Schwabing:Positives Interesse

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Für Unterhaltung ist gesorgt: Freizeitraum im Alveni-Clearinghaus. (Foto: Stephan Rumpf)

An der Hiltenspergerstraße hat eine Einrichtung für 58 minderjährige Flüchtlinge den Betrieb aufgenommen. Die Schwabinger zeigen sich sehr aufgeschlossen - und nutzen den Informationsabend, um den Verantwortlichen viele Fragen zu stellen

Von Stefan Mühleisen, Schwabing

Die Stimmung ist angespannt im überfüllten Kellerraum im Johannes-Kolleg an der Hiltenspergerstraße. Als der Bezirksausschussvorsitzende Walter Klein am Mittwochabend das Auditorium begrüßt, liegt eine konzentrierte Nervosität über den gut 170 Menschen. Doch schon bald wird deutlich: Die Besucher sind weder abweisend noch zeigen sie eine missbilligende Haltung. Im Gegenteil.

Die Schwabinger sind nur aufmerksam, weil sie nicht das kleinste Detail verpassen wollen von dem, was an diesem Abend über das neue Alveni-Clearinghaus für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge gesagt wird. Zwei Stunden löchern sie Vertreter der Caritas und der Stadt mit Fragen. Am Schluss gibt es viel Applaus für Einrichtungsleiterin Jeannette Schmidt: "Wenn wir als Stadtviertel eng zusammenarbeiten, dann kriegen wir das hin."

Der Andrang ist nachvollziehbar, schließlich geht es um die erste Flüchtlingseinrichtung im Stadtbezirk Schwabing-West, die am Montag im angrenzenden Haus an der Hiltenpergerstraße 82 a den Betrieb aufgenommen hat. Das Gebäude beherbergte zuletzt die Fachakademie für Sozialpädagogik - und dient jetzt als Clearingstelle für minderjährige Asylsuchende. Geführt wird die Einrichtung von Alveni, dem Sozialdienst der Caritas. Das englische Wort "clearing" (klären, abklären) beschreibt, welche Aufgabe das Haus hat: Es ist eine Erstaufnahme für Minderjährige, die nach oftmals langer und traumatischer Flucht einen sicheren Ort nach Jugendhilfe-Standard bekommen, wie Heimleiterin Schmidt darlegt. Drei Monate lang erhalten sie eine intensive Betreuung, dazu kommen Deutschunterricht und Handreichungen, damit sie sich in der hiesigen Gesellschaft zurechtfinden können. "Wir klären ab, was die jungen Menschen für ihre ersten Schritte in Deutschland brauchen", erklärt Schmidt auf Nachfragen aus dem Publikum nach der Funktion des Alveni-Hauses und dessen Rolle im Asylverfahren, "wir sind eine Weiche und eruieren, welches die richtige Einrichtung für die Jugendlichen ist, in der sie dann Wurzeln schlagen können."

Bisher sind nach ihren Angaben neun Minderjährige aus Somalia, Afghanistan und Senegal zwischen 14 und 16 Jahren eingezogen. Das Haus bietet Platz für 58 Bewohner, die von rund 20 Fachkräften betreut werden. Ähnliche Einrichtungen, die auch "Schutzstellen" genannt werden, sind auf Dependancen in der Stadt verteilt. Um die Verteilung kümmert sich inzwischen eine eigene Abteilung im Jugendamt. Deren Leiterin Tanja Al-Mehiawi spricht im Saal des Johannes-Kolleg von einem derzeitigen Bedarf von 1500 Plätzen. "Tausend haben wir schon", sagt sie, "wir sind deshalb sehr froh, die neue Einrichtung in der Hiltenspergerstraße zu haben."

Viele Schwabinger lassen durchblicken, dass sie die Flüchtlinge und die Einrichtung willkommen heißen. Doch sie wollen es genau wissen: Wie funktioniert die Aufnahme, die Alterseinschätzung? Was passiert nach den drei Monaten? Werden Geschwisterkinder getrennt und kann man die nicht zusammen lassen? In welcher Sprache kann man die jungen Menschen ansprechen, wenn man sie im Supermarkt trifft? Vorbehalte hat nur eine ältere Frau, die nach den "Sicherheitsvorkehrungen gegen Übergriffe" fragt. Sie erfährt, dass der Wachdienst und ein Mitarbeiter je Betreuungsgruppe 24 Stunden zugegen seien. "Bitte melden Sie sich, wenn Ihnen etwas auffällt", appelliert Schmidt an die Besucher. Es sei ihr Ziel, dass die Arbeit auch mit dem Umfeld "sehr eng zusammenläuft, sodass wir uns alle zusammen keine Sorgen machen müssen".

© SZ vom 21.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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