American Football:Schmerzhafter Auftakt

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Chefcoach Holley spricht von einem verstauchten Knöchel, doch wie lange Quarterback Benjamin Wilkerson (li.) den Cowboys fehlt, ist völlig unklar. (Foto: Claus Schunk)

Die Munich Cowboys verlieren auch ihr zweites Saisonspiel - und beide Quarterbacks. Eine missliche Personallage.

Von Christoph Leischwitz, München

Jari Koperski war gleich in zweifacher Hinsicht ins kalte Wasser geworfen worden am Montag. Das erste oberbayerische Derby zwischen den Munich Cowboys und den Ingolstadt Dukes endete in einem so fürchterlichen Wetter, dass hernach sogar die gestandenen Footballspieler schimpften. Der Regen peitschte von der Seite ins Gesicht, selbst Zuschauer auf der überdachten Tribüne wurden nass.

Für Koperski, den Quarterback der Munich Cowboys, war das Wasser quasi schon mit dem Kickoff ziemlich kalt gewesen. Eine Woche hatte er Zeit gehabt, sich auf dieses gleichermaßen prestigereiche wie sportlich wichtige Bundesligaspiel vorzubereiten, die Spielzüge einzustudieren und sich mental auf diese Aufgabe vorzubereiten, die sicherlich auch schmerzvoll werden würde. Und letztlich spielte Koperski sogar besser, als man das annehmen durfte. Ihm gelang immerhin ein Touchdown-Pass, gleichzeitig warf er präzise genug, dass die Dukes nur einen seiner Pässe abfangen konnten, und das bei diesem Wetter. Das reichte freilich nicht zum Sieg, die Cowboys verloren das Flutlichtspiel beim Aufsteiger, dessen Kader gespickt ist mit ehemaligen Cowboys, 27:45. "Wir haben bis zum Schluss gekämpft", sagt Trainer Garren Holley, der sich auch mit seinem Anführer auf dem Platz zufriedengab.

Eine Woche zuvor, beim Saisonauftakt, war den Munich Cowboys etwas widerfahren, was sogar ihr Verletzungspech in den vergangenen Spielzeiten noch toppte: Im Heimspiel gegen die Saarland Hurricanes (Endstand 14:29) hatte sich nicht nur der Spielmacher Benjamin Wilkerson gegen Ende der Partie verletzt, sondern davor auch schon sein Stellvertreter Julian Zettl. Letzterer spielte gegen die Saarländer als Receiver und zog sich bei einem Zweikampf einen Schlüsselbeinbruch zu, er dürfte bis zum Saisonende im Herbst ausfallen. Bei Wilkerson ist die Sache komplizierter. Chefcoach Holley spricht von einem verstauchten Knöchel. Gleichzeitig könne man im Moment aber nicht sagen, wie lange der amerikanische Zugang noch fehlen werde. Beim Auswärtsspiel in Stuttgart am kommenden Sonntag werde er sicher noch nicht aufs Feld können.

Die Ausfälle sind ein herber Rückschlag, das Ausmaß noch gar nicht abzusehen. In den kommenden Wochen stehen wichtige Partien an, mit Gegnern wie Stuttgart oder Marburg, die zumindest schlagbarer erscheinen als die vermeintlichen Spitzenteams, gegen die man wahrscheinlich auch in Bestbesetzung chancenlos wäre. Cheftrainer Holley jedenfalls ärgert sich über den Spielplan, den der Verband festgelegt hat. Als einziges Team der Südstaffel starten die Cowboys mit fünf Partien innerhalb von vier Wochen. Nach dem Spiel am Montagabend bleibt zudem für das Auswärtsspiel in Stuttgart extrem wenig Zeit zur Vorbereitung. "Und alle anderen Gegner haben schon richtig viel Videomaterial von uns und können sich gut auf uns einstellen", sagt Holley süffisant.

Für eine Neuverpflichtung ist der Zeitpunkt schlecht: Die Besten sind vergeben, der Rest ist teuer

In so einem Fall wäre es legitim, darüber nachzudenken, ob man kurzfristig nicht noch einen zusätzlichen ausländischen Spielmacher holt - zumal die Cowboys seit dieser Saison finanziell ein wenig besser aufgestellt sind als zuvor. Doch es ist ein denkbar schlechter Zeitpunkt: Die besten Spieler, die Interesse haben, nach Europa zu gehen, sind natürlich schon vergeben, bei den anderen ist man in einer schlechten Verhandlungsposition, eine Verpflichtung könnte teuer werden.

Einerseits bekräftigt Holley, Koperski sei ein "schlauer Junge", er werde sich schnell entwickeln. Immerhin spielte der 25-Jährige auch schon einige Jahre für die Feldkirchen Lions in der Regionalliga. Und in der ersten Halbzeit gegen die Dukes zeigte er sein Können auch, fand seine Mitspieler mit Pässen, lief oft selbst, machte wenige Fehler. Zur Pause lagen die Cowboys auch nur 27:28 zurück, dann spielte das schlechte Wetter den besser aufgestellten Ingolstadt Dukes in die Karten. Bei den Cowboys häuften sich anschließend die Fehler, außerdem wussten die Gastgeber die fehlende Variabilität im Angriffsspiel der Münchner Mannschaft auszunutzen. Positiv war allerdings die Abwehrleistung, die Cowboys-Defensive erzielte sogar selbst einen Touchdown, als Zugang Jerry Maluia kurz vor der Pause einen fallen gelassenen Ball in die gegnerische Endzone trug.

Die Lösung für die größten Probleme läge eigentlich ziemlich nah. Bei den Dukes stand nämlich ein Spieler im Kader, den die Cowboys derzeit gut gebrauchen könnten: Keith Hilson. In der vergangenen Saison spielte der Offensiv-Allrounder noch in München und ersetzte in der zweiten Saisonhälfte den schwächelnden Jake Schaefer auf der Spielmacher-Position, erst da konnte sich das Team vom Tabellenende absetzen. Auf der Position des Quarterbacks ist er in Ingolstadt nur der Ersatzmann.

© SZ vom 04.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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