscher Meister, kehrt dem Verein den Rücken.

Immerhin: In Claus Schromm konnte Schwabl schnell einen erfahrenen Interimstrainer präsentieren, der als ehemaliger Trainer und aktueller Nachwuchsleiter der SpVgg das Team auch schon kennt. Es ist auch nicht auszuschließen, dass Schromm bis zum Saisonende Trainer bleibt, schon allein aus finanziellen Gründen. Doch Schwabl wird sich weiter umsehen: "Die Ereignisse überschlagen sich momentan, ich werde jetzt ganz in Ruhe überlegen und im Sinne des Vereins mit Claus entscheiden." Einen Schnellschuss tätigen, nur damit einer sagen könne: Wir haben einen neuen Trainer, so etwas interessiere ihn nicht.

Dass es zwischen Schwabl und Ziege einen Streit gegeben hat, dementieren beide Seiten. Doch es gibt einige Indizien, dass sich das gute Verhältnis im Laufe der vergangenen Monate zumindest abgekühlt hat. So reichte Zieges Frau Pia am Mittwoch ihre Kündigung ein, sie hatte sich diese Saison um die Organisation rund um die Profis gekümmert, diese Arbeit aber auch schon seit Wochen ruhen lassen. Schwabl bestätigte auch, dass Zieges Tochter, die in der Geschäftsstelle gearbeitet hat, am 28. Februar ihren letzten Arbeitstag gehabt hat. "Das ist nicht das Richtige für sie gewesen", Aufgaben in der Verwaltung zu übernehmen, so der Präsident.

Christian Ziege (rechts) hat hingeworfen. Ob Alon Abelski weiter für die SpVgg auflaufen wird, ist fraglich - er ist Zieges Schwiegersohn. (Foto: Imago)

Auch sportlich gab es die eine oder andere Meinungsverschiedenheit, zum Beispiel um den Kreativspieler Alon Abelski, Zieges Schwiegersohn. Der 25-Jährige hatte sich auf dem Rasen einige Undiszipliniertheiten geleistet, unter anderem hatte er im Herbst eine unnötige rote Karte gesehen und wegen seiner fünften gelben Karte im wichtigen Spiel gegen Mainz 05 gesperrt gefehlt. Wie tief dieser Streit ging, wird man daran sehen, ob Abelski in den kommenden Wochen weiter spielen wird.

Am Mittwochmittag hatte Ziege das Team noch trainiert, und zwei Stunden später per Kurzmitteilungsdienst WhatsApp seine Entscheidung mitgeteilt. Ziege begründete sie am Donnerstag so: "Ich kann mich nicht mehr da hinstellen und sagen: Wir schaffen das jetzt noch" - dafür habe er zuletzt zu viele Zweifel gehegt. Im Grunde schon seit der Winterpause, als der im Sturm omnipräsente Andreas Voglsammer verkauft wurde. "Der Verkauf war aus finanziellen Gründen vielleicht nötig. Viele Spieler standen bis dahin nicht im Fokus", sagt Ziege. Und es habe sich gezeigt, dass die meisten "noch nicht fertig" seien. Und nein, es habe sich bei seinem Rücktritt am Mittwoch tatsächlich nicht um einen Schnellschuss gehandelt: "Ich habe schon gehört, dass man es mir von außen angemerkt hat, dass etwas nicht in Ordnung ist. Wenn Außenstehende das schon merken, dann ist das wahrscheinlich wirklich der beste Schritt", sagt Ziege. Die Zweifel, den Klassenerhalt noch zu erreichen, hatten bereits seine Stimmung gedrückt.

"Ich war vielleicht nicht so überrascht wie einige andere", sagt Kapitän Mario Erb, der stets in engem Kontakt zu seinem Trainer stand und bemerkt hatte, dass Ziege von mehr als den schlechten Ergebnisse frustriert war. "Aber der Trainer hat auch immer gesagt: Was zurückliegt, liegt zurück. Wir können das ja nicht beeinflussen." Der Rücktritt, die finanzielle Situation, der drohende Punktabzug, "natürlich macht man sich automatisch einen Kopf", so Erb, und merkt an: "Der mögliche Punktabzug ist vielleicht noch das geringste Problem." Denn er habe gehört, es sei noch nicht sicher, dass es wirklich dazu komme. Und so habe man den Klassenerhalt immer noch selbst in der Hand: "Letzte Saison standen wir in dieser Phase auf einem Abstiegsplatz, jetzt nicht", so der Kapitän.

Für die Mannschaft ist der Weggang ihres kumpelhaften Übungsleiters ein Schlag. Wie aus dem Umfeld des Teams zu hören ist, haben große Teile des Kaders die unaufgeregte Art Zieges geschätzt. Die größtenteils jungen Spieler bewunderten den frühen Bayern- und AC-Milan-Profi für seine Erfahrung, zudem kam ihnen das simple taktische Konzept entgegen. Zieges Motto: Fußball sei ein einfaches Spiel, man müsse Lücken finden und reinspielen. Ziege sagt, Claus Schromm habe dank der Länderspielpause nun genug Zeit, die Mannschaft auf neue Ideen zu bringen.

Währenddessen sitzt der Schachspieler Schwabl weiter in seinem Büro und sucht unermüdlich nach neuen Figuren und Strategien. Sein Büro ist dabei stark frequentiert. Am Donnerstagnachmittag zum Beispiel bekam er Besuch von einem prominenten Trainer: Thorsten Fink, zuletzt beim Hamburger SV angestellt.

© SZ vom 27.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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