Schwabing:Teure Niederlage

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Stein des Anstoßes: die Häuser an der Elisabeth-Kohn-Straße 33-37. (Foto: Stephan Rumpf)

Acht Parteien in den Häusern Elisabeth-Kohn-Straße 33-37 verlieren vor Gericht im Streit wegen Mieterhöhungen

Von Ellen Draxel, Schwabing

Sie leben in Wohnungen, die sie vor neun Jahren als München-Modell-Wohnungen bezogen hatten - in dem Glauben, langfristig lediglich moderaten Mietsteigerungen ausgesetzt zu sein. Nun müssen die acht Mietparteien in den Häusern Elisabeth-Kohn-Straße 33-37, die sich über mehrere Instanzen hinweg gegen die Forderung einer 20-prozentigen Mieterhöhung gewehrt hatten, doch zahlen. Die Richter am Amtsgericht haben der Klage des Vermieters, der Hausbau Fischer GmbH & Co. KG, stattgegeben.

Das Verfahren gilt als Präzedenzfall. Es handelt sich um einen der ersten München-Modell-Verträge, bei dem es die Stadt als Vertragspartner der Hausbau Fischer seinerzeit versäumt hatte, gültige Regelungen auch für spätere Mieterhöhungen exakt formuliert vertraglich festzusetzen. Um die Wohnungen beziehen zu können, erinnert sich Franz Gehrold, der Vorsitzende der Mietergemeinschaft, hätten alle Bewohner der Firma Fischer einen Berechtigungsschein nach dem München-Modell vorlegen müssen. In dem Mietvertrag, den sie daraufhin unterschrieben, stand dann aber nichts von einem München-Modell. "Uns wurde vorgegaukelt, wir würden von diesem Förderprogramm profitieren - aber dem ist nicht so." Seit zwei Jahren streiten die Bewohner des Häuserblocks am Ackermannbogen deshalb nun schon mit ihrem Vermieter. 51 Parteien waren 2006 in die Häuser eingezogen, inzwischen bezahlen alle bis auf die acht Mietparteien die höhere Miete - auch, weil Urteile sie dazu gezwungen haben.

Im Kern drehten sich die Prozesse am Amtsgericht daher zuletzt um zwei Fragen: Sind das überhaupt München-Modell-Wohnungen, in denen die Mieter leben, wenn davon gar nichts im Mietvertrag steht? Einige Richter meinten: Nein. Andere diskutierten immerhin, und das ist die zweite Frage, ob für München-Modell-Wohnungen der Mietspiegel als Grundlage der Preisermittlung gilt oder nicht. Die Elisabeth-Kohn-Straße liegt in Schwabing, die ortsübliche Vergleichsmiete dort ist hoch. Nach Mietspiegel ohne Förderbonus wäre die vom Vermieter geforderte 20-prozentige Mieterhöhung für diese Lage rechtlich zulässig.

Die verbliebenen acht Mietparteien hatten dem Gericht ein Schreiben des Amtes für Wohnen und Migration vorgelegt. Laut der Behörde, deren Aufgabe es ist, die Zugangskriterien zum München-Modell zu bewerten, ist der Mietspiegel auf München-Modell-Wohnungen nicht anwendbar. Mieten nach dem München-Modell, erklärt das Amt, fielen unter die Rubrik "durch behördliche Auflagen mietpreisgebundener Wohnraum" und seien somit vom unmittelbaren Anwendungsbereich des Mietspiegels ausgeschlossen. Wer in einer München-Modell-Wohnung lebe, werde deshalb auch ausdrücklich bei der Datenerhebung zum Mietspiegel ausgenommen.

Das Gericht hingegen versteht unter preisgebundenem Wohnraum lediglich Sozialwohnungen, Belegrechtswohnungen oder Wohnungen in Erhaltungssatzungsgebieten. "Weder der Mietspiegel noch die Dokumentation zum Mietspiegel" enthielten eine Regelung, die München-Modell-Wohnungen vom Mietspiegel ausnähmen. Die Mieter, argumentiert das Amtsgericht, hätten daher "zu beweisen, dass die Wohnungen des München-Modells tatsächlich bei der Datenerhebung zum Mietspiegel herausgefiltert wurden". Das Schreiben des Leiters des Amtes für Wohnen und Migration allein genüge dafür nicht. Im Übrigen liege es "in der Natur der Sache", dass im Rahmen einer statistischen Erhebung eine Vielzahl von Wohnungen nicht berücksichtigt werde. Die von der Firma Fischer eingeklagte 20-prozentige Mietsteigerung liege immer noch unter der ortsüblichen Vergleichsmiete und müsse daher beglichen werden.

Für die Mieter sind die Urteile "schon ein bisschen frustrierend", sie fühlen sich "getäuscht". Mieteranwalt Erwin Heller hält die Argumentation des Gerichts, dass München-Modell-Wohnungen dem Mietspiegel unterzuordnen sind, für gänzlich "falsch". Diese Wohnungen, sagt er, bildeten aufgrund ihrer bewusst niedrigen Mieten einen "Teilmarkt", der mit dem sonstigen Wohnungsmarkt überhaupt nicht verglichen werden könne. Außerdem sieht er den Vermieter in der Beweislast.

Die Mieter überlegen nun, ob sie erneut in Berufung gehen. Bei der ersten Verhandlung vor dem Münchner Landgericht im Dezember 2013 hatte der Richter bereits angekündigt, dass nur ein Gutachten zum Geltungsbereich des Mietspiegels endgültig Klarheit bringen könne. Aber so ein Gutachten ist teuer. Und einen Vergleich, von Fischer-Anwalt Thomas M. Novak bei einer Verhandlung im Februar ins Spiel gebracht, hat die Hausbau Fischer am Ende dann doch abgelehnt.

Die Stadt betont, die Mieter unterstützen zu wollen - wie, möchte sie aber wegen etwaiger Nachahmer nicht kommunizieren. "Wir versuchen natürlich, eine Lösung zu finden", sagt Planungsreferat-Sprecher Martin Klamt mit Verweis auf eine nichtöffentliche Sitzung des Stadtrates. Näheres erfahren Gehrold und seine Nachbarn in den kommenden Tagen.

© SZ vom 21.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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