Spirituosen:Edelbrand aus Omas Garten

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Auch der bayerische Landwirtschaftsminister Helmut Brunner verkostet die Edelbrände auf dem Viktualienmarkt - hier einen Birnenbrand. (Foto: Catherina Hess)

Schnapsbrenner vertreten auf dem Viktualienmarkt ein ökologisches Anliegen

Von Nico Schwappacher

Aus dem Edelbrand-Glas duftet es nach Omas Garten. Keineswegs riecht die Spirituose nach ordinärem Fusel. Vielmehr lässt der zarte Birnengeruch Bilder der herbstlichen Obsternte am inneren Auge vorbeiziehen. Und tatsächlich stecken in dem Getränk keine Birnen aus Plantagenanbau, importiert aus einem fremden Land, sondern echte Raritäten. Das weiß Christian Stocker, aus dessen Brennerei im Landkreis Rosenheim der Edelbrand stammt. Er trägt den Namen "Kugelbirne aus Lehen", einer Birnensorte, die Stocker selbst benannt hat. Denn: Sie wachse nur noch an einem einzigen Baum, kein Pflanzenkundler kenne sie.

Streuobstwiesen zu erhalten, auf denen alte, vom Aussterben bedrohte Obstsorten wachsen, ist ihm ein Anliegen. Deshalb ist seine Brennerei Teil der vom Bayerischen Landesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten unterstützten Initiative "Bayern Brand - Wir brennen für Bayern!". Deren Mitglieder stellen ihre Spirituosen mit ökologischem Sendungsbewusstsein her. Um auch die Münchner für ihr Anliegen zu gewinnen, präsentieren zehn von ihnen ihre Brände, Geister und Liköre noch bis Samstag auf dem Viktualienmarkt.

"Es freut mich sehr, dass auch junge Menschen wieder den Beruf des Brenners oder des Edelbrand-Sommeliers erlernen möchten", sagt der bayerische Landwirtschaftsminister Helmut Brunner zur Eröffnung am Mittwoch. "Schließlich leisten sie damit nicht nur einen Beitrag zur bayerischen Identität, sondern tragen auch zum Erhalt der Kulturlandschaft Streuobstwiese bei." Diese biete etwa 5000 Tier- und Pflanzenarten Lebensraum.

Dass es in Bayern "riesengroße Streuobstgürtel" gebe, berichtet Mathias Krönert, Fachberater für das Brennereiwesen an der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) im fränkischen Veitshöchheim, die eines der Vorzeigeprojekte der "Bayern Brand"-Initiative koordiniert: Um seltene Streuobstsorten zu erhalten, hat die LWG in Zusammenarbeit mit 16 Brennern aus Franken zusammengearbeitet, um gemeinsam eine Reihe von 26 Bränden aus alten Sorten auf den Markt zu bringen. "So schaffen wir einen Anreiz zur Inwertsetzung der Streuobstwiesen", sagt Krönert. "Der Beruf des Brenners geht nicht am Brennkessel los, sondern bei der Pflege der Wiese."

Das kann Christian Stocker, er führt seine Brennerei in dritter Generation, bestätigen. Es werde immer schwieriger, an alte Sorten zu gelangen. Oft meldeten sich Menschen aus dem Rosenheimer Umland bei ihm, um Obst abzugeben. Ernten müsse er es meist selbst. "Viele Leute pflegen ihre Bäume nicht mehr. Sie rechnen nur noch in Stunden und vergessen dabei alte Grundwerte."

© SZ vom 09.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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