Beachvolleyball:Krater im Sand

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Die Grafinger Tim Noack und Yannic Beck haben sich erst dieses Frühjahr gefunden - und spielen erstaunlich reif. Aus dem Stand haben sie sich die Chance auf die deutsche Endrunde erarbeitet

Von Sebastian Winter, Grafing

Yannic Beck ist am Donnerstag schnell nach Trier gefahren, seine Oma feierte ihren 80. Geburtstag. Gut 1000 Kilometer sind das hin und zurück von Schwabing-West, wo Beck wohnt. Am Freitag wollte der 22-Jährige wieder nach München kommen, "auf jeden Fall gestärkt vor dem Turnier". Der Beachvolleyballer Beck meinte das leckere Buffet in Trier, von dem er schlemmen wollte vor dem Masters an diesem Wochenende in Ebersberg.

Beck ist lange Fahrten gewohnt. Seit ein paar Jahren ist er ziemlich professionell im Sand unterwegs, wie drei, vier andere Duos aus der Region auch. Ziemlich professionell heißt im Beachvolleyball: Vier Mal Training pro Woche neben dem Studium; Sponsoren und die Klubs der Spieler übernehmen Reise- und Ausrüstungskosten. Im Idealfall kommen dann noch einige Euro Preisgeld hinzu. Profi können sich nur eine Handvoll Spieler in Deutschland nennen, der Olympiasieg von Jonas Reckermann und Julius Brink 2012 in London hat daran nicht viel geändert. Auch nicht die Übertragungen der deutschen Beachvolleyball-Serie beim Bezahlsender Sky. Aber man merkt schon: Es gibt immer mehr Teams wie die Grafinger Beck und Tim Noack, die in die deutsche Spitze streben.

Der asketisch wirkende Abwehrspieler Beck und der bullige Blocker Noack haben sich erst in dieser Saison neu gefunden, weil ihre bisherigen Partner auch wegen ihres Berufseinstiegs nicht mehr so viel spielen können. Becks einstiger Gefährte Harry Schlegel wohnt in Nürnberg, "da hat es wenig Sinn gemacht ohne gemeinsames Training", sagt der 1,90-Meter-Mann. Seit zwei Jahren studiert Beck Chemie-Ingenieurwesen in München, im Winter spielt er beim Volleyball-Zweitligisten Grafing als Außenangreifer. Der ehemalige Dachauer Noack, der gerade seine Bachelor-Arbeit im Fach Sportwissenschaften schreibt, verbringt seinen Winter beim Drittligisten Freising - als Zuspieler. Das gute Händchen kann der 23-Jährige im Sand gut gebrauchen, seine Pranken helfen ihm aber auch bei der so wichtigen Blockarbeit.

Aus dem Stand hat sich das Duo auf Platz 21 der deutschen Rangliste gearbeitet. Bei den Masters-Turnieren in Dernbach (Rheinland-Pfalz), Wolfenbüttel (Niedersachsen), Heidelberg, Esslingen, Rottenburg und Lohhof landeten sie immer mindestens auf dem Treppchen, viermal gewannen sie - und holten neben ein paar Hundert Euro wichtige überregionale Punkte. Vor zwei Wochen gelang dem Duo in Dresden erstmals der Sprung ins Hauptfeld eines Beach Cups, die erste Liga der Beachvolleyballer. Zwar sprang nur der 13. und damit letzte Platz heraus, dennoch waren die Grafinger nach überstandener Qualifikation und zwei knappen Niederlagen zufrieden. Ganz nebenbei haben sie mehr als 5000 Kilometer zurückgelegt zu den Turnieren. Nach New York ist es nicht viel weiter von München aus.

Nach Ebersberg ist es dagegen ein Katzensprung, dort folgt an diesem Wochenende die Generalprobe für die bayerische Meisterschaft in Augsburg Anfang August. Noack und Beck treffen bei ihrem Heimturnier auf ihre wohl härtesten Rivalen in Bayern, die Herrschinger Benedikt Doranth und Max Hauser, die ein ganz ähnliches Niveau haben. Doranth und Hauser waren schon bei der DM in Timmendorfer Strand, dort würden Noack und Beck gerne irgendwann hin. Die Anlagen dazu haben sie. "Yannic ist ein sehr intelligenter Spieler, der seine mangelnde Größe mit viel Spielwitz kaschiert", sagt Grafings Manager Johannes Oswald. Noack beschreibt seinen Partner so: "Er ist unfassbar schnell. Es ist sehr schwer, gegen ihn einen Shot auf den Sand zu bringen." Auch Beck hat eine dezidierte Meinung, wenn er seinen Partner beschreiben muss: "Im Block ist er sehr mächtig. Und im Angriff haut er meistens Krater ins gegnerische Feld."

Seit Anfang April hatten die beiden ein einziges freies Wochenende, sind im Grafinger Vereinsbus zu Turnieren gefahren und haben meist im Schlafsack in irgendwelchen Sporthallen übernachtet. Kostenlos natürlich, sie müssen noch sparen. Und die DM in Timmendorfer Strand, an der die besten 16 deutschen Duos teilnehmen? Beck sagt, "ich würde nicht absagen, wenn wir reinkommen". Natürlich nicht. Noack will lieber nicht zu viel träumen: "Rein rechnerisch ist die Chance da, aber sie ist schon weit weg." Nicht nur, weil von Schwabing-West nach Timmendorfer Strand 877 Kilometer zu überwinden sind.

BVV Beach Masters in Ebersberg: Samstag 9.30 Uhr, Finale Sonntag 15 Uhr, Klosterbauhof

© SZ vom 04.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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