American Football:Negative Konstante

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Ein Pass, zwei Touchdowns: Dennoch reichte es für Quarterback Trenton Miller und die Munich Cowboys nicht zum Sieg in Marburg. (Foto: Claus Schunk)

Auch bei der knappen 30:33-Niederlage in Marburg bringen sich die Munich Cowboys durch unnötige Fouls um ein besseres Ergebnis.

Von Christoph Leischwitz, München

Sebastian Kramer ist als akribischer Arbeiter bekannt. Vor einem Spiel der Munich Cowboys hatte der Passempfänger einmal angekündigt, er werde sich jede Filmaufnahme seines direkten Gegenspielers der Marburg Mercenaries ansehen, um "jede seiner Schwachstellen zu kennen". Nun, knapp zwei Jahre später, führte die Football-Bundesliga GFL die Münchner wieder nach Marburg, und Kramer war offensichtlich gut vorbereitet.

Ihm gelang der erste Touchdown des Spiels, die Cowboys blieben lange in Führung und standen kurz vor Schluss nur Zentimeter vor der gegnerischen Endzone. Mit einem Touchdown und einem Extrapunkt hätten sie anderthalb Minuten vor dem Ende zumindest ein Remis sicher gehabt. Doch dann beging Kramer einen folgenschweren Fehler: Er foulte einen Gegenspieler. Die Cowboys mussten wegen der darauf folgenden Raumstrafe 15 Yards nach hinten, es blieb nur noch die Möglichkeit für ein Field Goal, das Kicker Robert Werner trotz starken Windes zum 30:27 für München verwandelte.

Immerhin: "Wir haben unsere Identität gefunden", sagt Cheftrainer Garren Holley

Den Mercenaries aber gelang noch einmal ein guter Angriff, zehn Sekunden vor Schluss drehten sie die Partie ihrerseits zum 33:30. Und weil sich der Münchner Angriff bei seiner letzten Chance in diesem ausgesprochen spannenden Spiel noch eine Strafe einhandelte, muss man sagen: Die Cowboys hatten sich in Marburg selbst geschlagen, obwohl sie eigentlich ihre Hausaufgaben gemacht hatten.

Die Partie galt für beide Teams als erster echter Gradmesser der Saison. Marburg hatte zwar gegen den bayerischen Aufsteiger Kirchdorf gewonnen. Die 7:63-Niederlage bei den Frankfurt Universe war dafür so traumatisch gewesen, dass sie in Marburg nun davon sprechen, dieses Derby hätte es nie gegeben. Die Cowboys hatten bislang gegen Frankfurt und Schwäbisch Hall verloren, die höchstwahrscheinlich die ersten beiden Plätze unter sich ausmachen. Der Kampf um die restlichen Playoff-Plätze gilt als völlig offen - und die Partie in Marburg bestätigte das.

Immerhin: Der Münchner Angriff kam zum ersten Mal ins Rollen. Noch in der ersten Halbzeit ließ Quarterback Trenton Miller nach seinem Pass auf Kramer zwei weitere Touchdowns folgen, Kai Silbermann und Darrell Lynn Tate II fingen die Bälle für je sechs Punkte. "Wir haben unsere Identität gefunden", sagte Cheftrainer Garren Holley am Tag danach. Umso erfreulicher ist das aus seiner Sicht, weil der Angriff dabei kaum Ballverluste durch abgefangene Pässe oder so genannte Fumbles, wenn einem Akteur der Ball aus den Händen fällt, produziert. "Das war ein großes Ziel für diese Saison: In der Offensive mehr Kontrolle zu haben", so der Trainer.

Nach der Pause aber hatten sich beide Abwehrreihen auf den Gegner eingestellt, im dritten Viertel gelangen überhaupt keine Punkte. Der nervenstarke Cowboys-Kicker Werner erhöhte zu Beginn des Schlussabschnitts auf 27:21. Kurz schien es, als würde Werner den Unterschied machen, zumal Marburg gerade beim Kicken schwächelte: Gleich zweimal misslang ihnen ein Extrapunkt, der aus vergleichsweise kurzer Distanz ausgeführt wird.

"Acht bis zehn Situationen" will Holley gesehen haben, die Marburg im Spiel hielten und den späten Sieg der Gastgeber möglich machten. Darunter eben auch die Strafen gegen Ende der Partie. Es ist die verbleibende negative Konstante: Strafen aufgrund von Undiszipliniertheiten, die das Team im Wortsinn immer wieder zurückwerfen. Auch wenn in Marburg von den Schiedsrichtern deutlich weniger gelbe Flaggen geworfen wurden als noch zu Saisonbeginn - entscheidend waren die Raumverluste trotzdem.

Die Cowboys stehen nun zusammen mit den Stuttgart Scorpions am Tabellenende, nach dem oberbayerischen Derby bei den Ingolstadt Dukes kommt der Tabellenführer Schwäbisch Hall ins Dantestadion. Doch bis Juli würden schrittweise noch einige wichtige Spieler das Team verstärken, darunter nicht weniger als vier starke so genannte Offense Liner, die den Quarterback schützen und ihm mehr Spielraum geben sollen. Dass der Kader bis in die zweite Saisonhälfte, wenn dann die machbaren Heimspiele anstehen, gesund bleibt, bezeichnet Holley deshalb als eines der wichtigsten Ziele. "Bisher ist das so, ich klopfe auf Holz", sagte er. Auch das wäre ein entscheidender Unterschied zur vergangenen Saison.

© SZ vom 22.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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