SPD-Antrag zu Radwegen in Haidhausen:Ab auf die Straße

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Der Antrag der SPD in Haidhausen klingt paradox: Die Sozialdemokraten wollen Radwege abbauen, um den Radlern was Gutes zu tun - und finden dafür auch eine Mehrheit.

Thomas Anlauf

Es mutet mittlerweile an wie ein Glaubenskrieg: Wer ist im Straßenverkehr der wahre Böse? Der rücksichtslose Autofahrer, der regelmäßig Radler übersieht? Der rasende Radler, der keine Verkehrsregeln kennt und ungebremst über Straße, Radlerweg und Bürgersteig gleichermaßen brettert? In Teilen der SPD hat man nun mal wieder den Zweiradfahrer als potentielle Gefahr für Alte, Kranke und Kinder entdeckt. In einem paradox wirkenden Antrag fordert die SPD-Fraktion im Bezirksausschuss Haidhausen, ein "Radwegerückbauprogramm" aufzustellen - "mit dem Ziel, den Fuß- und den Radverkehr zu fördern".

Die SPD in Haidhausen will die Radfahrer zurück auf die Straße bringen. (Foto: Catherina Hess)

Radwege abbauen, um den Radlern Gutes zu tun? Tatsächlich gibt es unter Verkehrsexperten seit Jahren die Diskussion, ob der Radverkehr wieder verstärkt zurück auf die Straße verlagert werden und nicht allein den motorisierten Verkehrsteilnehmern überlassen bleiben soll. Radspuren statt Radwege, lautet die Devise. Tatsächlich entstehen derzeit an mehreren Stellen in der Stadt die deutlich markierten Spuren, besonders auf größeren Ausfallstraßen - etwa der Rosenheimer Straße zwischen Gasteig und Rosenheimer Platz. Den Autofahrern wird eine Spur genommen, dafür sind die Radler vom Fußgängerbereich verbannt.

Nina Reitz, Fraktionssprecherin der Haidhauser SPD, hat mit ihrem Vorstoß im Bezirksausschuss jedoch auch Kopfschütteln ausgelöst. Reitz geht es nämlich vor allem um Aufklärung - weil kaum ein Radler wisse, dass es "benutzungspflichtige und nicht benutzungspflichtige Radwege" gibt. Die Pflichtradwege, so doziert Reitz in ihrem Antrag, sind die mit den blauen Verkehrsschildern und dem weißen Radl drauf, die anderen sind einfach nur da. "Wenn dies bekannt wäre, könnten sich langsame Radfahrer auf dem Radweg aufhalten, zügige Radfahrer auf der Straße", so die SPD. Damit würde sichergestellt, "dass Kinder, Hunde, wacklige oder unaufmerksame Fußgänger nicht in Konflikt mit rasenden Ralern geraten".

Der SPD schweben auch schon einige abbauwürdige Radwege vor: etwa in der Steinstraße zwischen Innerer Wiener Straße und Genoveva-Schauer-Platz, der Kirchenstraße und der Wörthstraße zwischen Metzstraße und Metzger- beziehungsweise Steinstraße. Der Plan hätte zur Folge, dass die Radler alle paar hundert Meter vom bisherigen Radweg auf die Straße ausweichen müssen - und das in einem Bereich, wo die Trambahngleise nahe an den Fahrbahnrand reichen.

Warum soll man diese Schutzstreifen für langsamere Verkehrsteilnehmer vernichten?", fragt sich Werner Walter, stellvertretender Ausschussvorsitzender. "Mehr Rücksicht würde auch genügen." Der Grüne im Bezirksausschuss plädiert dafür, "nicht alles zu reglementieren". Damit befindet er sich im Gremium aber in der Minderheit. Nun soll also ein Radwegerückbauprogramm den Weg in Richtung Radlhauptstadt weisen - wenn es nach dem Willen des Ausschusses ginge.

© SZ vom 25.10.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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