American Football:Training im Urlaub

Lesezeit: 2 min

Footballerinnen der Rangers und Cowboys auf Lehrgang in USA

Von Christoph Leischwitz, München

Sie hatten keine faire Chance: Es war überraschend oft bewölkt in Tampa, außerdem trugen die vier Frauen die meiste Zeit über ihre Ausrüstung, inklusive Helm. Und so blieb der floridianische Sonnenbrand aus. Doch ansonsten war es in jeder Beziehung ein Urlaub mit nachhaltiger Wirkung. Wobei, Urlaub? Die Reisegruppe hatte zwar Urlaubstage genommen, aber Urlaub sieht vor allem in Florida für gewöhnlich anders aus, denn das Quartett besuchte eine überaus intensive Fortbildung in Sachen Frauen-Football, das in Deutschland noch als Randsport innerhalb einer Randsportart gilt. Die Organisation "USA Football", die auch die amerikanische Nationalmannschaft rekrutiert, macht für ihre Camps regelmäßig Werbung über die sozialen Netzwerke, diesmal kamen rund 150 Frauen aus 15 verschiedenen Ländern - und immerhin vier kamen aus München. Was wiederum nicht einer gewissen Brisanz entbehrte: Zwei kamen vom Football-Bundesligisten Munich Cowboys, und zwei vom Lokalrivalen München Rangers, Letztere spielen aktuell in der zweiten Liga.

Man war sich einig: Zeit für Frotzeleien und für Rivalität darf es nicht geben. "Es hat eindeutig überwogen, dass wir zusammen den Footballsport weiterbringen wollen", sagt Nadine Nurasyiad, Abwehrspielerin bei den Cowboys. Zusammen mit ihrer Teamkollegin Beatrix Stade teilte sie sich sogar mit der Rangers-Spielerin Rea Schmidt ein Hotelzimmer. Und auch die Vierte im Bunde, Sarah Zimmermann, fand an der vorübergehenden Fusion in Florida nur Gutes: "Für mich war es ein Gewinn, mich einfach mal mit dem Lokalkontrahenten austauschen", sagt die 32-Jährige, die normalerweise als Tight End auf dem Feld steht. Zimmermann ist auch Abteilungsleiterin bei den Rangers - und vor knapp drei Jahren von den Cowboys Ladies zum neu gegründeten Rangers-Frauenteam gewechselt. Auch wegen dieser Wechsel waren sie bei den Cowboys über die neue Konkurrenz nicht gerade erfreut. Zimmermann sieht im gemeinsamen Florida-Aufenthalt einen wichtigen Schritt hin zu einem normalen Verhältnis.

Das Training beschrieben alle Spielerinnen als überaus lehrreich. Einige hatten in ihren Untergruppen als Lehrer sogar ehemalige NFL-Profis zugeteilt bekommen, Sarah Zimmermann etwa Fabien Bownes von den Chicago Bears. "Man lernt in den Trainingseinheiten sehr gut seine Schwächen kennen", sagt Zimmermann. Das Training sei deshalb einerseits oft auch richtiggehend frustrierend gewesen: "Aber es macht einen eben auch besser."

Nadine Nurasyiad empfand die Einheiten dagegen fast schon als Luxus: "Bei uns ist es ja nicht so, dass wir wie die Männer positionsbezogenes Training bekommen", sagt sie, dazu seien im Frauen-Football gar nicht genug Trainer da. Deshalb habe sie sich auf ihrer Position im Abwehr-Rückraum nach den wenigen Tagen in Florida noch nie so sicher gefühlt wie jetzt. Gemessen am deutschen Trainingsstandard schätzt sie, dass das Camp sie in ihrer Entwicklung etwa ein Jahr nach vorne geworfen hat. "Die Drills, die wir dort gelernt haben, geben wir auch so an unsere Trainer weiter", sagt Nurasyiad. Peter Podmaniczky, Chefcoach der Rangers Ladies, war auch gleich mitgereist, um sich persönlich vor Ort ein Bild zu machen.

Wie viel das Camp tatsächlich gebracht hat, stellte sich schon am vergangenen Wochenende heraus. Da hatte der deutsche Verband nämlich zum so genannten Tryout nach Berlin geladen, ein Sichtungstraining für die Nationalmannschaft stand an. Sowohl Nurasyiad als auch Rea Schmidt von den Rangers stehen jetzt im Kader für die EM im kommenden August im spanischen Grenada. Solche Nominierungen helfen auch, neue Spielerinnen zu rekrutieren. "Wir fischen da natürlich im selben Teich", sagt Nurasyiad, auf die Konkurrenzsituation angesprochen. Sie ist sich sicher: "Wenn wir in München nur eine Mannschaft hätten, könnten wir wirklich was reißen." So bleibe erst einmal nur die Hoffnung, eines Tages im Dantestadion ein Derby spielen zu können. Und dann auch noch auf diesem Weg voneinander zu lernen.

© SZ vom 24.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: