Dritte Liga:Déjà-vu in der Nachspielzeit

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Hachings Torjäger Stephan Hain trifft in der 92. Minute zum 1:0 gegen Werder Bremen II, das der SpVgg weitere Perspektiven eröffnet.

Von Martin Wallentich, Unterhaching

Dichter Schneefall in Unterhaching, doch unterkühlt ist hier niemand. Es läuft die Nachspielzeit gegen die U23 des SV Werder Bremen, als Stephan Hain an den Ball kommt und buchstäblich in letzter Minute das 1:o für die SpVgg erzielt. Fans, Mitspieler und Betreuer glühen. Aufsteiger Unterhaching geht als Tabellenfünfter mit 34 Punkten in die Winterpause - nur zwei Zähler hinter dem SV Wehen Wiesbaden auf dem Aufstiegs-Relegationsplatz. "Ich bin brutal froh, dass der rein gegangen ist", sagt Hain, der Führende in der Torschützenliste der dritten Liga. Sein 1:0 in der 92. Minute war im 20. Saisonspiel bereits der 14. Treffer für den 29-Jährigen - und irgendwie typisch: "Bis abgepfiffen wird, bleibt nichts unversucht. Natürlich haben wir da auch Glück gehabt, dass mir der Ball vor die Füße springt."

Als es zum Saisonauftakt im Juli in Bremen ein 0:3 gesetzt hatte, rechneten die meisten mit einem harten Kampf um den Klassenerhalt für die SpVgg. Knapp sechs Monate später jubeln die Aufsteiger umso ausgelassener. Als sich gegen die seit September sieglosen Bremer ein torloses Remis abzeichnete, fand ausgerechnet Hain seinen Torinstinkt wieder. Seit seinem Hattrick in Zwickau war der ehemalige Löwe vier Spiele lang ohne persönliches Erfolgserlebnis geblieben, bei der 0:2-Niederlage in Osnabrück avancierte er gar zur tragischen Figur. In der Schlussphase hatte der Stürmer einen Elfmeter vergeben. Doch dieses Erfolgserlebnis holte er am Samstag nach. Sein gefühlvoller Abschluss ins linke Eck sichert Haching drei Punkte.

Anpfiff für den Schiedsrichter: SpVgg-Trainer Claus Schromm wünscht Tim-Julian Skorczyk ein friedliches Fest. (Foto: Claus Schunk)

"Er hat es sich einfach verdient", meinte Vereinspräsident Manfred Schwabl, der auch an Hains zahlreiche Treffer in der Aufstiegssaison erinnerte: "Er hat uns im letzten Jahr ja hinauf geschossen. Wenn es einer zum Schluss des Jahres 2017 noch machen sollte, dann Stephan."

Im Abschluss blieben die Hachinger lange glücklos. Werders tief stehende Viererkette hatte vor allem Probleme mit dem agilen Sascha Bigalke, so auch in Minute 33, als er nach einem Doppelpass Hain in Szene setzte, dieser jedoch an Werder-Torhüter Eric Oelschlägel scheiterte. Die Gäste aus dem Norden verbreiteten zwar kurzfristig Gefahr. Letztlich blieb die SpVgg aber erstmals seit dem Auswärtserfolg in Magdeburg Ende Oktober ohne Gegentor. "Natürlich ist es schön, wenn unser gutes Defensivverhalten dann auch belohnt wird", sagte Trainer Claus Schromm.

Als im Lauf der zweiten Hälfte bereits eine feine Schneeschicht den Platz bedeckte, tauchte eine der im Vorfeld meist diskutierten Personalien erstmals auf: Orestis Kiomourtzoglou, der das Interesse von Werder Bremen geweckt haben soll, kam in der 63. Minute für Thomas Hagn aufs Feld. Fünf Minuten später hätte der 19-Jährige beinahe die Führung erzielt, als er haarscharf an einer scharfen Hereingabe von Stefan Schimmer vorbei rutschte. Szenen wie diese ließen Schromm an der Seitenlinie auf und ab springen. Der Coach gestikulierte, brüllte, nahm für ein paar verzweifelte Augenblicke wieder Platz, nur um seine Mannschaft Sekunden später wieder lautstark anzutreiben. Umso losgelöster freute sich der Trainer dann über den Erfolg: "Wir haben mit viel Vernunft agiert, dementsprechend verdient ist auch der Sieg." Schromm hatte bewusst auf Routine gesetzt: "Bremen ist im Schnitt fünf Jahre jünger als wir. Außerdem wollten wir den Unterschied zum ersten Spieltag zeigen."

„Er hat es sich einfach verdient“: Nach vier Spielen ohne Erfolgserlebnis trifft Torjäger Stephan Hain (rotes Trikot, links) gegen Bremen entscheidend. (Foto: Claus Schunk)

Hains später Siegtreffer beförderte die SpVgg nicht nur in der Tabelle vor Fortuna Köln, er eröffnet Haching auch die Perspektive auf die Aufstiegsplätze. Wehen Wiesbaden hat als Dritter nur zwei Punkte mehr auf dem Konto. Nicht nur deshalb kamen bei manchen Zuschauern Erinnerungen an den Abschluss des vergangenen Jahres auf: Auch damals gegen den FC Bayern II fiel der Siegtreffer in der zweiten Minute der Nachspielzeit, und auch damals hatte Stephan Hain als Vorlagengeber seine Beine im Spiel. Was am Ende jener Saison folgte, war der Aufstieg. Nach diesem Déjà-vu in der letzten Minute erscheint nun auch der Durchmarsch in die zweite Liga nicht mehr unrealistisch für Unterhaching.

© SZ vom 18.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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