Schwabing:Unter Männern

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Der Bezirksausschuss-Vorsitzende Werner Lederer-Piloty und Christoph Nossol, Regionalleiter Südbayern der Bio-Supermarktkette "Denn's", versuchen in einem offenen Gespräch, den Streit um die Situation vor der Feilitzschstraße 7 bis 9 beizulegen

Von Stefan Mühleisen, Schwabing

Werner Lederer-Piloty hält mit seinem Frust nicht hinterm Berg, im Gegenteil: Er spricht ihn offen aus. "Der Bezirksausschuss fühlt sich von dem Bauträger überlistet", sagt der Vorsitzende des Bürgergremiums. Der Investor, so fährt der SPD-Politiker fort, habe die Öffentlichkeit "gelinkt". Kurzes Schweigen. Christoph Nossol schaut betrübt die Feilitzschstraße entlang, entscheidet sich dann für eine beherzte Antwort. "Wir sind die Mieter und nicht der Investor", stellt er klar und schiebt dann, fast beschwörend, hinterher: "Wir geben unser Bestes, eine gute Rolle im Stadtteil zu spielen."

Die beiden stehen an diesem heißen Spätsommervormittag vor der Feilitzschstraße 7 bis 9, einer Adresse des Argwohns für die Schwabinger. Hier stand die Kult-Kneipe "Schwabinger 7", daneben das Monopol-Kino. Beide galten als Institutionen im Viertel, beide musste dem Neubau namens "Monaco" weichen. Nossol ist der Regionalleiter Südbayern der Bio-Supermarktkette Denn's, die zum großen Unmut des Bezirksausschusses (BA) am 17. September eine Filiale im "Monaco"-Erdgeschoss eröffnet. Nossol will bei diesem Treffen der verärgerten Stadtviertelpolitik die Hand reichen - und sie wird nicht ausgeschlagen. Denn der Denn's-Emissär verspricht, einige Gestaltungsvorschläge des BA-Chefs zu erfüllen sowie die umstrittene Anliefer-Regelung so verträglich wie möglich abzuwickeln.

Die Zahl der Bio-Supermärkte wächst stetig. Zuletzt stieg der Jahresumsatz der Branche um elf Prozent. (Foto: Robert Haas)

Der Bio-Supermarkt missfällt der Lokalpolitik gehörig, denn er kommt gegen ihren Willen. Die Bürgervertreter hatten zunächst erreichen können, dass dem "Monaco"-Investor, die Hamburgische Immobilien Handlung (HIH), die Ansiedlung von kleinteiligen Einzelhandelsgeschäften zur Auflage gemacht wird. Die HIH verhandelte nach eigenen Angaben mit 250 Firmen. Alle hätten abgelehnt, hieß es zuletzt von einem Sprecher. Nur mit dem Supermarkt-Betreiber habe man einen erfolgreichen Abschluss hinbekommen.

Die Stadt kassierte jedoch den Bauantrag, da keine Anlieferzone auf dem Grundstück vorgesehen ist. Die Sache ging vor das Verwaltungsgericht, die Stadt musste die Baugenehmigung erneut erteilen. Denn: Die HIH hatte vorgebracht, dass auf dem nahen Karstadt-Gelände an der Franzstraße eine Anlieferzone möglich sei. Das Gericht befand: Auszuschließen ist das nicht. Vertreter des Baureferates hatten vergeblich argumentiert, diese Lösung sei praxisfern und unrealistisch. Ein Behördenmitarbeiter unterstellte dem Unternehmen, auf diese Weise durch die Hintertür an eine Anlieferzone im öffentlichen Raum zu gelangen. De facto gewährte das Kreisverwaltungsreferat eine Ausnahmegenehmigung. Denn's-Lkw dürfen nun morgens eine Stunde im absoluten Halteverbot auf der Feilitzschstraße parken.

Werner Lederer-Piloty (links) und Christoph Nossol sind auf der Suche nach guten Lösungen. (Foto: Robert Haas)

Das ist der Grund, weshalb sich der Bezirksausschuss "gelinkt" fühlt. "Es bleibt ein dickes Fragezeichen", hält Werner Lederer-Piloty dem Denn's-Manger vor. Doch der BA-Chef sieht im Laufe des Gesprächs bald ein, dass die Vorwürfe den Falschen treffen. "Wir hatten keinen Einblick, welcher Kurs mit den Behörden gefahren wurde", versichert Christoph Nossol. Gut eine Dreiviertelmillion Euro investiere Denn's in den Laden. Da habe man auf Klauseln bestanden, darunter auch eine zumutbare Warenanlieferung: "Doch wir legen großen Wert auf eine einvernehmliche Lösung."

Und zu der kommt es auch an diesem Vormittag. Laut Nossol müssen die Anwohner keinen Sattelzug fürchten, der täglich eine Stunde lang die Feilitzschstraße blockiert. Vielmehr wird es ein kleinerer Lkw sein, der womöglich halb auf dem Bürgersteig parken kann. "Und wir schaffen das Be- und Entladen in 25 Minuten", verspricht er. Weiter ringt Lederer-Piloty dem Denn's-Manager das Versprechen ab, die Schaufenster nur bis zu einer Höhe von etwa 1,60 Meter mit Werbe-Folie zu bekleben. "Zur Belebung könnte eine Freischankfläche beitragen", schlägt der BA-Chef vor. Nossol: "Das machen wir gerne." Wie es mit Ausstellungsflächen für örtliche Künstler aussehe? "Das kriegen wir hin", sagt Nossol und schlägt sogleich die Wand hinter der Kasse vor. Das riesige Schild mit der Aufschrift "Vielen Dank für Ihren Einkauf" soll dafür verschwinden.

Zum Schluss reichen sich die beiden Männer die Hände. "Wir müssen nach vorne schauen. Es wird sich zeigen, ob die Schwabinger Ihren Laden mögen", sagt Lederer-Piloty. Dabei erwähnt Nossol noch ein Detail, das die Schwabinger versöhnlich stimmen könnte: Im Eingangsbereich des Supermarkts wird die Kunden eine große, gerahmte Fotografie der "Schwabinger 7" empfangen.

© SZ vom 03.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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