Dachau:Stadt schlägt Dorf

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Die Verwirrung vor dem Tor: Die Dachauer Defensive bekommt den Ball nach einer Ecke nicht aus der Gefahrenzone, was Atdhedon Lushi (verdeckt) in dieser Szene zu einem Fallrückzieher nutzt und damit die Führung für die Pipinsrieder erzielt. (Foto: Niels P. Joergensen)

Im Landkreis-Derby setzt sich Gastgeber Dachau gegen Pipinsried durch. Für den möglichen Regionalliga-Aufstieg muss aber sportlich wie finanziell noch viel passieren.

Von Christoph Leischwitz, Dachau

Viel trinken ist ganz besonders wichtig, wenn man einen Krampf verhindern möchte. Oder wenn man gerade überraschend einen bekommt. Insofern meinte es die Betreuerin des TSV 1865 Dachau auch nur gut, als Amar Cekic in der 70. Spielminute auf dem Boden lag und mit schmerzverzerrtem Gesicht das Bein anhob. Die Wasserflasche, die sie in seine Richtung warf, klatschte wenige Zentimeter neben seinem Kopf auf den Rasen, das Publikum raunte, einige lachten. Doch es war ja gerade noch einmal gut gegangen.

Das galt auch für das Derby gegen Pipinsried selbst, in dessen Verlauf wenig Erwartbares geschah. Einen Krampf zum Beispiel hätte man eher von einem Spieler des FC Pipinsried erwartet. Denn die Gäste aus dem Norden des Landkreises hatten von der fünften Minute an in Unterzahl gespielt, und das überaus aufopferungsvoll. Und umsonst: Dachau gewann etwas glücklich 2:1 (0:0), obwohl es bisweilen recht verkrampft zu Werke gegangen war.

Weil sich zehn Pipinsrieder achtbar aus der Affäre gezogen hatten, war die frühe rote Karte hernach umso mehr Thema bei den ambitionierten Hinterländlern. "Da muss man sich als Schiedsrichter schon sehr sicher sein, so früh im Spiel, in einem Derby", fand Pipinsrieds Manager Roman Plesche, und meinte damit, dass sich der Schiedsrichter eigentlich gar nicht sicher gewesen sein konnte. "Zu hundert Prozent" habe Marco Krammel beim Zweikampf auch den Ball berührt, sagt Plesche, der eine gute Sicht auf die Szene hatte. Nach dem Steilpass von Qendrim Beqiri wäre Christian Doll alleine auf Pipinsrieds Torwart Thomas Reichelmayr zugelaufen, Krammel hatte gegrätscht. "Klar der Ball!", rief er nochmals in Richtung Schiedsrichter, da bekam er gerade den Schlüssel für die Umkleidekabine in die Hand gedrückt.

Doch Dachau verpasste es, das Tempo zu erhöhen, damit sich die Pipinsrieder müde laufen. Und ehe sich die 65er eine gute Chance erspielen konnten, lag der Ball auf der anderen Seite im Netz. Der erste Eckball der Gäste brachte Verwirrung am Fünfer, Serge Yohouas Schuss aus kurzer Distanz wurde noch geblockt, dann traf Atdhedon Lushi mit einem Fallrückzieher (19.). "Wir machen ein dreckiges Standardtor, danach haben wir es gut verteidigt in Unterzahl", fand Routinier Sebastian Mitterhuber, der nach 33 Minuten für den angeschlagenen Torschützen ins Spiel gekommen war. Bis zur Pause brachte es Dachau auf drei Distanzschüsse, einer davon streifte gefährlich knapp am Tor vorbei (45.+2).

Die 65er, denen wieder einmal viele Stammspieler fehlten, benötigten ebenfalls eine Ecke, um ins Spiel zu finden. "Das war nicht einstudiert, einfach nur ein Gefühl", sagte Spielertrainer Fabian Lamotte über das 1:1 (52.). Er war im richtigen Moment zum zweiten Pfosten durchgelaufen und hatte den verlängernden Kopfball unter die Latte gesetzt. "Danach haben wir uns sehr gut bewegt, da war es schwer für Pipinsried, alle Räume zu besetzen", sagte Lamotte. Vier Minuten später war das Spiel gedreht, Dominik Schäffer traf frei im Sechzehner per Nachschuss (56.).

"Wir trainieren nur zweimal die Woche, aber selten unter zwei Stunden", erzählte Pipinsrieds ehemaliger Profi Mitterhuber, die Physis der Mannschaft sei trotz der wenigen Einheiten schwer in Ordnung. Deshalb überraschte es ihn keineswegs, dass Pipinsried gegen Spielende noch die Kraft fand, die Gastgeber in die eigene Hälfte zu drücken. Für den verdienten Ausgleich blieben Flanken und Torabschlüsse aber zu ungenau.

1865-Chef Moll schätzt die Kosten für einen Regionalliga-Umbau auf etwa 100 000 Euro

Auffällig war, dass nach dem Spitzenspiel niemand viel zum Thema Aufstieg sagen wollte. "Das kam nicht von mir. Ich habe nie über den Aufstieg geredet", sagte etwa Mitterhuber. Pipinsried hat nun elf Punkte Rückstand auf den direkten Aufstiegsplatz - bei zwei Spielen weniger. Dachaus Kapitän Lamotte sagte zum Gesprächsthema Nummer eins: "Das ist mir alles ein bisschen zu viel."

Vereinschef Wolfgang Moll war redseliger, noch in der Halbzeit hatte auf der Tartanbahn stehend per Stadionmikrofon einen Appell an Stadt und Politik gestartet: Ein Verein von der Größenordnung des TSV könne das nicht alleine schaffen, "da müssen alle mithelfen, sonst ist das nicht zu leisten", sagte er. Die Kosten für die vom Verband geforderten Umbauten schätzte er grob und unverbindlich auf 100 000 Euro. Es ist in jeder Beziehung noch ein weiter Weg bis in die Regionalliga.

© SZ vom 20.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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