American Football:Der nächste Chef

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„Wir hier müssen aus wenig viel machen.“ Diese Devise aus seiner College-Zeit in Montreal kann der neue Quarterback Trenton Miller gleich mitnehmen nach München. (Foto: Marc Bourcier/privat)

Die Munich Cowboys haben wieder einen Quarterback aus den USA verpflichtet, Trenton Miller, 23. Nach der beständigen Fluktuation der vergangenen Jahre hofft der Erstligist diesmal auf Kontinuität.

Von Christoph Leischwitz, München

Manchmal ist nicht nur München ein Dorf. Auch Amerika. Als Trenton Miller und Darrell Lynn Tate kürzlich erfuhren, dass sie bald in einem deutschen Team zusammenspielen, stellten sie schnell fest, dass sie beide zurzeit noch in Florida leben, kaum eine halbe Stunde voneinander entfernt. Also trainierten der Quarterback und der Runningback schon ein paarmal gemeinsam, ehe sie jeweils die Reise in die Football-Diaspora antreten.

Dass Tate in der kommenden Saison - das erste Spiel findet am 21. April statt - für den Football-Bundesligisten Munich Cowboys spielen würde, ist schon seit November klar. Auf der Suche nach einem Spielmacher hatten sich die Münchner aber mal wieder etwas schwerer getan, wofür sie allerdings nicht viel konnten: Schon im Januar hatte ein US-Amerikaner mit beachtlicher Vita (Erfahrung auf höchstem College-Niveau) unterschrieben, dann aber wieder abgesagt, erklärt Cowboys-Präsident Werner Maier, weil er doch auf eine professionelle Anstellung in der Heimat hoffte. Dort sei er zwar genommen worden, aber vor ein paar Tagen aus dem Kader geflogen. Dem Liga-Konkurrenten Allgäu Comets sei es übrigens ähnlich ergangen, weiß Maier. Für viele Quarterbacks ist Europa eben nur eine letzte Option.

Im Gegensatz zu den Comets befinden sich die Cowboys schon sehr lange auf der Suche nach einem verlässlichen, wiederkehrenden Chef auf dem Platz. Bei allen anderen Baustellen, die es in einem großen Football-Kader immer wieder gibt, ist dies die entscheidende Position, um nach 2014 endlich mal wieder die Playoffs zu erreichen. In einer Liga, in der sich fast alle Teams stetig verstärken. Die Quarterbacks hießen seitdem Blake Bolles, Ward Udinski, Keith Hilson, Ben Wilkerson und Dylann Rauch. Keiner kehrte zurück. Mal wollten sie das nicht, mal die Cowboys.

Der neueste Neue heißt Trenton Miller. Seine Bewerbungsvideos sind vielversprechend: Ein großer Spieler mit schneller Auffassungsgabe, den so leicht nichts umwirft. Der 23-Jährige spielte zuletzt recht erfolgreich an einer Universität in Montreal, wo er im Herbst sein Studium beendet hat. Dass es dort für College-Football-Verhältnisse beschaulich zuging, hält Maier für ein gutes Zeichen: "Er hat in einem Interview gesagt: Wir hier müssen aus wenig viel machen." Wenn ein Amerikaner nach Deutschland kommt, um Football zu spielen, sei es hilfreich, wenn er nicht zu große Erwartungen mitbringe. Und Millers Verpflichtung könnte sich sogar doppelt auszahlen. Denn der Modellathlet hat mit einem Quarterback-Ausbildungsprogramm begonnen. Das könnte den heimischen Nachwuchs-Cowboys zugutekommen.

Überhaupt: Die Deutschen haben es oft nicht leicht. Runningback Jakob Wenzel zum Beispiel hatte gehofft, die Lücke füllen zu dürfen, die Fabien Gärtner hinterlassen hat - der Europameister und langjährige Cowboy hat seine Karriere aus privaten Gründen beendet. Weil dann aber Tate verpflichtet wurde, sei Wenzel "ein wenig angefressen" gewesen, so Maier. Nun spielt Wenzel für den Konkurrenten Ingolstadt Dukes. Auch einen interessanten deutschen Quarterback hatten die Cowboys verpflichtet. Manuel Engelmann führte zuletzt den Zweitligisten Düsseldorf Panther zu elf Siegen bei zwei Niederlagen. Er ist nach München gezogen. "Er kam eventuell auch als Starter infrage", sagt Maier. Es wäre eine praktische Lösung gewesen, so wäre unverhofft ein weiterer Kaderplatz für einen US-Amerikaner frei geworden. Doch es gab Probleme mit der Zusammenstellung der Offensive Line, jenen Spielern also, die den Quarterback vor körperlichen Angriffen schützen sollen. Zwar wurden in Ryan Phillips und Anthony Black vielversprechende Briten verpflichtet, doch hinter anderen stehen noch Fragezeichen. Die Konstellation wäre riskant geworden - so entschieden sich die Cowboys, doch noch einmal jenseits des Atlantiks zu suchen. Und nun zögert Engelmann offenbar, ob er noch für die Cowboys spielen will.

Trenton wird am 1. März in München landen. Ein Rückflugdatum gibt es auch schon, Mitte Oktober. "Er scheint ein intelligenter Typ zu sein", sagt Maier. Wenn alles so läuft wie erhofft, würde er ihm gerne noch ein paar Flugtickets mehr bezahlen.

© SZ vom 22.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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