Sommerbilanz:Sechs Dinge, die den Münchner Sommer prägten

Der Sommer bescherte den Münchnern nicht nur überdurchschnittlich viele heiße Tage und laue Nächte, sondern auch aufblasbare Liegestühle, schräge Vögel in Rosa und einen Dampfer auf dem Abstellgleis.

Von Christiane Lutz, Franziska Gerlach und Günther Knoll

Blanke Zehen im Großstadtdschungel

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(Foto: Alessandra Schellnegger)

Dieses Gefühl, das sogar schon zum Titel eines Films taugte, mag man sich gar nicht vorstellen: "Barfuß auf Nacktschnecken". Nun, realiter besteht diese Gefahr in Münchens Asphaltdschungel kaum, wenn man sich ohne Schuhe und Strümpfe auf die Straße begibt. Wenn man sich allerdings vorstellt, was da alles vor dem entsprechenden Barfuß-Auftritt schon gelegen haben mag, dann helfen selbst abgehärtete Sohlen nicht. Doch was tut man nicht alles für die Gesundheit und das persönliche Sommer-Freiheitsgefühl. Also raus aus den Bürotretern und mit nackten Zehen mitten hinein in die Großstadt-Wirklichkeit. Barfüßler traten auf im Museum, in der U-Bahn, in Biergärten, rund um Brunnen (aber die zählen nicht als echte). Und in der Fußgängerzone sowieso, obwohl die Schuhindustrie dort in den einschlägigen Läden schon die moderne Hightech-Alternative parat hatte: Barfußschuhe. Die haben glatt das Zeug zum Sommerhit 2018.

Federvieh in Pink

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(Foto: Nila Thiel)

Als der Flamingo schließlich sogar im Schaufenster von Trachten Angermaier das Bein hob, war klar: Das mit dem pinkfarbenen Vogel ist eine ernst zu nehmende Angelegenheit. Ein Glamour-Label wie Gucci und der Flamingo - okay. Aber Trachtenmode mit dem rosa Federvieh zu bewerben, irritiert dann doch. Vergessen die Eule, vergessen das Einhorn, und wie hieß der Eisbär-Nachwuchs in Hellabrunn doch gleich? Der Flamingo begegnet einem heuer nicht nur in jedem zweiten Schaufenster und auf Jutebeuteln, er steckt als Fähnchen im Eisbecher und schippert als überdimensioniertes Schwimmtier über die Seen. Und weil das alles noch nicht reicht, druckte das Münchner Label Monaco Monkey den Stelzenvogel auf Boxershorts. Als Karriereknick lässt sich dieser Abstecher in niedere Gefilde noch lange nicht werten. Vor der Wiesn sollte das Tier die Fliege machen. Denn Wadlwärmer mit Flamingos, die braucht dann doch kein Mensch.

Rocker im Herbst

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(Foto: VINCENT WEST/REUTERS)

Der Sommer ist für Guns N'Roses definitiv vorbei. Für Kiss auch, für Aerosmith eh und selbst die Rolling Stones stecken so tief im Winter ihrer Karriere, dass fast schon wieder März ist. Trotzdem tauchten sie diesen Sommer alle in München auf, die älteren Herren des Rock'n'Roll, und veranstalteten riesige Konzerte im Olympiastadion und auf dem Königsplatz. Als wollten sie in einen Wettstreit treten, wer noch am fittesten ist (Steven Tyler), wessen Haare noch am schönsten sind (Slash), welches Gesicht trotz offensichtlicher Beauty-OPs noch am ungeliftetsten aussieht (Axl Roses definitiv nicht). Dass es bei allen Konzerten spektakulär würde, war klar. So groß die Liebe ihrer Fans, die brav ihre "Use your illusion - Tour 1991-1993"-Shirts herauskramten und sich ordentlich verausgabten zu den alten Hits. Nur der Auftritt der Rolling Stones steht noch aus, die kommen am 12. September. Danach soll aber endgültig Schluss sein.

Abgefüllte Gefühle

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(Foto: Johannes Simon)

Immer, wenn ein Produkt ein bestimmtes "Feeling" vermitteln will, sollte man eigentlich sofort davon Abstand nehmen. Verordnete Feelings fühlen sich nämlich meist gar nicht so an, wie sie sich anfühlen sollen. Ein Strandkorb für das Urlaubsfeeling macht halt doch noch kein Meer, die Lotion mit dem Streichelfeeling riecht einfach schlecht. Die Erfinder der "Eizbach"-Limonade haben sich entschieden, dass ihr Getränk das "Flamingo-Feeling" vermitteln soll. Wie ein Flamingo sich anfühlt, vor allem in Limonadenform getrunken, will natürlich jeder wissen. Anders lässt sich nicht erklären, dass die Eizbach-Limonaden diesen Sommer in sehr, sehr vielen Bars serviert und auch von sehr, sehr vielen Menschen getrunken wurden. Es gibt sie als diverse Cola-Variationen, als Orangen- und Zitronenlimo. "Rosenblüte" schmeckt wie ein ordentlicher Biss in Omas schönste Zuchtrose, benetzt von zwei, drei dicken Flamingotränen.

Schiffbruch im Trockenen

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(Foto: Robert Haas)

Es hätte das Ding des Sommers werden sollen: Musik, Literatur und Drinks auf einem richtigen Schiff! Aber nicht auf einem See, nein, auf einer Eisenbahnbrücke mitten in München. Lässiger geht es eigentlich nicht. Einzig: Nix ist los an Deck, bis heute nicht. Im Februar war die "MS Utting", ein ausrangierter Dampfer, aufwendig aus dem Ammersee gehoben und nach Sendling transportiert worden, wo sie auf einer Brücke abgesetzt wurde. Der neue Kapitän Daniel Hahn war optimistisch. Im Sommer spätestens solle das Schiff eröffnet werden. Dann wurde es still. "Hat dieses Schiff eigentlich schon offen?" fragten Freunde, die sich auf ein Bier treffen wollten. "Nee". Irgendwann fragte keiner mehr, ihr Bier tranken alle halt wieder an der Isar. Handwerkerengpässe und aufwendige Bürokratie sind schuld, dass der Münchner Sommer ohne einen einzigen Sundowner auf der MS Utting zu Ende geht. Wird sie halt das große Sommerding 2018.

Abhängen in heißer Luft

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(Foto: N/A)

Es sieht ganz einfach aus: Rasant das Plastikding von links nach rechts geschwungen, dann flugs oben zugewickelt, schon hat man den bequemsten Liegestuhl der Welt. Der Lamzac, wie dieses Luftmatratzensofa heißt, war eine überfällige Erfindung fürs draußen Abhängen. Denn die Wahrheit ist: Es ist verdammt unbequem, auf einem Handtuch herumzuliegen. Unbequemer wird es noch, wenn man versucht, dabei ein Buch zu lesen. Die Besitzer eines Lamzacs waren da fein raus, zumindest wirkte es immer sehr gemütlich, wie sie an der Isar und im Englischen Garten lümmelten. So einfach ist das mit dem Befüllen allerdings doch nicht. Immer wieder konnte man Gestalten beobachten, die mit ihrem Lamzac hektisch über die Wiese rannten oder ihn ruckartig herumrissen, ohne dass sich irgendwas aufblies. Probelieger beklagten Schwitzattacken, weil der Körper so tief ins Nylon sinke. Gemütlichkeit gibt's halt selbst in München nicht umsonst.

© SZ vom 2. September 2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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