Schwabing:Mann, o Mann

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Wird zum Streitobjekt: das "Heinrich-Mann-Haus". (Foto: Altstadtfreunde e. V.)

Der Verein Altstadtfreunde protestiert gegen eine Bauvoranfrage für das Haus an der Leopoldstraße, in dem einst Heinrich Mann lebte. Der Wittelsbacher Ausgleichsfonds als Eigentümer versteht die Aufregung nicht

Von Alfred Dürr, Schwabing

Auffällig ist das graue Wohn- und Geschäftshaus an der Leopoldstraße 59 nicht. Doch es handelt sich hier keineswegs um eine beliebige Immobilie im Umfeld der Münchner Freiheit - in dem Anwesen hat der Schriftsteller Heinrich Mann von 1914 bis 1928 gelebt und gearbeitet. Nun herrscht Aufregung um dieses Haus, denn: Der Eigentümer hat eine sogenannte Bauvoranfrage bei der Stadt eingereicht, mit der künftige Nutzungen ausgelotet werden sollen. Gegen einen Abbruch und Neubau wehrt sich der Verein Altstadtfreunde mit Nachdruck. Der Bezirksausschuss (BA) Schwabing-Freimann unterstützt mit großer Mehrheit den Protest.

Florian Grüning von den Altstadtfreunden hatte in der Sitzung der Lokalpolitiker eine Liste mit rund 300 Unterschriften abgegeben; diese waren beim Corso Leopold am vergangenen Wochenende gesammelt worden. Das vom Abriss bedrohte, kulturhistorisch wertvolle Gebäude müsse gerettet werden, appellierte Grüning an das Gremium. Das Haus an der Leopoldstraße stehe für einige der wichtigsten Stationen im Leben des Schriftstellers. Dazu zähle zum Beispiel die Geburt seiner Tochter, sein Protest gegen die allgemeine Kriegsbegeisterung mit dem Essay "Zola" und das daraus resultierende Zerwürfnis mit seinem Bruder Thomas. Oder auch die Veröffentlichung seines Romans "Der Untertan" im Jahr 1918. Zahlreiche Persönlichkeiten seien in dem Haus ein- und ausgegangen. Die kulturgeschichtliche Bedeutung der Immobilie reiche weit über München hinaus. Ein wertvolles Zeugnis deutscher Literaturgeschichte drohe zum Opfer einer Fahrlässigkeit zu werden, sagte Grüning, auch die Heinrich-Mann-Gesellschaft wehre sich gegen einen solchen Frevel. Zudem solle sich Kunst- und Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) für den Erhalt des Gebäudes einsetzen.

Das Haus gehört dem Wittelsbacher Ausgleichsfonds, der das aus Ländereien, Immobilien und Kunstsammlungen bestehende Vermögen der Wittelsbacher-Dynastie verwaltet. Immobilien-Chef Alfred Herrmann zeigte sich verwundert über die Aufregung: "Es gibt die Bauvoranfrage, da wir für die Zukunft planen müssen. In den kommenden Jahren wird aber nichts passieren, weil wir noch langfristige Mietverträge haben." Er könne nicht nachvollziehen, warum diese Mieter jetzt "derart verunsichert werden".

Man wolle lediglich wissen, was man aus der Immobilie machen könne. "Links und rechts von uns verändert sich die Leopoldstraße", sagt Hermann. Er sei bereits angesprochen worden, wann denn endlich der "Schandfleck" mit der Hausnummer 59 verschwinde. In der Tat sei an dem Objekt nicht mehr viel Originales vorhanden. Das Haus sei ständig umgebaut, die ursprüngliche Fassade und das Dach längst ersetzt worden.

Die Altstadtfreunde sehen auch, dass das Gebäude durch Kriegsschäden gelitten hat und in vielen Bereichen verändert wurde. "Seine ganz eigene Identität konnte es dennoch bewahren", sagt Grüning. Die Substanz des Hauses sei noch gut, vor wenigen Jahren sei es sogar saniert worden. Intakte Gebäude zu beseitigen, widerspreche jeglichen ökologischen Grundsätzen. Grüning macht deutlich, dass man sich der wirtschaftlichen Zwänge bewusst ist, denen Investoren oder Eigentümer unterliegen. Das Interesse, Eigentum möglichst rentabel zu machen, sei nachvollziehbar. Deswegen sperren sich die Altstadtfreunde auch nicht gegen "behutsame Veränderungen" - aber der Charakter und die Substanz dürften nicht angetastet werden.

Vor allem das Argument, "ein so wichtiges Stück Schwabing zu schützen und zu erhalten" traf auf breite Zustimmung im Bezirksausschuss. BA-Chef Werner Lederer-Piloty (SPD) sieht keine Probleme mit Veränderungen an dem Komplex, blieb aber mit dieser Meinung allein.

© SZ vom 21.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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